Dunkle Wolke mit strahlender Zukunft
von Stefan Deiters astronews.com
3. September 2014
Die europäische Südsternwarte ESO hat heute eine neue
Aufnahme veröffentlicht, von deren Hauptdarstellern man noch gar
nichts sieht. Das dürfte sich jedoch bald ändern: Im Inneren der Dunkelwolke
Lupus 4 entstehen nämlich vermutlich bereits neue Sterne, die irgendwann auch diese
Region zum Leuchten bringen werden.
Auf den ersten Blick erinnert die Dunkelwolke Lupus 4 ein wenig an eine
Spinne, die am Himmel sitzt und das Licht der hinter ihr liegenden Sterne verdeckt. Diese
Ansammlung aus dichtem Gas und Staub ist rund 400 Lichtjahre von der Erde
entfernt und liegt im Grenzbereich der Sternbilder Wolf und Winkelmaß.
In dieser Region am Himmel finden sich noch zahlreiche weitere Dunkelwolken,
die alle Teil der sogenannten Scorpius-Centaurus Assoziation sind, einem
lockeren Verbund zahlreicher heller Sterne, die vermutlich alle einmal aus einer
einzigen gewaltigen Gaswolke entstanden sind.
Die Assoziation ist die der Erde am nächsten gelegene Ansammlung von hellen und jungen Sternen dieser Art und damit ein beliebtes Studienobjekt für
Astronomen, die sich für die Entstehung und Entwicklung von Sternen in
Sternhaufen interessieren. Irgendwann wird sich dieser lockere Sternhaufen
auflösen und die ehemaligen Mitglieder werden allein ihren stellaren Lebensweg
fortsetzen. Auch die Sonne dürfte einmal in einer solchen Umgebung entstanden
sein.
Der amerikanische Astronom Edward Emerson Barnard hat die
Lupus-Dunkelwolken im Jahr 1927 als erster in der astronomischen Fachliteratur
beschrieben. Die am besten untersuchte Dunkelwolke ist Lupus 3 (astronews.com
berichtete), in der Wissenschaftler inzwischen mindestens 40 Sterne
nachgewiesen haben, die innerhalb der letzten drei Millionen Jahre entstanden
sind. Streng genommen handelt es sich dabei noch um gar keine "richtigen"
Sterne: Ihre Energie beziehen sie nämlich noch nicht aus nuklearen
Fusionsprozessen, sondern allein aus ihrer gravitativen Kontraktion. In Kürze dürften sie jedoch ihr nukleares
Feuer zünden und dann zu einem richtigen Stern werden.
In Lupus 4 hat man nur einige wenige Objekte dieser Art entdeckt. Es gibt in der Wolke
allerdings einen Bereich mit sehr dichtem Material, wo
innerhalb der nächsten paar Millionen Jahre solche Protosterne entstehen
könnten. Von daher dürfte es sich bei Lupus 4 lediglich um eine etwas jüngere
Variante der schon weiter entwickelten Dunkelwolke Lupus 3 handeln.
Wie viele Sterne einmal in Lupus 4 entstehen werden, wissen die Astronomen
bislang nicht. Das liegt auch daran, dass es für die Masse von Lupus 4 ganz
verschiedene Abschätzungen gibt. In zwei Studien wird eine Masse der Dunkelwolke
von der etwa 250-fachen Masse der Sonne angegeben, eine andere Untersuchung
kommt mit einem anderen Verfahren auf eine Masse von 1.600 Sonnenmassen. Damit
dürfte zumindest sicher sein, dass ausreichend Material für eine ganze Reihe von
neuen Sternen vorhanden ist.
Die jetzt von der europäischen Südsternwarte ESO veröffentlichte Aufnahme
basiert auf Daten, die mit dem Wide Field Imager am MPG/ESO-2,2-Meter-Teleskop
am ESO-Observatorium im chilenischen La Silla gewonnen wurden.
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