Stellare Kinderstube zum Jubiläum
von Stefan Deiters astronews.com
23. Mai 2013
Die europäische Südsternwarte ESO hat heute eine neue
Aufnahme der faszinierenden Sternentstehungsregion IC 2944 veröffentlicht und
feiert damit den 15. "Geburtstag" ihres Very Large Telescope. Mit der
ersten Teleskopeinheit dieses leistungsfähigen Observatoriums wurden nämlich am
25. Mai 1998 erstmals Beobachtungen gemacht.

Das Sternentstehungsgebiet IC 2944.
Bild:
ESO [Großansicht] |
Die Europäische Südsternwarte ESO feiert ihr Very Large Telescope:
Das Observatorium auf dem Gipfel des Paranal in Chile kann nämlich am kommenden
Samstag ein besonderes Jubiläum feiern: Vor 15 Jahren, am 25. Mai 1998, wurden
mit der ersten Teleskopeinheit des Very Large Telescope erste
Beobachtungen gemacht.
Mit diesem "First Light" begann der wissenschaftliche Betrieb dieser heute
aus vier großen Teleskopen und vier kleineren Hilfsteleskopen bestehenden
Anlage, die zu den leistungsfähigsten erdgebundenen astronomischen
Forschungsstätten zählt. Allein im vergangenen Jahr wurden über 600 Fachartikel
veröffentlicht, die auf Daten des Very Large Telescope oder des
Very Large Telescope Interferometers basierten.
Aus Anlass des Jubiläums hat die ESO heute eine neue faszinierende
Aufnahme einer interstellaren Wolke aus Gas und Staub veröffentlicht, in der
gerade neue Sterne entstehen. Das neue Bild der Region IC 2944 ist die
detailreichste Aufnahme dieses Bereichs, die je von der Erde aus gemacht wurde.
Das Sternentstehungsgebiet liegt rund 6.500 Lichtjahre entfernt im Sternbild
Zentaur. In dieser Himmelsregion befinden sich noch zahlreiche weitere ganz
ähnliche Nebel, deren Untersuchung den Astronomen wichtige Hinweise über die
Entstehung von Sternen gibt.
Bei IC 2955 handelt es sich um einen sogenannten Emissionsnebel. Der Nebel
besteht hauptsächlich aus Wasserstoffgas, das durch die intensive Strahlung der
hellen, jungen Sterne in der Umgebung zum Leuchten angeregt wird. Vor diesem
hellen Hintergrund sind undurchsichtige dichte Klumpen aus Staub besonders gut
zu erkennen.
Solche kalten Wolken, wie sie auch auf diesem Bild zu sehen sind, werden als
Bok-Globulen bezeichnet. Der Name geht auf den niederländisch-amerikanischen
Astronomen Bart Bok zurück, der in den 1940er Jahren erstmals auf diese Objekte
aufmerksam machte. Er hielt sie für mögliche Entstehungsorte neuer Sterne.
Dies dürfte für größere Bok-Globulen in ruhigeren Regionen auch zutreffen.
Die Globulen auf dieser Aufnahme jedoch, die - nach ihrem Entdecker A. David
Thackeray - auch Thackeray-Globulen genannt werden, sind einem extremen
Bombardement von ultravioletter Strahlung der nahegelegenen jungen Sterne
ausgesetzt. Die Strahlung "frisst" die dunklen Objekte förmlich auf. Es ist
daher sehr wahrscheinlich, dass die Globulen von der Strahlung vollständig
zerstört worden sind, bevor sie zu neuen Sternen kollabieren können.
Die Untersuchung von Bok-Globulen ist im sichtbaren Bereich des Lichts sehr
schwierig. Das liegt schlicht daran, dass man nicht erkennen kann, was sich
genau im Inneren dieser dunklen Objekte abspielt. Abhilfe schaffen Beobachtungen
in anderen Wellenlängenbereichen, wie etwa im Infraroten oder im
Submillimeter-Bereich, wodurch ein detaillierter Blick in diese Kreißsäle der
Sterne möglich wird.
Die Himmelsregion, die auf der Aufnahme zu sehen ist, wurde vor über zehn
Jahren auch vom Weltraumteleskop Hubble beobachtet (astronews.com
berichtete). Das neue, auf Daten des Instruments FORS am Very Large
Telescope basierende Bild zeigt jedoch einen größeren Himmelsbereich und
verschafft dem Betrachter damit einen Überblick über eine faszinierende
Landschaft der Sternentstehung.
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