Größter gelber Hyperriese hat Begleiter
von Stefan Deiters astronews.com
12. März 2014
Astronomen haben mithilfe des Very Large Telescope
Interferometer der europäischen Südsternwarte ESO den bislang größten
gelben Riesenstern enttarnt. Mit dem 1.300-fachen Durchmesser unserer Sonne
zählt der Hyperriese zu den zehn größten bekannten Sternen überhaupt. Außerdem
scheint er einen Begleiter zu haben.

So könnte der
Hyperriese HR 5171 A mit seinem Begleiter
aussehen.
Bild: ESO |
Schon unsere Sonne ist für irdische Verhältnisse ein riesiges Gebilde: Sie
hat einen Durchmesser von 1,4 Millionen Kilometern, was mehr als dem 100-fachen
des Erddurchmessers entspricht. Trotzdem ist unsere Sonne im Vergleich zu
anderen Objekten damit noch kein besonders großer Stern. Das sieht bei HR 5171 A
ganz anders aus: Dieser rund 12.000 Lichtjahre entfernte Stern hat den
1.300-fachen Durchmesser der Sonne und ist damit sogar noch 50 Prozent größer
als der bekannte Riesenstern Beteigeuze.
HR 5171 A wird als gelber Hyperriese klassifiziert und gilt mit diesen
Ausmaßen als größter bekannter gelber Stern überhaupt. Gleichzeitig zählt HR
5171 A auch zu den zehn größten bekannten Sternen. Um was für ein
bemerkenswertes Objekt es sich bei HR 5171 A handelt, zeigte jetzt die
Auswertung von Daten, die mit dem Very Large Telescope Interferometer
(VLTI) gewonnen wurden.
Bei der Interferometrie werden mehrere Einzelteleskope zusammengeschaltet, so
dass ein virtuelles Riesenteleskop entsteht, dessen "Durchmesser" dem maximalen
Abstand der Einzelteleskope entspricht. Nach der Untersuchung von HR 5171 A mit
dem VLTI haben sich die Wissenschaftler auch noch ältere Beobachtungen des
Sterns angeschaut, die in den vergangenen sechzig Jahren gemacht wurden, und
diese in ihre Analyse einbezogen.
"Die neuen Beobachtungen zeigten auch, dass dieser Stern einen sehr nahen
Begleiter hat, was eine wirkliche Überraschung war", so Olivier Chesneau vom
Observatoire de la Côte d’Azur im französischen Nizza. "Die beiden Sterne
haben einen so geringen Abstand voneinander, dass sie sich berühren und das
ganze System einer riesigen Erdnuss ähnelt."
Gelbe Hyperriesen sind ausgesprochen selten: In unserer Heimatgalaxie,
der Milchstraße, kennt man nur ein Dutzend von ihnen. Der bekannteste Stern
dieses Typs ist Rho Cassiopeiae (astronews.com berichtete).
Sie gehören mit zu den größten und hellsten Sternen und befinden sich in einer
Phase ihrer Entwicklung, in der sie sehr instabil sind, sich schnell verändern
und auch Material in ihre Umgebung abstoßen.
HR 5171 A ist - trotz seiner Entfernung - am Himmel so hell, dass er unter
optimalen Bedingungen sogar noch mit bloßem Auge im Sternbild Zentaur gesehen
werden kann. Entsprechend häufig wurde der Stern in den letzten Jahrzehnten auch
anvisiert. Es zeigte sich, dass der Stern innerhalb der vergangenen 40 Jahre
offenbar größer geworden und dabei abgekühlt ist. Die neuen Beobachtungen bieten
so einen Einblick in eine kurze Phase in der Entwicklung dieser massereichen
Sterne und liefern neuen Details über HR 5171 A selbst.
So folgerten die Astronomen durch die Analyse seiner schwankenden Helligkeit,
dass es sich um ein enges Doppelsternsystem handeln muss, bei dem ein kleinerer
Partner den Hyperriesen alle 1.300 Tage umrundet. Der kleinere Stern ist dabei
nur wenig heißer als HR 5171 A, der es auf eine Oberflächentemperatur von rund
5.000 Grad Celsius bringt.
"Der Begleitstern, den wir entdeckt haben, ist auch deshalb wichtig, weil er
für das Schicksal von HR 5171 A von Bedeutung sein könnte", so Chesneau. "Wenn
er beispielsweise die äußere Hülle des Sterns abzieht, würde das seine
Entwicklung beeinflussen." Über ihre Untersuchung berichteten die
Wissenschaftler jetzt in einem Fachartikel in der Zeitschrift Astronomy &
Astrophysics.
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