Spuren aus der Frühzeit des Sonnensystems
Redaktion
/ Pressemitteilung des Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie astronews.com
22. Januar 2015
Eigentlich hielt man es bislang für unmöglich, dass sich in
Meteoriten magnetische Spuren aus der Frühzeit des Sonnensystems erhalten haben.
Dazu dürften diese Brocken seit ihrer Entstehung einfach zu viel durchgemacht
haben. Jetzt entdeckten Forscher in Meteoriten jedoch winzige Partikel, deren
magnetische Orientierung extrem stabil ist.
Festplatte aus dem Himmel: Der Pallasite-Meteorit
enthält noch Informationen aus dem frühen
Solarsystem.
Bild: Natural History Museum London [Großansicht] |
Meteoriten haben schon eine lange, bewegte Geschichte hinter sich, bevor sie
schließlich auf die Erde fallen: Sie sind Bruchstücke von Asteroiden, die vor
rund viereinhalb Milliarden Jahren mit dem Sonnensystem entstanden sind. Viele
dieser Himmelskörper heizten sich damals durch radioaktiven Zerfall auf, so dass
in ihrem Inneren metallische Schmelzen durch Konvektion magnetische Felder
erzeugten, so wie es heute noch die Erde tut. Im Laufe der Zeit kühlten die
Schmelzen in den kleinen Himmelskörpern jedoch ab, so dass die Konvektion zum
Erliegen kam.
Immer wieder stoßen Asteroiden zusammen und zerbrechen; manche Bruchstücke
fallen als Meteoriten auf die Erde, so dass Wissenschaftler sie näher
untersuchen können. "Meteoriten sind wie natürliche Festplatten, sie haben das
magnetische Feld aus der Frühzeit des Asteroiden noch gespeichert", glaubt Dr.
Richard Harrison. Der Geologe der Universität Cambridge arbeitet an Methoden, um
diese tief im Gestein verborgenen Informationen zu entschlüsseln. Nun kann er
erste Ergebnisse vorstellen.
Bislang war es unklar, ob eisenhaltige Meteoriten überhaupt noch magnetische
Informationen aus der frühen Phase des Sonnensystems enthalten können. Zwar fand
man große magnetische Domänen, diese ließen sich aber leicht durch neue
Magnetfelder überschreiben. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Regionen daher
noch nützliche Information über die frühen Magnetfelder des Sonnensystems
enthalten könnte, galt als extrem gering.
Harrison schaute jedoch genauer hin: An der PEEM-Beamline von BESSY II, dem
Elektronenspeicherring am Helmholtz-Zentrum Berlin,
fanden er und sein Doktorand James Bryson dramatische Variationen in den
magnetischen Eigenschaften, als sie ihre Proben gründlich untersuchten. Sie
beobachteten nicht nur Regionen mit größeren beweglichen magnetischen Domänen,
sondern identifizierten auch eine ungewöhnliche Region, die sogenannte
Wolkenzone, die aus Tausenden winziger Nanopartikeln aus Tetratenat bestand,
einem superharten magnetischen Material.
"Diese Partikel mit Durchmessern von 50 bis 100 Nanometern besitzen eine
magnetische Orientierung, die sich überhaupt nicht verändert. Die Magnetisierung
erscheint auf den ersten Blick chaotisch, aber nur hier können wir Informationen
über die früher vorherrschenden Magnetfelder finden", erklärt Bryson. Die PEEM-Beamline
bietet Röntgenlicht mit exakt definierter Energie und, was entscheidend ist,
zirkularer Polarisierung. Dies ermöglicht es, die sehr schwachen magnetischen
Signale präzise zu messen und mit hoher Auflösung zu kartieren – und zwar ohne
sie durch die Messung zu verändern.
"Die neue Technik, die wir entwickelt haben, bietet einen Weg, um aus diesen
Bildern echte Informationen zu gewinnen. Nun können wir erstmals
paläomagnetische Messungen von sehr kleinen Regionen dieser Himmelsgesteine
durchführen und zwar mit der besten Auflösung, die jemals erreicht wurde", sagt
Harrison. Dem Team um Harrison gelang es, aus der räumliche Variation der
magnetischen Signale in der Wolkenzone die Geschichte der magnetischen Aktivität
des "Muttergesteins" - also des Asteroiden, von dem der Meteorit einst stammte -
zu rekonstruieren.
Sie konnten sogar bestimmen, wann die metallische Schmelze im Inneren des
Asteroiden sich verfestigte und die Konvektion stoppte. Diese neuen Messungen
könnten viele offene Fragen beantworten, die sich zur Lebensdauer und Stabilität
von magnetischen Feldern in Himmelskörpern stellen. Die Daten, die das Team mit
Hilfe von Computersimulationen interpretiert, weisen darauf hin, dass das
Magnetfeld eher durch Überlagerung von Konvektionsströmen als durch rein
thermische Strömungen erzeugt wurde. Solche Ergebnisse ermöglichen vielleicht
auch eine Vorschau auf das Schicksal des Erdmagnetfelds in ferner Zukunft, wenn
die Konvektion im Inneren der Erde zum Erliegen kommt.
Über ihre Untersuchungen berichten die Wissenschaftler heute in der
Fachzeitschrift Nature.
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