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MESSIER 87
Galaxie schleudert Sternhaufen ins All
von Stefan Deiters
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6. Mai 2014

Einzelne Sterne, die mit hoher Geschwindigkeit aus ihrer Galaxie geschleudert werden, kennen Astronomen schon länger. Im Umfeld der elliptischen Riesengalaxie Messier 87 haben sie aber nun einen ganzen Sternhaufen aufgespürt, der sich mit hoher Geschwindigkeit aus dem System entfernt. Verantwortlich dafür könnten zwei gewaltige Schwarze Löcher sein.

M87

Die elliptische Riesengalaxie Messier 87 hat offenbar einen ganzen Sternhaufen ins All geschleudert. Bild: David A. Aguilar (CfA)

Die Galaxie Messier 87 liegt etwas mehr als 50 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Jungfrau und zählt mit einer Masse von rund sechs Billionen Sonnenmassen zu den massereichsten Galaxien in unserer kosmischen Nachbarschaft. Bei Beobachtungen der unmittelbaren Umgebung von Messier 87 sind Astronomen nun auf einen Sternhaufen gestoßen, der sich mit einer Geschwindigkeit von mehr als drei Millionen Kilometern pro Stunde bewegt. Der Haufen mit der Bezeichnung HVGC-1 ist damit so schnell, dass er der Anziehungskraft der Galaxie entkommen kann und in Zukunft allein durchs All ziehen wird.

"Astronomen haben zwar schon mehrfach Hochgeschwindigkeits-Sterne beobachtet, doch ein Hochgeschwindigkeits-Sternhaufen haben wir hier zum ersten Mal gesehen", erläutert Nelson Caldwell vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics im kalifornischen Cambridge. "HVGC" steht für "Hypervelocity Globular Cluster", also für "Kugelsternhaufen mit extrem hoher Geschwindigkeit".

Kugelsternhaufen gelten als Überreste aus der Anfangszeit des Universums. In ihnen finden sich viele Tausend Sterne in einer nur wenige Dutzend Lichtjahre durchmessenden Region. Die Haufenmitglieder werden von ihrer gegenseitigen Anziehungskraft zusammengehalten. In unserer Milchstraße kennt man etwa 150 dieser Kugelsternhaufen, Messier 87 verfügt als elliptische Riesengalaxie über mehrere Tausend solcher Haufen.

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Caldwell und sein Team waren durch Zufall auf HVGC-1 gestoßen: Die Astronomen hatten schon seit Jahren die direkte Umgebung von Messier 87 beobachtet. Für ihre Studie trennten sie sorgfältig die Sterne und von den Kugelsternhaufen und untersuchten dann Hunderte dieser so aufgespürten Haufen mithilfe des Multiple Mirror Telescope in Arizona.

Die Daten wurden von einer Analysesoftware automatisch ausgewertet und zu jedem Sternhaufen eine Geschwindigkeit berechnet. Alles, was dabei ungewöhnlich erschien, nahmen sich die Astronomen dann noch einmal selbst vor - auch HVGC-1. Die meisten "Problemfälle" ließen sich bald beispielsweise durch Beobachtungsfehler erklären, nur die ungewöhnlich hohe Geschwindigkeit von HVGC-1 erwies sich als tatsächlich korrekte Messung.

"Wir haben nicht erwartet, dass wir hier etwas finden, was sich so schnell bewegt", erinnert sich Team-Mitglied Jay Strader von der Michigan State University. Bislang sind sich die Astronomen auch unschlüssig darüber, wie der Haufen auf diese hohe Geschwindigkeit beschleunigt wurde.

Ein mögliches Szenario wäre aber, dass es im Zentrum von Messier 87 zwei supermassereiche Schwarze Löcher gibt, denen HVGC-1 zu nahe gekommen ist. Er muss dabei zahlreiche seiner Sterne verloren haben, doch der dichte Kern des Haufens hat die Begegnung unbeschadet überstanden und wurde wie mit einem Katapult ins All geschleudert. Mit dieser Geschwindigkeit kann der Haufen der Anziehungskraft von Messier 87 vollständig entkommen - eventuell hat er dies bereits sogar geschafft.

Die Existenz von HVGC-1 wäre damit ein Hinweis darauf, dass sich im Zentrum von Messier 87 zwei supermassereiche Schwarze Löcher verbergen und die Riesengalaxie vor langer Zeit durch die Kollision und Verschmelzung zweier Systeme entstanden ist. Dass dies immer wieder vorkommt, wissen die Astronomen schon länger: Auch unsere Milchstraße dürfte in einigen Milliarden Jahren mit der Andromedagalaxie kollidieren und anschließend zu einer neuen elliptischen Galaxie verschmelzen.

Über die Entdeckung von HVGC-1 berichten die Astronomen in einem Fachartikel in der Zeitschrift Astrophysical Journal Letters.

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siehe auch
LOFAR: Schwarzes Loch macht Riesenblase - 29. Oktober 2012
M87: Schwarzes Loch massereicher als angenommen - 18. Januar 2011
M87: Neue Einblicke ins Innere der Riesengalaxie - 3. Juli 2009
Links im WWW
Preprint des Fachartikels bei arXiv.org
Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics
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