Großer Asteroid mit Mond passiert die Erde
von Stefan Deiters astronews.com
30. Mai 2013
In der Nacht von Freitag auf Samstag wird der Asteroid 1998
QE2 die Erde in einem Abstand von 5,8 Millionen Kilometern passieren. Der
Brocken gehört mit einem Durchmesser von 2,7 Kilometern zu den großen Asteroiden
und würde im Falle eines Einschlags auf der Erde gewaltige Verwüstungen
verursachen. Erste Beobachtungen zeigten, dass 1998 QE2 von einem kleinen Mond
umkreist wird.

Radarbilder des
Asteroiden 1998 QE2. Bei dem kleinen hellen Fleck
unten rechts handelt es sich um den neuentdeckten
Mond. Die Bilder wurden über einen Zeitraum von
rund zwei Stunden gemacht.
Bild: NASA / JPL-Caltech / GSSR [Großansicht] |
Der Asteroid 1998 QE2 wurde am 19. August 1998 im Rahmen des Programms
Lincoln Near Earth Asteroid Research (LINEAR) des Massachusetts
Institute of Technology entdeckt und erhielt seinen vorläufigen Namen "1998
QE2" entsprechend der Regeln des Minor Planet Center, nach denen
Bezeichnungen von Neuentdeckungen aus dem Entdeckungsjahr und einer
Buchstaben-Zahlen-Kombination gebildet werden, die die Monatshälfte und die
Nummer der Entdeckung in der jeweiligen Zeitspanne angibt.
Den geringsten Abstand zur Erde wird 1998 QE2 am Abend des 31. Mai 2013 um 22.59
Uhr MESZ erreichen. Der Brocken wird dann noch immer 5,8 Millionen Kilometer von
der Erde entfernt sein. Es ist trotzdem die erdnächste Annäherung dieses
Asteroiden für mindestens zwei Jahrhunderte. Der komfortable Abstand, der
immerhin rund der 15-fachen Entfernung des Monds von der Erde entspricht, ist
beruhigend, hätte 1998 QE2 mit einem Durchmesser von rund 2,7 Kilometern doch
das Potential, bei einem Einschlag auf der Erde für gewaltige Zerstörungen zu
sorgen.
So aber wird die Passage von 1998 QE2 praktisch unbemerkt vonstatten gehen - es
sei denn, man verfügt über ein großes Radioteleskop, mit dem sich detaillierte
Beobachtungen des Brockens machen lassen. "Asteroid QE2 wird ein
außerordentliches Ziel für Radarbeobachtungen mit den Antennen in Goldstone und
Arecibo sein und wir erwarten eine Reihe hochaufgelöster Bilder, die uns jede
Menge Oberflächenstrukturen zeigen", so Radarastronom Lance Benner vom Jet
Propulsion Laboratory, der für die Radarbeobachtungen mit der
70-Meter-Antenne des Deep Space Network der NASA in Goldstone
verantwortlich ist.
"Immer wenn uns Asteroiden mit einem so geringem Abstand passieren, bietet uns
das eine wichtige wissenschaftliche Möglichkeit, sie detailliert zu untersuchen,
um mehr über ihre Größe, Form, ihr Rotationsverhalten und ihre
Oberflächenstrukturen sowie über ihren Ursprung zu erfahren", erklärt Benner.
"Wir nutzen die neuen Messungen der Entfernung und Geschwindigkeit des
Asteroiden auch, um unsere Bahnberechnungen zu verbessern und die Bewegung des
Asteroiden noch weiter in die Zukunft vorauszusagen, als wir das heute können."
Am Mittwoch wurden mit der Goldstone-Antenne der NASA in Kalifornien bereits
erste Beobachtungen von 1998 QE2 gemacht. Der Asteroid war da noch rund sechs
Millionen Kilometer von der Erde entfernt. Sie lieferten bereits die erste
Überraschung: Bei 1998 QE2 scheint es sich nämlich um einen Doppelasteroiden zu
handeln - 1998 QE2 hat also einen Mond.
Damit gehört 1998 QE2 zu den rund 16 Prozent der erdnahen Asteroiden mit einem
Durchmesser von 200 Metern und mehr, bei denen es sich um ein Doppel- oder gar
um ein Dreifachsystem handelt. Die Radarbeobachtungen vom Mittwoch bestätigten,
dass der Hauptkörper einen Durchmesser von 2,7 Kilometern hat. Er dreht sich in
weniger als vier Stunden einmal um die eigene Achse. Der Mond dürfte nach ersten
Schätzungen einen Durchmesser von etwa 600 Metern haben.
Die Auflösung der ersten Goldstone-Radarbilder beträgt etwa 75 Meter pro Pixel.
Für die nächsten Tage werden aber Aufnahmen mit besserer Auflösung erwartet.
Beobachtungen von 1998 QE2 sind noch bis zum 9. Juni sowohl mit dem
70-Meter-Antenne in Goldstone als auch mit dem riesigen Arecibo-Radioteleskop in
Puerto Rico geplant.
Die Radioantenne in Goldstone gehört zum Deep Space Network (DSN) der
NASA, das eigentlich der Kommunikation mit Raumsonden im Sonnensystem dient. Es
besteht aus drei Antennen in Goldstone in Kalifornien, in der Nähe von Madrid in
Spanien sowie in der Nähe von Canberra in Australien. Auf diese Weise kann -
trotz der Drehung der Erde - ständig eine Antenne eine bestimmte Position am
Himmel anvisieren und so mit einer Raumsonde kommunizieren.
Die DSN-Antenne in Goldstone wird aber auch als Solar System Radar für
die Beobachtung von Asteroiden eingesetzt. Dabei wird ein Radiosignal in
Richtung des Brockens geschickt und dann dessen Reflexionen wieder aufgefangen
und ausgewertet. Diese Daten verraten den Astronomen dann einiges über Größe,
Form und Oberflächenstrukturen des Asteroiden. Sie liefern zudem präzise
Informationen über seine Entfernung und die Geschwindigkeit, was noch genauere
Bahnberechnungen erlaubt.
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