Staub im lokalen Universum im Visier
von Stefan Deiters astronews.com
19. März 2014
Auf Grundlage von Daten des ESA-Weltraumteleskops Herschel
haben Astronomen jetzt die bislang umfassendste Erfassung von Staub in Galaxien
im näheren Universum vorgelegt. Staubkörner spielen bei der Entstehung von
Sternen und Planeten eine wichtige Rolle. Über die Eigenschaften des Staubs in
anderen Galaxien weiß man jedoch bislang recht wenig.

Galaxien der
Durchmusterung von Herschel im Infraroten.
Bild: ESA/Herschel/HRS-SAG2
and HeViCS Key Programmes/L. Cortese (Swinburne
University) [Großansicht]

Galaxien der
Durchmusterung von Herschel im sichtbaren Bereich
des Lichts.
Bild: Sloan
Digital Sky Survey/L. Cortese (Swinburne
University) [Großansicht] |
Im täglichen Leben ist Staub eher ein Ärgernis und auch im Weltraum können
diese winzigen Partikel immer wieder für Probleme sorgen, indem sie
beispielsweise Beobachtungen - zumindest im sichtbaren Bereich des Lichts -
erschweren oder gar unmöglich machen. Staub spielt allerdings auch eine wichtige
Rolle bei der Entstehung von Sternen und Planeten.
Über die Eigenschaften von Staub, insbesondere in anderen Galaxien, weiß man
jedoch bislang noch nicht viel. So fragen sich Astronomen schon seit längerem, ob sich
der Staub in verschiedenen Galaxientypen unterscheidet und wie diese
Unterschiede eventuell die Entwicklung der Galaxien beeinflussen könnten.
Mit dem Infrarot-Weltraumteleskop Herschel der europäischen Weltraumagentur
ESA, das bis letztes Jahr Beobachtungen gemacht hat, wurde daher eine
umfassende Durchmusterung von Galaxien durchgeführt, die zwischen 50 und 80 Millionen
Lichtjahre von der Erde entfernt sind. Gerade im Infraroten und in
Submillimeter-Wellenlängen lässt sich der Staub in Galaxien besonders gut
untersuchen.
Der jetzt vorgestellte Katalog umfasst 323 Galaxien mit ganz
unterschiedlicher Sternentstehungsaktivität und mit verschiedener chemischer
Zusammensetzung, die mit den Instrumenten des Weltraumteleskops beobachtet
wurden. Aus einer Auswahl dieser Galaxien hat die ESA ein Mosaik
zusammengestellt, in dem oben links die staubreichen und unten rechts die
staubarmen Galaxien dargestellt sind.
Bei den staubreichen Galaxien handelt es sich in der Regel um Spiralgalaxien
oder irreguläre Systeme, bei den staubarmen meist um elliptische Galaxien. Die
blauen und roten Bereiche stehen dabei für Regionen mit kälterem bzw. wärmerem Staub.
Der Staub wird durch das gesammelte Licht der Sterne einer Galaxie erwärmt, wobei er die
höchsten Temperaturen in Sternentstehungsregionen aufweist.
Zum Vergleich hat die ESA das gleiche Galaxien-Mosaik auch aus Bildern
des Sloan Digital Sky Survey erstellt, die im sichtbaren Bereich des Lichts
gemacht wurden. Hier steht blau für jüngere Sterne, also massereiche heiße
Sterne, die ihren Brennstoff sehr schnell verbrauchen und denen daher nur ein
recht kurzes stellares Leben vergönnt ist. Bei roten Sternen handelt es sich um
ältere Sonnen, die masseärmer und kälter sind, da sie deutlich sparsamer mit
ihrem Brennstoff umgehen. Die Unterschiede zwischen den Galaxien im Infraroten
und im sichtbaren Bereich des Lichts fallen beim Vergleich der Bilder sofort ins
Auge.
Mithilfe der Herschel-Beobachtungen können Astronomen nun bestimmen, wie viel
Strahlung vom Staub in Abhängigkeit von der Wellenlänge ausgesandt wird. Dies
verrät ihnen etwas über die physikalischen Eigenschaften des Staubs. So sollten
sich beispielsweise in einer Galaxie mit hoher Sternentstehungsaktivität mehr
massereiche, heiße Sterne finden und der Staub daher wärmer sein. Das bedeutet
aber auch, dass ein größerer Teil der Strahlung des Staubs in kürzeren
Wellenlängen ausgesandt wird.
Allerdings zeigten sich beim Vergleich der einzelnen Galaxien stärkere
Unterschiede als sich allein durch die Sternentstehungsrate erklären lassen
würde. Dies deutet darauf hin, dass auch andere Faktoren, wie etwa die chemische
Zusammensetzung, eine wichtige Rolle spielen.
Der Katalog dürfte eine wichtige Grundlage zur Untersuchung der Rolle des
Staubs bei der Entwicklung von Galaxien in ganz unterschiedlichen Phasen der
Geschichte des Universums bilden und soll durch weitere Beobachtungen, etwa mit
dem Radioteleskopverbund ALMA in der chilenischen Atacamawüste, noch ergänzt werden.
Mit ALMA lassen sich auch Galaxien in der Frühphase des Weltraums untersuchen.
Über die Beobachtungen berichten die Astronomen jetzt in einem Fachartikel in der
Zeitschrift Monthly Notices of the Royal Astronomical Society.
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