Überlebenskünstler um Roten Riesen?
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Astronomie astronews.com
12. Februar 2015
Astronomen haben mit Kepler-432b einen
Gasplaneten entdeckt, der seine Sonne in äußerst geringem Abstand umrundet. Das
ist vor allem deshalb ungewöhnlich, weil es sich bei dem Zentralstern um
einen Roten Riesen handelt und man eigentlich dachte, dass dieser nahegelegene
Planeten schnell verschluckt. Ist Kepler-432b also ein Überlebenskünstler?
Das 2,2-Meter-Teleskop auf dem Calar Alto,
mit dem die Gruppen um Simona Ciceri und Mauricio
Ortiz die Existenz des Planeten Kepler-432b
nachweisen konnten.
Foto: MPIA [Großansicht] |
Zwei unabhängige Gruppen von Astronomen, eine davon unter der Leitung von
Simona Ciceri vom Max-Planck-Institut für Astronomie, haben einen ungewöhnlich
massereichen Planeten entdeckt, der einen Roten Riesenstern umkreist. Der
Planet, Kepler-432b, ist einer von nur fünf bekannten Planeten, die Rote Riesen
in vergleichsweise engem Abstand umkreisen. Früher waren die Astronomen davon
ausgegangen, dass solche Planeten in recht kurzer Zeit von ihren Sternen
verschluckt werden. Die neue Entdeckung könnte bedeuten, dass solche Planeten
länger überleben als gedacht.
Erste Hinweise auf die Existenz des Planeten Kepler-432b ergaben sich aus
Messungen des Kepler-Weltraumteleskops der NASA. Das Teleskop stellte
fest, dass die Helligkeit des Sternes, um den Kepler-432b kreist, in
regelmäßigen Abständen vorübergehend etwas weniger hell war als normal. Solche
Helligkeitsveränderungen ergeben sich, wenn ein Planet direkt zwischen dem Stern
und einem irdischen Beobachter vorbeizieht und dabei einen Teil des
Sternenlichts abschattet, es also zu einem sogenannten Transit kommt.
Allerdings gibt es auch andere Erklärungsmöglichkeiten und die Bestätigung,
dass es sich in diesem Falle tatsächlich um einen Planeten handelte, ergab sich
erst durch weitere Beobachtungen zweier Teams von Astronomen. Die eine Gruppe
wurde von Simona Ciceri vom Max-Planck-Astronomie (MPIA) geleitet, die andere
von Mauricio Ortiz vom Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg (ZAH).
Beide Gruppen benutzten für ihre Beobachtungen den CAFE-Spektrograf am
2,2-Meter-Teleskop am Calar Alto-Observatorium, um Spuren des Planeten im
Spektrum seines Sterns nachzuweisen. Dabei setzten sie auf das zweite populäre
Planetensuchverfahren, die sogenannte Radialgeschwindigkeitsmethode. Die
ZAH-Gruppe untersuchte Kepler-432b außerdem mit dem Nordic Optical Telescope
auf der Kanareninsel La Palma.
Kombiniert liefern die Beobachtungsdaten des Kepler-Teleskops und
des CAFE-Spektrografen ausreichende Informationen, um die Größe und Masse des
Planeten zu bestimmen. Kepler-432b ist in mehr als einer Hinsicht ungewöhnlich.
Er ist ähnlich groß wie Jupiter, besitzt aber das Sechsfache der Jupitermasse
und ist damit außerordentlich dicht. Seine Umlaufbahn ist eine langgestreckte
Ellipse - das führt zu Temperaturschwankungen zwischen 500 und 1000 Grad
Celsius, während der Planet um seinen Stern umläuft.
Kepler-432b wirft allerdings auch eine Frage auf, nämlich warum dieser und
ähnliche Planeten überhaupt existieren. Das Problem ist die Nähe des Planeten zu
seinem Stern: Von den derzeit bekannten fast 1.900 Exoplaneten umkreisen rund 50
Sterne in der Endphase ihres Lebens: rote Riesensterne, die sich um das Zehn-
bis Hundertfache aufgebläht haben, als sich ihre äußeren Schichten erwärmten.
Für die Planeten eines Sterns kann eine solche Aufblähung fatal sein:
Planeten, die dem Stern zu nahe sind, werden von dem Stern verschluckt. Auch
Planeten, die in allzu geringer Entfernung außerhalb der Oberfläche des
Riesensterns ihre Bahnen ziehen, sollten innerhalb von maximal einigen Hundert
Jahren ins Sterneninnere hineingezogen und verschluckt werden - im Vergleich mit
den zehn Milliarden Jahren Lebensdauer eines Sterns wie der Sonne, ein schnelles
Ende.
Bislang haben Astronomen fünf Planeten gefunden, die einen Roten Riesen in
ungewöhnlich kleinem Abstand umkreisen - einer davon ist Kepler-432b. Nur zwei
der Planeten, nämlich Kepler-432b und Kepler-91b sind so gründlich untersucht,
dass sich sowohl ihre Masse als auch ihr Durchmesser bestimmen ließ. Zwei
weitere Planeten konnten nur aufgrund ihrer Transits nachgewiesen werden,
während für den fünften Planeten nur spektroskopische Daten vorliegen.
Wenn ein bestimmtes Phänomen nur von kurzer Dauer ist, dann sollte man bei
astronomischen Beobachtungen allenfalls wenige Beispiele dafür finden. Simona Ciceri, Doktorandin am Max-Planck-Institut für Astronomie, die eine der beiden
Untersuchungen von Kepler-432b leitete, sagt: "Es gibt zwei Möglichkeiten:
Entweder hatten wir unwahrscheinlich großes Glück, gleich zwei so seltene, enge
Planetenbahnen um einen Roten Riesen wie die von Kepler-432b und Kepler-91b zu
finden. Oder aber Planeten dieser Art überleben deutlich länger als bisher
angenommen."
Es könnte also sein, dass die Modelle, die die Wechselwirkung von Sternen und
Planeten beschreiben, noch einmal überprüft werden müssen. Doch selbst wenn
Kepler-432b bis heute überlebt hat - langfristig gibt es auch für ihn kein
Entkommen: "Die Tage von Kepler-432b sind gezählt", so Mauricio Ortiz, der als
Doktorand an der Universität Heidelberg die zweite der beiden Untersuchungen zu
diesem Planeten geleitet hat. "In weniger als 200 Millionen Jahren wird
Kepler-432b von seinem weiterhin expandierenden Stern verschluckt werden."
Über ihre Entdeckung berichten die Astronomen in zwei Fachartikeln, die
in der Zeitschrift Astronomy & Astrophysics erschienen sind.
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