Wohl kein Diamantplanet um 55 Cancri
von Stefan Deiters astronews.com
4. November 2013
Bei der rund 40 Lichtjahre entfernten Super-Erde 55 Cancri e
dürfte es sich vermutlich doch nicht um einen Planeten handeln, der zu einem
großen Teil aus Diamanten besteht. Dies ergab jetzt eine neue Analyse der
vorliegenden Daten. So ist der Kohlenstoffanteil des Zentralsterns offenbar
geringer, als die Astronomen zunächst angenommen hatten.

So stellten sich
die Wissenschaftler den Planeten 55 Cancri e vor.
Vermutlich sieht der Planet aber doch anders aus.
Bild:
Yale University / Haven Giguere |
Nachdem inzwischen rund Tausend Planeten um andere Sterne entdeckt wurden,
hat nicht unbedingt jeder neue Fund noch Nachrichtenwert. Im letzten Jahr aber
glaubten Astronomen herausgefunden zu haben, dass es sich bei dem großen
Gesteinsplaneten 55 Cancri e, der zusammen mit weiteren Welten den 40 Lichtjahre
entfernten Stern 55 Cancri umkreist, um einen Planeten handelt, der zu einem
beträchtlichen Teil aus Diamanten besteht. Hatte man also hier tatsächlich einen
Diamantplaneten entdeckt?
Johanna Teske, eine Doktorandin an der University of Arizona,
glaubt, dass die damalige Begeisterung voreilig war: Eine neue Analyse der
Beobachtungen des Systems deutet nämlich darauf hin, dass der Anteil von
Kohlenstoff - also des Ausgangsstoffs für Diamanten - zu Sauerstoff im
Zentralstern geringer ist, als man das ursprünglich angenommen hatte. Damit
dürfte auch der Kohlenstoffgehalt des Planeten geringer sein.
"In einem Fachartikel aus dem Jahr 2010 wurde angegeben, dass 55 Cancri, ein
Stern mit insgesamt fünf Planeten, ein Kohlenstoff-zu-Sauerstoff-Verhältnis von
größer als eins hat", erläutert Teske. "Diese Beobachtung war Ausgangspunkt für
eine Veröffentlichung aus dem vergangenen Jahr über den innersten Planeten des
Systems, die Super-Erde 55 Cancri e. Auf Basis von Daten über die Masse des
Planeten und seinen Radius wurden Modelle über sein Inneres berechnet, die
ergaben, dass - unter Annahme des Kohlenstoff-zu-Sauerstoff-Verhältnisses des
Sterns - der Planet aus mehr Kohlenstoff als Sauerstoff bestehen sollte."
Doch mit dieser Beweiskette gibt es nach Teskes Auffassung nun ein Problem:
"Unsere Analyse lässt dies weniger wahrscheinlich erscheinen, weil der
Zentralstern offenbar deutlich weniger reich an Kohlenstoff ist, als
ursprünglich angenommen worden war." Damit schwinden die Chancen, dass es sich
bei 55 Cancri e um einen "Diamantplaneten" handelt, bei dem sich unter einer
Oberfläche aus Graphit eine dicke Schicht aus Diamanten befindet.
"Theoretisch könnte 55 Cancri e noch immer ein hohes
Kohlenstoff-zu-Sauerstoff-Verhältnis haben und ein Diamantplanet sein, doch der
Stern selbst verfügt nicht über dieses hohe Verhältnis", so Teske. "Die
ursprüngliche These, dass es sich um einen Diamantplaneten handelt, basierte auf
den Messungen über den Planeten und über den Stern - und die Messungen über den
Stern geben das nun nicht mehr her."
55 Cancri e ist eine sogenannte Super-Erde mit dem doppelten Durchmesser der
Erde und etwa ihrer achtfachen Masse. Es handelt sich um den innersten Planeten
in dem System um 55 Cancri, das insgesamt aus fünf bekannten Planeten besteht.
Der Planet umkreist seine Sonne in sehr geringem Abstand alle 18 Stunden und
dürfte eine Oberflächentemperatur von über 1.600 Grad Celsius aufweisen.
"Der Planet besteht vermutlich aus Gestein oder hat einen großen
Gesteinsanteil", vermutet Teske. "Wir wissen nicht, ob er über eine Atmosphäre
verfügt." Doch es bleiben Unsicherheiten: So würde man beispielsweise nicht
genau wissen, in welchem Umfang sich die Zusammensetzung des Zentralsterns auch
tatsächlich in den ihn umgebenden Planeten wiederfindet. Von daher seien auch
Szenarien denkbar, bei denen der Kohlenstoffanteil von 55 Cancri e höher ist,
als der entsprechende Anteil des Zentralsterns.
Über ihre Ergebnisse berichtet Teske und ihr Team in der Fachzeitschrift
The Astrophysical Journal.
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