Radarsatellit mit erweiterten Fähigkeiten
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
30. August 2013
Der deutsche Radarsatellit TerraSAR-X hat seine
vorgesehene Lebensdauer bereits überschritten und lernt dennoch neue Tricks:
Künftig kann der Satellit auch Weitwinkelaufnahmen machen, was besonders für die
Meeresforschung von Bedeutung ist. Beim DLR hofft man, dass der Satellit noch
bis mindestens 2015 im Einsatz bleiben kann.

TerraSAR-X-Aufnahme
der Deutschen Bucht im WideScan-Modus.
Bild: DLR [Großansicht] |
Ganz offiziell könnte der deutsche Radarsatellit TerraSAR-X schon
seit über einem halben Jahr außer Dienst sein - solange hat er bereits seine
vorgesehene Lebensdauer hinter sich gelassen. Doch die Ingenieure des Deutschen
Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) haben dem Satelliten, der am 15. Juni
2007 ins All startete, sogar noch einen neuen Modus beigebracht: Nun kann
TerraSAR-X Bildstreifen mit einer Breite von über 200 Kilometern aufnehmen.
"Dazu tastet der Satellit dieses große Gebiet durch vielfaches, enorm schnelles
Schwenken des Radarstrahls quer zur Flugrichtung in mehreren Schritten ab",
erläutert DLR-Missionsmanager Stefan Buckreuß.
Die Aufnahme der Deutschen Bucht beispielsweise zeigt die friesischen Inseln
von Borkum bis Wangerooge und unter anderem die Städte Wilhelmshaven und Bremen.
Der neue "Weitwinkel"-Modus ist vor allem für Meeresforscher spannend, die damit
Tidenhub, Veränderungen im Wattenmeer, Schiffsbewegungen, Wellenmuster,
Eisbewegungen oder auch Windaufkommen untersuchen können.
Über 120 000 Bilder hat der Radarsatellit TerraSAR-X seit seinem
Start bereits geliefert. Bisher waren die Bildstreifen des TerraSAR-X-Satelliten
aber auf eine Breite von 100 Kilometern beschränkt. "Zum ersten Mal haben wir
nun eine Aufnahme der kompletten Deutschen Bucht von Osten nach Westen zu einem
Zeitpunkt und in hoher Auflösung", erklärt DLR-Wissenschaftlerin Dr. Susanne
Lehner die Bedeutung des neuen Aufnahmemodus.
Das freifallende Watt und seine Priele zwischen den einzelnen Inseln und der
Küste, der hohe Wasserstand in der Elbmündung und bei Sylt - für die
Ozeanographin bietet die Radaraufnahme aus über 500 Kilometern Höhe zahlreiche
Informationen. Auch einzelne Schiffe sind auf den Radaraufnahmen erkennbar, so
dass mit einer Auflösung von 40 Metern im sogenannten Wide-ScanSAR-Mode auch die
Schiffsrouten verfolgt werden können.
Eines sieht man auf den ersten Testaufnahmen zum Glück allerdings nicht: "Wir
können keine Ölverschmutzung in der Deutschen Bucht feststellen - diese würden
sich auf der Aufnahme deutlich abzeichnen, wenn sie vorhanden wären", erläutert
Lehner. Bei Plattformen in der nördlichen Nordsee hingegen stießen die
Wissenschaftler bei der Auswertung weiterer Satellitenbilder bereits auf
Ölverschmutzungen.
DLR-Wissenschaftlerin Dana Floricioiu nutzt die Aufnahmen, um beispielsweise
das Kalben von Eisbergen oder die Bewegung der Gletscher zu untersuchen. "Der
neue Modus ermöglicht es, weiträumig glaziologische Prozesse zu beobachten und
Eisstrukturen zu kartieren." Mit Aufnahmen in Zeitabfolgen beobachtet die
Wissenschaftlerin auch die Risse, die im Eis entstehen, bevor ein Eisberg sich
von der Eismasse löst. In der Pine Island Bay in der Antarktis hat Floricioiu den Eisberg B22A im
Blick, der mit seinen 81,5 mal 44,4 Kilometern ein Überbleibsel eines noch
größeren Eisbergs aus dem Jahr 2002 ist.
"Mit dem neuen Modus haben die
Wissenschaftler auf einen Schlag einen sehr guten Überblick über ein großes
Gebiet", so Buckreuß. Für die Ingenieure und Wissenschaftler ist diese neue Aufnahmetechnik, die
ursprünglich für die Mission gar nicht vorgesehen war, ein Beleg dafür, dass der
Satellit im All noch nicht in Rente gehen wird: "Der technische Zustand von
TerraSAR-X ist sehr gut, und die Treibstoffreserven erlauben noch einen
Betrieb bis mindestens 2015."
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