Astronomen entdecken "Mega-Erde"
von Stefan Deiters astronews.com
3. Juni 2014
In den Daten des Weltraumteleskops
Kepler haben Astronomen einen Planeten entdeckt, der in keine der bislang
bekannten Kategorien für extrasolare Welten passt: Kepler-10c ist ein
Gesteinsplanet und hat die 17-fache Masse der Erde. Die Forscher sprechen von
einer "Mega-Erde", die sich zudem noch sehr viel früher in der Geschichte des
Universums gebildet hat, als man dies für möglich hielt.
So könnte die
"Mega-Erde" Kepler-10c ausehen.
Bild: David A. Aguilar (CfA) |
"Wir waren sehr überrascht, als uns klar wurde, was wir da genau entdeckt
hatten", meinte Xavier Dumusque vom Harvard-Smithsonian Center for
Astrophysics, der die Analyse der Daten leitete und den Planeten entdeckt
hat. Der Fund wurde gestern auf einer Pressekonferenz anlässlich einer Tagung
der American Astronomical Society vorgestellt. "Der Planet ist der
Godzilla unter den Erden", vergleicht Dimitar Sasselov, der Direktor der
Harvard Origins of Life Initiative. "Aber im Unterschied zu dem Monster aus
den Filmen hat Kepler-10c sehr positive Implikationen für das Leben."
Kepler-10c ist rund 560 Lichtjahre von der Erde entfernt, befindet sich im
Sternbild Drache und umrundet alle 45 Tage einen sonnenähnlichen Stern. Um
diesen ist noch ein weiterer Planet bekannt: Kepler-10b. Dabei handelt es sich
um eine "Lava-Welt", die für einen Orbit um den Stern Kepler-10 lediglich 20
Stunden benötigt. Es muss auf dem Planeten also unglaublich heiß sein.
Kepler-10b hat die dreifache Masse der Erde.
Wie Kepler-10b wurde auch Kepler-10c in den Daten des Weltraumteleskops
Kepler entdeckt. Kepler
hat mehr als vier Jahre lang über 150.000 Sterne anvisiert und nach
Transits von Planeten gesucht. Bei einem Transit, also dem Vorüberziehen
eines Planeten vor einem Stern, sollte sich die Helligkeit einer fernen Sonne
kurzzeitig auf charakteristische Weise verringern. Wurde eine solche
Helligkeitsschwankung entdeckt, muss durch andere Verfahren noch bestätigt
werden, dass diese tatsächlich auch durch einen vorüberziehenden Planeten
verursacht wurde.
Die Transitmethode verrät den Astronomen dann zunächst einmal die Größe eines
Planeten. Der ermittelte Durchmesser von Kepler-10c lag bei knapp 29.000
Kilometern. Er ist damit mehr als doppelt so groß wie die Erde. Damit schien der
Planet in die Kategorie der "Mini-Neptune" zu fallen, die von einer dichten und
dicken Gashülle umgeben sein dürften.
Das Team hat das System dann mithilfe des Instruments HARPS-North
weiteruntersucht, das am Telescopio Nazionale Galileo auf der
Kanareninsel La Palma montiert ist. Mit HARPS-North wird nach dem leichten
Wackeln eines Zentralsterns gefahndet, das durch den Umlauf eines oder mehrerer
Planeten entsteht. Dieses Verfahren ist als Radialgeschwindigkeitsmethode
bekannt und erlaubt eine Abschätzung der Masse eines Planeten.
Auf diese Weise ermittelten die Astronomen, dass die Masse von Kepler-10c
deutlich größer ist, als erwartet worden war: Sie beträgt das 17-Fache der
Erdmasse. Das bedeutet aber auch, dass der Planet - angesichts seines
Durchmessers - aus Gestein und anderen festen Stoffen bestehen muss. Es handelt
sich somit um eine "Mega-Erde", da der Planet noch deutlich massereicher und
größer ist als die "Super-Erden", von denen man schon einige um andere Sonnen
entdeckt hatte. Eigentlich hatten die Astronomen erwartet, dass sich ein Planet
mit der Masse von Kepler-10c zu einem Gasriesen entwickeln würde.
"Kepler-10c hat im Laufe der Zeit seine Atmosphäre nicht verloren", erklärt
Dumusque. "Der Planet ist so massereich, dass er sie - wenn es je eine gab -
dauerhaft halten konnte. Er dürfte also so entstanden sein, wie wir ihn heute
sehen." Eine andere Untersuchung deutet sogar darauf, dass man in Zukunft
eventuell noch deutlich mehr "Mega-Erden" wie Kepler-10c finden könnte.
Die Astronomen betonen, dass die Entdeckung, dass es sich bei Kepler-10c um
eine Mega-Erde handelt, weitreichende Konsequenzen für die Wahrscheinlichkeit
von Leben im Universum haben könnte. Das System Kepler-10 ist nämlich bereits
elf Milliarden Jahre alt und damit weniger als drei Milliarden Jahre nach dem
Urknall entstanden.
Zunächst bestand unser Universum nur aus Wasserstoff und Helium. Schwere
Elemente mussten erst im Inneren von Sternen erzeugt werden, die diese Stoffe
dann durch Supernova-Explosionen im All verteilten und so das Gas, aus dem neuen
Sternengenerationen entstehen sollten, mit diesen, auch für die Entstehung von
Gesteinsplaneten benötigten Elementen anreicherten. Dieser Prozess sollte
eigentlich viele Milliarden Jahre dauern. Trotz des Mangels an schwereren
Elementen in den frühen Jahren des Universums konnte aber um Kepler-10 offenbar
ein massereicher Gesteinsplanet entstehen.
"Die Entdeckung von Kepler-10c bedeutet, dass Gesteinsplaneten schon viel
früher in der Geschichte des Universums entstehen konnten, als wir bislang
dachten", so Sasselov. "Und wenn Gestein entstehen kann, kann auch Leben
entstehen." Die Forscher weisen zudem darauf hin, dass es somit unklug sein
könnte, bei der Suche nach erdähnlichen Gesteinsplaneten ältere Sonnen von
vornherein auszuschließen. Kepler-10c hätte gezeigt, dass es auch um sie
möglicherweise bewohnbare Welten geben könnte.
Über ihre Entdeckung berichten die Forscher in einem Fachartikel in der
Zeitschrift The Astrophysical Journal.
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