19 Galaxien im jungen Universum
von Stefan Deiters astronews.com
27. Mai 2014
Mithilfe neuer Beobachtungen ist Astronomen der Nachweis
gelungen, dass es sich bei einer weit entfernten Ansammlung von Galaxien
tatsächlich um einen Galaxienhaufen im jungen Universum handelt. JKCS 041 stellt
damit den entferntesten Haufen dieser Größe dar und könnte den Wissenschaftlern
einiges über die Entstehung und Entwicklung von Galaxien und Galaxienhaufen
verraten.

Hubble-Aufnahme
des Zentrums des Galaxienhaufens JKCS 041. In den
mit gelben Kreisen markierten Galaxien entstehen
bereits keine Sterne mehr.
Bild: NASA / Hubble / Carnegie / Andrew
Newman [Großansicht] |
Die meisten Galaxien sind heute Teil eines kleineren oder größeren
Galaxienhaufens. So gehört auch beispielsweise die Milchstraße zu einer Gruppe
von Galaxien, die als "Lokale Gruppe" bekannt ist. Insbesondere die ältesten und
massereichsten Galaxien findet man in den Zentren gewaltiger Ansammlungen von
Galaxien. Doch wie haben sich diese zu dem entwickelt, was sie heute sind? Hier
kann ein Blick in die Vergangenheit helfen, also ein Blick in das entfernte
Universum.
Von besonderem Interesse sind dabei die ersten Galaxienhaufen, die sich im
Universum gebildet haben. Bislang sind davon nur wenige bekannt. Jetzt ist aber
einem Team von Astronomen der Nachweis gelungen, dass es sich bei einer
Ansammlung von Galaxien in rund 9,9 Milliarden Lichtjahren Entfernung
tatsächlich um einen Galaxienhaufen handelt. Er trägt die Bezeichnung JKCS 041.
"Unsere Beobachtungen machen diesen Galaxienhaufen zu einem der
bestuntersuchten Strukturen im jungen Universum", so Andrew Newman von der
Carnegie Institution for Science. JKCS 041 wurde bereits seit 2006 immer
wieder mit den besten Teleskopen der Welt anvisiert. Mit dem Weltraumteleskop
Hubble sind aber nun spektroskopische Untersuchungen gelungen, mit
denen gezeigt werden konnte, dass hier 19 Galaxien exakt die gleiche Entfernung
von uns haben - ein eindeutiger Hinweis auf einen Galaxienhaufen.
Zuvor hatte man mit dem NASA-Weltraumröntgenteleskop Chandra aus der
Region von JKCS 041 Röntgenemissionen nachweisen können - auch dies ein Indiz
für einen Galaxienhaufen: "Die Röntgenstrahlen stammen sehr wahrscheinlich von
dem heißen Gas in JKCS 041, das auf Temperaturen von rund 80 Millionen Grad
aufgeheizt wurde", so Stefano Andreon vom INAF-Osservatorio Astronomico di
Brera im italienischen Mailand. Auch in Galaxienhaufen in unserer näheren
Umgebung findet man in der Regel extrem heißes Gas zwischen den einzelnen
Galaxien.
Eine Frage, die sich Astronomen im Hinblick auf die ältesten und
massereichsten Galaxien in Galaxienhaufen immer wieder stellen ist, warum sich
in diesen Systemen ab einem bestimmten Zeitpunkt keine Sterne mehr gebildet
haben. Der Blick auf entfernte Galaxienhaufen könnte da eine Antwort liefern. So
zeigte sich, dass auch in den meisten Galaxien in JKCS 041 schon keine neuen
Sterne mehr entstehen.
"Da JKCS 041 der entfernteste Galaxienhaufen dieser Größe ist, gibt er uns
die einmalige Chance, diese alten Galaxien detailliert zu untersuchen und ihren
Ursprung besser zu verstehen", so Newman. Auch wenn die Galaxien keine Sterne
mehr bilden, wachsen sie aber trotzdem weiter: Dies geschieht, so die Theorie,
durch Kollisionen und anschließende Verschmelzungen mit anderen Galaxien.
Dies sollte natürlich am besten in Galaxienhaufen im jungen Universum möglich
sein, wo sich zahlreiche Systeme auf relativ kleinem Raum befinden. Im Falle von
JKCS 041 lieferten die Untersuchungen allerdings eher neue Fragen: Offenbar
wachsen die Galaxien in JKCS 041 nämlich genauso schnell, wie Galaxien in
gleicher Entfernung, die nicht Teil eines Galaxienhaufens sind.
Über ihre Untersuchungen von JKCS 041 berichten die Astronomen in zwei
Fachartikeln, die in den Zeitschriften The Astrophysical Journal und
Astronomy & Astrophysics erschienen sind.
|