Wie Sternenstaub durch Supernovae entsteht
von Stefan Deiters astronews.com
10. Juli 2014
Mithilfe des Very Large Telescope der europäischen Südsternwarte ESO
konnten Astronomen nun verfolgen, wie Sternenstaub in der Umgebung einer
Supernova entsteht. Es handelt sich offenbar um einen zweistufigen Prozess, der
schon bald nach der Explosion einsetzt und viele Jahre andauert. Für ihre Studie
hatten die Forscher die Supernova 2010jl gründlich untersucht.
So könnte es aussehen, wenn sich Staub im
Umfeld einer Supernova-Explosion bildet.
Bild: ESO / M. Kornmesser [Großansicht] |
Den aus Silizium- und amorphen Kohlenstoffkörnern bestehenden kosmischen
Staub findet man in vielen Galaxien. Doch wie dieser Staub genau entsteht,
darüber rätseln Astronomen bis heute. Als eine vielversprechende Quelle gelten
die Explosionen von Sternen, also sogenannte Supernovae, die insbesondere im
jungen Universum für große Mengen an frischem Staub gesorgt haben könnten. Wie
sich diese Staubkörner allerdings bilden und warum sie in den recht unwirtlichen
Bedingungen in diesen Galaxien nicht bald wieder zerstört werden, galt bislang
als ungeklärt.
Neue Beobachtungen mit dem Very Large Telescope der europäischen
Südsternwarte ESO auf dem Gipfel des Paranal in Chile könnten nun helfen,
zumindest Teile dieses staubigen astronomischen Rätsels zu lösen. Mit dem
Spektrografen XSHOOTER untersuchten die Astronomen die Supernova SN2010jl in der
kleinen Galaxie UGC 5189A insgesamt neun Mal in den Monaten nach der Explosion
und noch einmal rund zweieinhalb Jahre später. Die Supernova war - wie ihre
Bezeichnung verrät - im Jahr 2010 zu beobachten. Es handelte sich um die
Explosion eines massereichen Sterns, also um eine Supernova vom Typ II.
"Durch Kombination der Daten unserer neun frühen Beobachtungen, konnten wir
die erste direkte Messung der Absorption verschiedener Wellenlängen im Staub um
eine Supernova machen", berichtet Christa Gall von der Universität im dänischen
Aarhus. "Dadurch gelang es uns, mehr über diesen Staub herauszufinden, als es
bisher möglich war."
Die Astronomen stellten fest, dass die Staubentstehung unmittelbar nach der
Explosion beginnt und sich dann noch für eine längere Zeit fortsetzt. Die
Beobachtungen lieferten auch Informationen über die Größe der Staubkörner und
ihre Zusammensetzung. Körner mit einem Durchmesser von über einem Tausendstel
eines Millimeters entstehen offenbar sehr schnell im dichten Material rund um
den Stern. Die Größe der Körner ist dabei durchaus überraschend und erklärt, wie
sie die harschen Bedingungen in der Umgebung einer Supernova überstehen können.
"Unsere Entdeckung von großen Staubkörnern kurz nach der Supernova-Explosion
bedeutet, dass es einen schnellen und effizienten Weg geben muss, um sie
entstehen zu lassen", erklärt Jens Hjorth vom Niels-Bohr-Institut der
Universität in Kopenhagen. "Wir wissen allerdings noch nicht, wie dies genau
passiert."
Dafür glauben die Astronomen aber zu wissen, wo der neue Staub entsteht,
nämlich in dem Material, das der Stern ins All abgestoßen hat, bevor er
explodiert ist. Durch die nach außen expandierende Stoßwelle der Supernova
bildet sich dann eine kühle und dichte Hülle aus Gas und damit die ideale
Umgebung für die Entstehung und das Wachstum von Staubkörnern.
Die Daten der Wissenschaftler deuten zudem darauf hin, dass es - einige
Hundert Tage nach der Explosion - bald zu einem beschleunigten
Staubentstehungsprozess kommt, an dem dann auch Material beteiligt ist, das
durch die Supernova ins All geschleudert wurde. Sollte sich die Staubproduktion
in SN2010jl entsprechend des beobachteten Trends fortsetzen, dürfte nach rund 25
Jahren eine Staubmenge entstanden sein, die etwa der Hälfte der Masse unserer
Sonne entspricht. Ähnliche Staubmengen hatte man auch in der Umgebung anderer
Supernovae beobachtet.
"Astronomen haben immer wieder sehr viel Staub in den Überresten von
Supernovae gefunden. Gleichzeitig hatten sie bislang nur Beweise für die
Entstehung kleinerer Staubmengen während der Explosionen", so Gall. "Diese
beachtlichen neuen Beobachtungen erklären, wie dieser scheinbare Widerspruch
gelöst werden kann."
Über ihre Untersuchungen berichten die Astronomen in einem Fachartikel, der
gestern in der Wissenschaftszeitschrift Nature erschienen ist.
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