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ALMA
Gamma-ray Bursts von Staub verhüllt
von Stefan Deiters
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16. Juni 2014

Mithilfe des Radioteleskopverbunds ALMA ist es Astronomen erstmals gelungen, das molekulare Gas und den Staub in Galaxien zu beobachten, in denen sich zuvor ein Gammastrahlenblitz ereignet hatte. Dabei entdeckten die Forscher deutlich mehr Staub als erwartet, was zumindest ein Rätsel um diese mysteriösen Blitze lösen könnte.

GRB

So könnten ein durch Staub verhüllter Gamma-ray Burst aussehen. Bild: NAOJ [Großansicht]

Gammastrahlenblitze sind kurze und extrem helle Strahlungsausbrüche im Gammastrahlenbereich, die in weit entfernten Galaxien beobachtet werden. Sie sind auch im Deutschen oft unter ihrem englischen Fachausdruck bekannt: Gamma-ray Bursts. Die Ereignisse zählen zu den hellsten Explosionen im Universum.

Man unterscheidet kurze und lange Gamma-ray Bursts, wobei ein Ausbruch schon als lang gilt, wenn er mehr als einige Sekunden dauert. Die lange Variante wird mit gewaltigen Supernova-Explosionen in Verbindung gebracht, die sich am Ende des nuklearen Lebens eines massereichen Sterns ereignen. Sie machen etwa 70 Prozent der beobachteten Gammastrahlenblitze aus.

Die Erforschung dieser Gamma-ray Bursts ist nicht so einfach. Die Blitze können vollkommen unerwartet in jeder beliebigen Region des Himmels erscheinen und die Astronomen müssen sehr schnell sein, um von dem Ereignis noch etwas beobachten zu können. Von großer Bedeutung ist dabei in der Regel die genaue Untersuchung des "Nachglühens" eines solchen Bursts, das sich in verschiedenen anderen Wellenlängenbereichen beobachten lässt (astronews.com berichtete wiederholt).

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Während des eigentlichen Blitzes wird eine Energiemenge frei, die vergleichbar mit der Strahlungsenergie ist, die unsere Sonne über ihre gesamte Lebenszeit von zehn Milliarden Jahren aussendet. Anschließend jedoch sollte der Aufprall von durch die Explosion ins All geschleudertem Material auf Gas in der Umgebung für weitere, weniger intensive Strahlung sorgen. Dieses so entstehende Nachglühen lässt sich in der Regel über einen längeren Zeitraum studieren.

Allerdings wurden auch schon Gamma-ray Bursts beobachtet, die kein solches Nachglühen zeigten. Die Astronomen haben sie "dunkle Gamma-ray Bursts" getauft und vermuten, dass Staubwolken hier die Strahlung des Nachglühens absorbieren. Vor allem die langen Gamma-ray Bursts sollten zudem in aktiven Sternentstehungsregionen vorkommen, in denen große Mengen an molekularem Gas vorhanden sind und unzählige massereiche Sterne entstehen.

Eine wirkliche Bestätigung durch Beobachtungen für diese Theorie gab es aber bislang noch nicht. Nun hat ein japanisches Astronomenteam unter Leitung von Bunyo Hatsukade vom National Astronomical Observatory of Japan mithilfe des Radioteleskopverbunds ALMA in der chilenischen Atacama-Wüste zwei Galaxien unter die Lupe genommen, in denen dunkle Gamma-ray Bursts beobachtet worden waren. Sie waren auf der Suche nach der Signatur von molekularem Gas in den 4,3 und 6,9 Milliarden Lichtjahren entfernten Galaxien. Bislang war eine solche Beobachtung im Radiobereich noch nicht gelungen.

"Wir suchen schon seit über zehn Jahren nach molekularem Gas in Galaxien, in denen sich Gamma-ray Bursts ereignet hatten", erklärt Professor Kotaro Kohno von der University of Tokio, der auch zum Team gehörte. "Als Ergebnis unserer harten Arbeit konnten wir nun dank der Leistungsfähigkeit von ALMA diesen bemerkenswerten Durchbruch erzielen. Wir freuen uns sehr über diesen Erfolg."

Dabei konnten die Astronomen nicht nur die Signatur von molekularem Gas in den fernen Galaxien nachweisen, sondern auch die Verteilung von Gas und Staub in den Systemen bestimmen. Eine der Galaxien erwies sich dabei als sehr staubreich in den äußeren Bereichen. Das molekulare Gas hingegen fand sich vor allem rund um das Zentrum. Auch in der zweiten Galaxie zeichnet sich eine ähnliche Verteilung ab, die Beobachtungen sind hier allerdings, wegen ihrer größeren Entfernung, noch nicht so aussagekräftig.

"Wir hatten nicht erwartet, dass Gamma-ray Bursts in Galaxien auftreten, in denen das Verhältnis von molekularem Gas zu Staub so niedrig ist", erläutert Hatsukade. "Das deutet darauf hin, dass sich Gammastrahlenblitze in einer Umgebung ereignen, die sich von typischen Sternentstehungsregionen unterscheidet." Massereiche Sterne, die als Gamma-ray Burst enden, könnten also vor ihrer Explosion die Verhältnisse in ihrer Sternentstehungsregion verändert haben.

Der hohe Anteil von Staub im Vergleich zu molekularem Gas im Umfeld von Gamma-ray Bursts könnte sich, so die Vermutung des Teams, mit der intensiven ultravioletten Strahlung erklären lassen, die massereiche Sterne in ihre Umgebung aussenden. Diese Strahlung kann nämlich für eine Zerstörung der Gasmoleküle sorgen. Auf jeden Fall würden die in der vergangenen Woche vorgestellten Beobachtungen die These bestätigen, dass Staub für die dunklen Gamma-ray Bursts verantwortlich ist.

"Die Ergebnisse haben unsere Erwartungen übertroffen", meint Hatsukade. "Wir müssen nun weitermachen und andere Galaxien beobachten, in denen sich Gamma-ray Bursts ereignet haben. Dann lässt sich sagen, ob wir eine allgemeine Aussage über die Verhältnisse in den Regionen, in denen Gamma-ray Bursts entstehen, machen können. Wir freuen uns schon über neue Beobachtungen mit den erweiterten Möglichkeiten von ALMA." Den Astronomen stand für ihre Untersuchung noch nicht der gesamte Antennenverbund von ALMA zur Verfügung.

Über ihre Ergebnisse berichteten die Astronomen in der vergangenen Woche in der Wissenschaftszeitschrift Nature.

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