Eine Uhr für das Alter des Universums
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Frankfurt astronews.com
30. April 2014
Wie alt ist unser Universum? Diese Frage beantworten
Kosmologen in der Regel mit rund 13,7 Milliarden Jahren. Ein Physiker möchte
dies aber nun nachmessen. Dazu macht er sich einen Zerfallsprozess zunutze, der
im Inneren von Roten Riesensternen abläuft. Um diesen genau zu verstehen und
daraus entsprechende Schlüsse ziehen zu können, sind Experimente mit Neutronen
nötig.
Gesucht: Eine unabhängige Bestimmung für das
Alter des Universums.
Bild: STScI / NASA |
Heutigen Schätzungen nach entstand unser Universum vor 13,7 Milliarden Jahren
im sogenannten Urknall. Wie nahe dieser Wert am tatsächlichen Alter des
Universums liegt, hängt stark davon ab, ob die zugrunde gelegten Modelle richtig
sind. Weil man diese nicht direkt überprüfen kann, hat Prof. René Reifarth von
der Universität Frankfurt ein neues Experiment vorgeschlagen, in dem er ein
langsam zerfallendes radioaktives Element untersucht, das im Inneren von Sternen
entsteht. Der Europäische Forschungsrat (ERC) wird sein Vorhaben in den
kommenden fünf Jahren mit einem "Consolidator-Grant" über zwei Millionen Euro
fördern.
Für sein Experiment verwendet Reifarth kosmologische Uhren - radioaktive
Elemente, die in den Sternen entstehen und deren Halbwertszeit extrem lang ist.
Sie zerfallen auf einer Zeitskala, die in etwa dem Alter des Universums
entspricht. "Wenn ich zurückrechnen kann, wann die Produktion angefangen hat,
weiß ich auch das Alter des Universums."
Ähnliche Versuche hat es zwar schon früher gegeben, aber es stellte sich
heraus, dass sie nicht aussagekräftig waren. Die Halbwertszeit der kosmischen
Uhren kann nämlich bei der hohen Temperatur in den Sternen extrem verkürzt sein.
Der Prozess, den Reifarth ausgewählt hat, spielt sich in sogenannten Roten
Riesen ab. In diesen Spätstadien der Sterne stehen freie Neutronen zur
Verfügung, die von dem schon vorhandenen Material eingefangen werden.
Der betrachtete Syntheseprozess beginnt beim Eisen und verläuft über das
instabile Krypton-Isotop Kr-85 bis zum schweren Wismut. Am Kr-85 verzweigt sich
der Prozess: nur ein Teil der Kerne fängt ein Neutron ein und bildet das
langlebige Isotop Rubidium Rb-87, während ein anderer Teil radioaktiv zerfällt.
"Wir können die Häufigkeit von Rb-87 nur als kosmische Uhr interpretieren, wenn
wir die Produktion verstanden haben. Das ist bisher daran gescheitert, dass wir
nicht wissen, wie wahrscheinlich der Neutroneneinfang in Kr-85 ist", so Reifart.
Da Krypton-85 auf der Erde äußerst selten ist, wird Reifarts Arbeitsgruppe am
Institut für Angewandte Physik der Goethe-Universität es aus dem stabilen Isotop
Selen-82 herstellen. Das geschieht durch den Beschuss mit Alpha-Teilchen an
einem Zyklotron der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig, mit
der Reifarth kooperiert.
Für die anschließende Bestrahlung mit Neutronen wollen die Physiker die
Frankfurter Neutronenquelle FRANZ verwenden. Sie entsteht zurzeit in der
Experimentierhalle des Instituts für Angewandte Physik und soll noch in diesem
Jahr in Betrieb gehen. Sie wird dann eine der stärksten Neutronenquellen
weltweit sein. Bis dahin sind Reifarth und seine Mitarbeiter mit dem Bau eines
Gamma-Strahlen-Detektors beschäftigt, der aus den EU-Mitteln finanziert wird.
Messen wollen die Physiker insbesondere die Wahrscheinlichkeit für den
Einfang von Neutronen. Dies ist nicht nur ein wichtiger Parameter für
kosmologische Modelle, sondern hat auch einen praktischen Nutzen für die
Reaktortechnik. Bei der Kernspaltung des Urans entsteht nämlich ebenfalls
Krypton. Dieses fängt einen Teil der Neutronen im Reaktor ein, die dann für die
Uranspaltung nicht mehr zur Verfügung stehen.
Die "Consolidator Grants" des ERC sollen dem Aufbau und die Etablierung eines
unabhängigen exzellenten Forscherteams in einem Zeitraum zwischen sechs und
zwölf Jahren nach der Promotion dienen. Ziel ist es, die Kreativität junger,
vielversprechender Wissenschaftler zu fördern und so mit neuen Ideen neue
Forschungsfelder zu erschließen.
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