Sehr salziger Ozean unter der Oberfläche?
von Stefan Deiters astronews.com
3. Juli 2014
Eine Auswertung von Daten, die die Saturnsonde Cassini
bei ihren Vorüberflügen an Titan gesammelt hat, ergab jetzt neue
Hinweise auf den inneren Aufbau des Mondes: Der
unter der eisigen Oberfläche vermutete Ozean könnte danach extrem salzig sein
und gerade gefrieren. Sein Salzgehalt wäre vergleichbar mit dem des Toten Meeres.
Für potentielles Leben hätte dies Folgen.
So könnte der
Saturnmond Titan aufgebaut sein. In Dunkelblau
der vermutete und sehr salzige Ozean.
Bild: NASA / JPL -Caltech / SSI / Univ. of
Arizona / G. Mitri / University of Nantes
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Seit zehn Jahren umkreist die Saturnsonde Cassini inzwischen schon den Ringplaneten
und hat in dieser Zeit zahlreiche Vorüberflüge an den verschiedenen Monden des
Saturn absolviert - auch am größten Mond Titan. Im Gegensatz zu den anderen
Trabanten verfügt dieser über eine dichte Atmosphäre, die einen direkten Blick
auf die Oberfläche verhindert.
Trotzdem hat man in den vergangenen Jahren
Hinweise dafür gefunden, dass es auf dem Mond einen komplexen
Flüssigkeitskreislauf gibt, der dem Wasserkreislauf der Erde gleicht. Die Rolle
von Wasser übernehmen auf dem eisigen Titan allerdings flüssige
Kohlenwasserstoffe.
Doch wie sieht es unter der Oberfläche des Mondes aus? Die Auswertung von
Schwerkraftmessungen während der Vorüberflüge von Cassini haben -
kombiniert mit Daten über die Topografie des Mondes - nun neue Hinweise
auf die Struktur der äußeren Eisschicht und die Eigenschaften des unter der
Eisschicht vermuteten flüssigen Ozeans ergeben.
"Titan beweist uns immer wieder, dass dieser Mond eine außerordentlich
faszinierende Welt ist", so Linda Spilker, die Projektwissenschaftlerin für
Cassini am Jet Propulsion Laboratory der NASA im
kalifornischen Pasadena. "Mit der gleichen
Geschwindigkeit, mit der wir alte Rätsel lösen, entdecken wir wieder neue."
Die Analyse der Forscher hat ergeben, dass sich die Schwerkraftmessungen während
der Titanpassagen nur erklären lassen, wenn der unter der oberen Eisschicht
vermutete Ozean eine sehr hohe Dichte hat. Die obere Eisschicht dürfte zudem
unelastisch sein und gerade in einen starren und festen Zustand
ausfrieren.
Die errechnete Dichte des Ozeans deutet darauf hin, dass es sich
bei dieser Flüssigkeit
vermutlich eher um eine Art Salzlösung handelt, die aus in Wasser gelösten
Salzen von Schwefel, Natrium und Kalium besteht. Die Messungen sprechen dabei
für eine Salzlösung, die etwa einen Salzgehalt hat, der dem des Toten Meeres
entspricht, dem salzhaltigsten Gewässer auf der Erde.
"Dies ist nach Erdmaßstäben ein sehr salziger Ozean", meint Giuseppe Mitri
vom Laboratoire de Planétologie et de Géodynamique der Université
de Nantes in Frankreich, einer der beteiligten Wissenschaftler. "Dies zu
wissen ist wichtig und könnte unsere Sicht auf diesen Ozean als möglichen
Aufenthaltsort von Leben verändern. Doch ist es möglich, dass die Bedingungen früher dort
ganz anders gewesen sind."
Die Cassini-Daten deuten zudem darauf hin, dass sich die Dicke von Titans
Eiskruste von Region zu Region leicht unterscheidet. Dies könnte, so die
Forscher, am besten durch eine starre äußere Hülle erklärt werden und einen
langsam gefrierenden Ozean. Andernfalls würden sich die Unterschiede langsam
ausgleichen - wie bei warmem Kerzenwachs. Auch das Gefrieren könnte für
die Bewohnbarkeit des Ozeans Konsequenzen haben und würde zudem den
Materialaustausch zwischen Oberfläche und Ozean erheblich einschränken.
Eine weitere Konsequenz dieser Entdeckung sei, so die Wissenschaftler, dass sich
das Ausströmen von Methan in die Titan-Atmosphäre nur an bestimmten "Hotspots"
abspielen kann und wohl keine Folge einer Form von Konvektion oder
Plattentektonik ist. Methan wird in der Atmosphäre sehr schnell durch
Sonnenlicht vernichtet. Da man in der Atmosphäre des Mondes aber rund fünf
Prozent dieses Gases nachgewiesen hat, muss irgendein geologischer Prozess für
Nachschub sorgen.
Wenn sich das Ausströmen von Methan nun nur auf einzelne Punkte auf der
Oberfläche beschränken sollte, stellt das die Wissenschaftler vor ein weiteres
Problem: "Unsere Studie deutet darauf hin, dass es wohl schwierig werden wird,
mit Cassini nach dem Ausströmen von Methan zu suchen", so Jonathan Lunine von
der Cornell University. "Es wird wohl eine neue Mission erfordern, die auch
örtlich begrenze Methanquellen aufspüren kann. Genau wie auf dem Mars ist dies
nicht einfach."
Über ihre Untersuchungen berichtet das Team in dieser Woche in einem Fachartikel in der
Zeitschrift Icarus.
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