Wie ein massereicher Stern entsteht
von Stefan Deiters astronews.com
23. April 2013
Astronomen haben mithilfe des Flugzeug-Infrarotteleskops
SOFIA detaillierte Beobachtungen eines massereichen Sterns gemacht, der sich
gerade im Inneren einer dichten Wolke aus Gas und Staub bildet. Zur Überraschung
der Wissenschaftler scheint der Entstehungsprozess ganz ähnlich zu verlaufen,
wie bei massearmen Sternen. Experten hatten ihn bislang für deutlich
komplizierter gehalten.
FORCAST-Beobachtungen des massereichen
Protosterns G35.20-0.74 im Infraroten bei 31
Mikrometern.
Bild: Zhang et
al. 2013, Astrophysical Journal |
Das Stratospheric Observatory for Infrared Astronomy (SOFIA) ist ein
ganz besonderes Teleskop: Es befindet sich, zumindest wenn damit Beobachtungen
gemacht werden, nämlich weder auf der Erde noch im Weltall: SOFIA ist eine
Sternwarte in einem umgebauten Jumbojet (astronews.com
berichtete) und erlaubt auf diese Weise Beobachtungen, die in tieferen
Atmosphärenschichten nicht möglich wären. SOFIA ist ein gemeinsames Projekt der
amerikanischen Weltraumbehörde NASA und des Deutschen Zentrums für Luft- und
Raumfahrt (DLR).
Mit der Faint Object Infrared Camera for the SOFIA Telescope
(FORCAST) haben Astronomen nun das Objekt G35.20-0.74 anvisiert, einen der
massereichsten bekannten Protosterne. Es handelt sich also um eine Sonne, die
noch in ihrer Entstehungsphase ist. Der Stern ist rund 8.000 Lichtjahre von der
Erde entfernt. Mithilfe von SOFIA gelangen nun die bislang detailliertesten
Aufnahmen im mittleren Infrarot dieses faszinierenden Objekts.
Sterne entstehen in der Regel nicht allein, sondern in Sternhaufen. Wegen
dieser turbulenten Umgebung mit zahlreichen neu entstehenden Sonnen waren
Astronomen bislang davon ausgegangen, dass die Entstehung massereicher Sterne
vergleichsweise kompliziert ist. Die Beobachtungen von G35.20-0.74 haben aber
nun gezeigt, das die Entstehung offenbar genauso "geordnet" abläuft, wie die
Entstehung von sonnenähnlichen Sternen, nämlich durch den einfachen
symmetrischen Kollaps einer interstellaren Gaswolke. G35.20-0.74 hat etwa die
20-fache Masse unserer Sonne.
"Wir wollten mit unserer Studie hauptsächlich herausfinden, wie massereiche
Sterne tatsächlich entstehen", erklärt Yichen Zhang von der University of
Florida, der auch Erstautor eines unlängst in der Zeitschrift
Astrophysical Journal erschienenen Fachartikels über die Beobachtungen ist.
"Wir hatten angenommen, dass die Struktur des Protosterns G35 sehr kompliziert
ist. Stattdessen stellte sich aber heraus, das sie sehr einfach ist und den
Kokons gleicht, in denen sich Sterne mit der Masse unserer Sonne bilden."
G35.20-0.74 war für diese Untersuchung ideal, da sich der Stern noch in der
frühen Phase seiner Entstehung befindet. Infrarot-Weltraumteleskope konnten den
Protostern nicht im Detail beobachten, da seine Strahlung im Infraroten einfach
zu intensiv ist. Im sichtbaren Bereich des Lichts ist er noch tief in seinem
Kokon aus Gas und Staub verborgen und nicht auszumachen.
SOFIA fliegt nun über dem größten Teil des Wasserdampfs in der Erdatmosphäre,
der die meiste Strahlung im Infraroten nicht durchlässt. So waren
Beobachtungen in einem Infrarot-Wellenlängenbereich möglich, der von keinem
anderen Teleskop abgedeckt wird. Diese lieferten ganz neue Details über die
Struktur des Protosterns und der dichten Wolke aus Gas und Staub, in der er sich
gerade bildet.
"Massereiche Sterne, obwohl eher selten, sind wichtig", so James De Buizer
vom SOFIA-Team. "Es gibt Hinweise dafür, dass sie die Entstehung kleinerer,
sonnenähnlicher Sterne fördern. Am Ende ihres Lebens erzeugen und verteilen sie
zudem chemische Elemente, die die Bausteine für erdähnliche Planeten
darstellen."
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