Blick auf den Flugverkehr aus dem All
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
6. Mai 2013
In der kommenden Nacht soll mit einer Trägerrakete vom Typ
Vega der ESA-Satellit Proba-V ins All starten. Ziel der
Mission ist es, die Vegetation der Erde zu beobachten. An Bord des Satelliten
wird aber auch ein Empfänger sein, mit dem Wissenschaftler versuchen wollen, die
Flugzeugbewegungen im Luftraum der Erde über Regionen zu erfassen, über denen
das bislang nicht möglich war.

Wissenschaftler des DLR wollen in den
nächsten zwei Jahren erstmals testen, ob eine
lückenlose Beobachtung von Flugrouten aus dem
Weltall möglich ist. Auf dem europäischen
Satelliten Proba-V fliegt deshalb ein Empfänger
für ADS-B-Signale mit, die von Flugzeugen
kontinuierlich ausgesendet werden.
Bild: ESA |
In der kommenden Nacht soll an Bord einer Vega-Trägerrakete der
europäische Satellit PROBA-V ins All starten. Hauptmission des Satelliten wird
es sein, die Vegetation der Erde zu beobachten (astronews.com
berichtete). An Bord befindet sich allerdings noch ein weiteres Instrument,
das eine andere Aufgabe hat: Es soll den Flugverkehr auf der Erde im Blick
behalten.
Der Empfänger des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) ortet die
ADS-B-Signale (Automatic Dependance Surveillance - Broadcast) der
Flugzeuge mit einer speziellen Antenne, während der Satellit in 820 Kilometern
Höhe um die Erde kreist. Die Wissenschaftler wollen in den nächsten zwei Jahren
so erstmals testen, ob eine lückenlose Beobachtung von Flugrouten realisierbar
ist. Bisher ist das in nicht Radar überwachten Gebieten nicht möglich. Die
Ortung aus dem Weltall soll diese Lücke schließen.
Ozeane, großflächige Gebiete ohne Infrastruktur oder die Pole - befindet sich
ein Flugzeug in diesen Regionen, ist es über Radarstationen am Boden nicht mehr
zu erfassen. Dafür ist die Reichweite der Radarstationen nicht ausreichend.
"Allerdings senden die Flieger kontinuierlich mit ihren ADS-B-Signalen Angaben
wie Höhe und Geschwindigkeit - und das wollen wir nutzen", erläutert Jörg
Behrens, Abteilungsleiter am DLR-Institut für Raumfahrtsysteme in Bremen.
In ersten Versuchen erwies sich das Projekt bereits als erfolgreich: Bei
Ballonflügen 2009 in Nordschweden ortete der Empfänger aus einer Höhe von knapp
30 Kilometern Flugzeuge bereits aus einer Entfernung von 1100 Kilometern. "Wir
konnten Flieger 'sehen', die beispielsweise von Peking nach Amsterdam über das
Nordmeer flogen." In einem weiteren Versuch 2012 ließen die Forscher ihren
Empfänger an einem Ballon in 40 Kilometer Höhe steigen und untersuchten, welche
Störsignale er in einem dichtbeflogenen und radarüberwachten Gebiet überstehen
muss.
Für die Wissenschaftler ist der Mitflug auf dem Satelliten Neuland. "Bisher
wurde noch kein Satellit als Empfänger dieser ADS-B-Signale genutzt", erläutert
Behrens. Wieweit können die Flugzeuge aus dem All nachverfolgt werden? Stimmen
die bisherigen theoretischen Berechnungen über die Anzahl der Flugzeuge in der
Luft? Immerhin sollen über Gebieten wie Zentraleuropa oder der Mitte der USA
rund 4.000 Flugzeuge zur selben Zeit unterwegs sein. Mit dem ersten Test sollen
auch die Charakteristika erfasst werden, mit denen die Flugzeuge das
ADS-B-Signal abstrahlen. "Wir müssen Erfahrungen sammeln: Wo liegen die Grenzen
unseres Empfängers und wo muss nachgebessert werden?"
Entwickelt wurden Empfänger und Antenne in einer Kooperation mit dem
DLR-Institut für Flugführung in Braunschweig. Als Ergänzung zum bisherigen
Radar-Ortungssystem könnte die Ortung aus dem Weltall dabei helfen, die
Positionen der Flugzeuge kontinuierlicher zu erfassen. "Das würde es
beispielsweise bei Flugzeugabstürzen erleichtern, die letzte Position zu
kennen." Bisher melden sich die Piloten in regelmäßigen Abständen, erfolgt
jedoch keine Meldung, bleibt der aktuelle Standort der Flieger unbekannt. Zudem
würde eine kontinuierliche Ortung es möglich machen, den bisherigen
Sicherheitsabstand von gut 90 Kilometern in den nicht Radar überwachten Gebieten
zu verringern.
Ein ähnliches Projekt des DLR wird voraussichtlich Ende des Jahres mit einer
indischen Rakete abheben: Der Satellit AISat soll dann aus dem Weltall
mit einer vier Meter langen Helix-Antenne die Signale der Schiffe empfangen.
"Mit beiden Systemen - sowohl der Flugzeugsignale als auch der Schiffssignale -
wollen wir einen Beitrag dazu leisten, dass die Lücken in der Ortung geschlossen
werden", so Behrens.
Der Start von Proba-V war ursprünglich bereits für Ende vergangener
Woche geplant, musste aber wegen zu starken Windes verschoben werden. Außer
Proba-V befinden sich an Bord der Vega-Trägerrakete auch der
Erdbeobachtungssatellit VNREDSat-1 der Vietnam Academy of Science
and Technology und der Nanosatellit ESTCube-1 aus Estland.
|