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MILLISEKUNDEN-PULSAR
Trio als Test für Relativitätstheorie
von Stefan Deiters
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6. Januar 2014

Astronomen haben in einer Entfernung von rund 4.200 Lichtjahren ein bislang einmaliges Sternsystem aufgespürt, das aus einem Neutronenstern und zwei Weißen Zwergen besteht und in unserem Sonnensystem ohne Probleme innerhalb der Erdbahn Platz finden würde. Durch präzise Messungen des Dreifachsystems wollen die Forscher nun die Gültigkeit von Einsteins Relativitätstheorie überprüfen.

Dreifachsystem

Das entdeckte Dreifachsystem besteht aus einem Pulsar (links), einem heißen Weißen Zwerg (Mitte rechts) und einem kühleren Weißen Zwerg (rot, oben rechts). Bild: Bill Saxton, NRAO/AUI/NSF

Mithilfe des Green Bank Telescope, einem der größten Radioteleskope der Welt im US-Bundesstaat West Virginia, haben Astronomen ein bislang einmaliges Dreifachsystem entdeckt. Es besteht aus einem schnell rotierenden Neutronenstern und zwei Weißen Zwergsternen. Alle befinden sich in einem Bereich, der problemlos innerhalb der Bahn der Erde um die Sonne Platz finden würde. Dabei bildet der Neutronenstern mit einem Weißen Zwerg ein enges Paar, das wiederum von einem entfernteren Weißen Zwerg umkreist wird.

Für die Astronomen ist nicht nur das System als solches interessant, sondern das Trio könnte auch eine einmalige Möglichkeit bieten, Einsteins Relativitätstheorie unter extremen Bedingungen einem Test zu unterziehen. "Dieses Dreifachsystem bietet uns ein natürliches kosmisches Laboratorium, das deutlich besser ist als jedes zuvor bekannte System um ein solches Dreifachsystem zu verstehen und eventuell Probleme mit der Allgemeinen Relativitätstheorie zu entdecken, die unter extremen Bedingungen auftreten könnten", erklärt Scott Ransom vom National Radio Astronomy Observatory (NRAO), das das Green Bank Telescope betreibt.

Das System wurde bei einer Suche nach Pulsaren mit dem Radioteleskop entdeckt. Pulsare sind schnell rotierende Neutronensterne, die - wie ein Leuchtturm - eng gebündelte elektromagnetische Wellen ins All senden. Diese kosmischen "Blinkzeichen" erlauben eine sehr exakte Messung der Rotationsgeschwindigkeit. Im Falle des neu entdeckten Pulsars stellte man fest, dass er sich 366 Mal pro Sekunde um die eigene Achse dreht. Er zählt damit zu den Millisekunden-Pulsaren.

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Die Entdeckung, dass der Millisekunden-Pulsar noch zwei enge Begleiter hat, machte den Fund nur noch interessanter. "Es handelt sich um den ersten Millisekunden-Pulsar, der in einem solchen System entdeckt wurde", so Ransom. "Uns war sofort klar, dass er uns eine einmalige Möglichkeit bieten würde, die Natur der Gravitation zu untersuchen." Die Wissenschaftler visierten das System daher mit zahlreichen Radioteleskopen an und machten auch Beobachtungen in anderen Wellenlängenbereichen.

"Die gravitativen Wechselwirkungen, die die einzelnen Mitglieder des Systems aufeinander ausüben sind unglaublich stark und rein", zeigt sich Ransom begeistert. "Der Millisekunden-Pulsar dient uns dabei als extrem leistungsfähiges Werkzeug diese Störungen mit hoher Genauigkeit zu messen." So konnte das Team die Geometrie des Systems und die Massen der einzelnen Objekte darin mit unerreichter Präzision ermitteln.

"Wir haben einige der genausten Massenbestimmungen überhaupt in der Astrophysik durchgeführt", erklärt Anne Archibald, die bei ASTRON, dem niederländischen Institut für Radioastronomie, arbeitet. "Einige unserer Messungen der relativen Positionen der Sterne in dem System sind bis auf einige Hundert Meter genau." Archibald hat mit ihrer Arbeitsgruppe ein Computerprogramm entwickelt, mit dem sich die Bewegungen des Systems vorhersagen lassen.

Die Astronomen hoffen, dass die exakten Messungen auch neue Erkenntnisse über einige fundamentale Fragen zum Wesen der Gravitation liefern werden: "Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie wurde bislang von jedem Experiment bestätigt, verträgt sich aber nicht mit der Quantentheorie", erklärt Ransom. "Daher erwarten Physiker, dass die Relativitätstheorie unter extremen Bedingungen nicht mehr funktioniert. Dieses Dreifachsystem bietet uns die Möglichkeit, nach der Verletzung einer spezifischen Form des Äquivalenzprinzips zu suchen, die man als starkes Äquivalenzprinzip bezeichnet."

Das Äquivalenzprinzip in seiner einfachen Form dürften die meisten noch aus dem Physikunterricht kennen: Es besagt nämlich, dass die Wirkung der Gravitation auf einen Körper nicht von dessen Natur, Masse oder anderen Eigenschaften abhängt. Galileo Galilei soll dies mit seinen Fallexperimenten am schiefen Turm von Pisa gezeigt haben, die Astronauten von Apollo 15 führten ein entsprechendes Experiment mit einer Feder und einem Hammer auf dem Mond durch: Beide fielen gleich schnell zu Boden.

Das starke Äquivalenzprinzip besagt im Fall des Trios nun, dass die gravitative Wirkung des äußeren Weißen Zwergs auf den inneren Weißen Zwerg und den Pulsar gleich groß ist. Sollte das Prinzip aber in diesem System nicht stimmen, wäre der gravitative Effekt leicht unterschiedlich. Dies aber sollte sich dank der sehr genauen Messungen der Pulse des Pulsars recht leicht feststellen lassen.

"Durch sehr genaue Messungen der Pulse, die von dem Pulsar kommen, können wir Abweichungen vom starken Äquivalenzprinzip mit viel höherer Empfindlichkeit bestimmen als es uns zuvor möglich war", so Ingrid Stairs von der University of British Columbia. "Würden wir eine Abweichung finden, wäre das ein Versagen der Allgemeinen Relativitätstheorie und würde uns den Weg zu einer neuen, korrekten Theorie über die Gravitation weisen."

"Das ist schon ein faszinierendes System in mehrfacher Hinsicht", so Ransom. "Unter anderem muss es auch eine absolut verrückte Entstehungsgeschichte haben. Wir haben noch viel zu tun, um es vollständig zu verstehen." Daran arbeiten inzwischen auch schon andere Forscherteams. So haben Thomas Tauris vom Argelander-Institut für Astronomie der Universität Bonn und dem Max-Planck- Institut für Radioastronomie und Ed van den Heuvel von der Universität Amsterdam heute ein Modell vorgestellt, mit dem sie glauben, die Entstehung des Systems erklären zu können.

Die Beobachtungen des Dreifachsystems wurden in einem Artikel in der Fachzeitschrift Nature präsentiert, das Modell zur Entstehung in den Astrophysical Journal Letters.

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siehe auch
Pulsare: Direkter Kollaps zum Millisekunden-Pulsar? - 23. Dezember 2013
Pulsare: Was schnell rotierende Pulsare bremst - 6. Februar 2012
Pulsare: Schwarze Witwe im All - 19. Februar 2010
Millisekunden-Pulsare: Doppelsternsystem gibt Einblick in Entstehung - 25. Mai 2009
Links im WWW
Preprint des Nature-Fachartikels bei arXiv.org
National Radio Astronomy Observatory (NRAO)
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