Staubscheibe und Planeten um alternden Stern
von Stefan Deiters astronews.com
10. April 2013
Mithilfe des europäischen Infrarot-Weltraumteleskops
Herschel ist es Astronomen erstmals gelungen, eine Staubscheibe um einen
alternden Stern zu beobachten, um den zudem noch Planeten kreisen. Die rund 100
Lichtjahre entfernte Sonne entwickelt sich gerade zu einem Roten Riesen, die
Planeten und eine Staubscheibe haben jedoch bis heute überlebt.
Herschels Blick auf die Staubscheibe um Kappa Coronae Borealis. Der
Stern selbst ist ausgeblendet.
Bild:
ESA / Bonsor et al. (2013) |
Auch das vergleichsweise beschauliche nukleare Leben von sonnenähnlichen
Sternen geht einmal zu Ende. Wenn der Wasserstoffvorrat in ihrem Inneren
verbraucht ist, setzt sich die Fusion von Wasserstoff in Helium für eine
bestimmte Zeit noch in Schalen rund um den Kern fort. Der Stern bläht sich dabei
auf, wird zunächst zu einem Unterriesen und schließlich zu einem Roten Riesen.
Planeten, Asteroidengürtel und auch Bereiche mit Kometenkernen um solche
alternden Sterne sollten, so die Theorie der Astronomen, zumindest die
Unterriesen-Phase ihrer Sonne noch überstehen. Um diese These aber zu
bestätigen, fehlten bislang entsprechende Beobachtungen, etwa von Staubscheiben
um Unterriesen, die durch Kollisionen von Asteroiden oder Kometen entstanden
sind.
Mithilfe des exzellenten Auflösungsvermögens des europäischen
Infrarot-Weltraumteleskops Herschel ist es Astronomen nun gelungen, um
den Stern Kappa Coronae Borealis im Sternbild Nördliche Krone eine solche
Trümmerscheibe aufzuspüren. Der Stern hat eine Masse von etwa der 1,5-fachen
Masse unserer Sonne, ist rund 2,5 Milliarden Jahre alt und etwa 100 Lichtjahre
entfernt. Da Kappa Coronae Borealis massereicher als unsere Sonne ist, hat der
Stern seinen nuklearen Brennstoff deutlich schneller verbraucht und entwickelt
sich bereits zum Roten Riesen.
Man weiß aus erdgebundenen Beobachtungen von Kappa Coronae Borealis, dass der
Stern von einem Gasplaneten umkreist wird, der etwa die doppelte Masse von
Jupiter hat und sich ungefähr in einem Abstand von seinem Stern befindet, der
mit dem des Asteroidengürtels in unserem Sonnensystem vergleichbar ist. Außerdem
vermutet man, dass es in dem System noch einen zweiten Planeten gibt, über
dessen Masse aber noch nichts bekannt ist.
"Das ist der erste 'Stern im Ruhestand', den wir gefunden haben, der eine
Staubscheibe und einen oder mehrere Planeten besitzt", freut sich Amy Bonsor vom
Institute de Planétologie et d’Astrophysique de Grenoble, die die
Untersuchung leitete. "Die Staubscheibe hat die gesamte Lebenszeit des Sterns
überdauert ohne zerstört zu werden. Das war in unserem Sonnensystem anders, wo
der größte Teil der Trümmer während einer als 'Großes Bombardement' bezeichneten
Phase rund 600 Millionen Jahre nach Entstehung der Sonne verschwunden ist."
Die Herschel-Beobachtungen rund um den Stern Kappa Coronae Borealis
würden sich, so die Astronomen, durch drei alternative Modelle erklären lassen:
So könnte es um den Stern nur eine einzige ausgedehnte Staubscheibe geben, die
etwa in einer Entfernung von 20 Astronomischen Einheiten (AE) vom Stern beginnt
und sich bis in 220 AE erstreckt. Eine Astronomische Einheit ist die mittlere
Entfernung der Erde von der Sonne. Zum Vergleich: Der Kuipergürtel in unserem
Sonnensystem erstreckt sich von ungefähr 30 bis 50 AE.
In diesem Szenario würde einer der Planeten in einem Abstand von mehr als
sieben AE um Kappa Coronae Borealis kreisen und so den inneren Rand der
Staubscheibe stabilisieren. Das zweite mögliche Szenario wandelt das erste
Modell ab, indem hier beiden Planeten die Scheibe beeinflussen, was zu einem
Maximum der Staubproduktion in einer Entfernung von 70 bis 80 AE vom Stern
führt.
Ein drittes Modell geht schließlich von zwei schmaleren Staubgürteln aus, die
in 40 und 165 AE Entfernung von Kappa Coronae Borealis liegen. Der äußere Planet
könnte hier zwischen den beiden Staubbereichen um den Stern kreisen. Bei ihm
könnte es sich zudem auch um ein deutlich massereicheres Objekt handeln, etwa um
einen Braunen Zwerg.
"Das ist schon ein faszinierendes System: Gibt es einen oder sogar zwei
Planeten, die eine ausgedehnte Scheibe begrenzen oder hat der Stern sogar einen
Braunen Zwerg als Begleiter, der die Scheibe in zwei Teile teilt?", beschreibt
Bonsor die Fragen, die die Forscher nun beschäftigen. Da es sich um das erste
bekannte Beispiel dieser Art handelt, können die Astronomen derzeit noch nicht
einmal sagen, ob Kappa Coronae Borealis nun besonders ungewöhnlich ist oder
nicht. Es gibt aber schon Hinweise auf Staubscheiben um andere Unterriesen, so
dass sich zumindest diese Frage bald klären lassen könnte.
Die Astronomen berichten über ihre Beobachtungen in diesem Monat in der
Fachzeitschrift Monthly Notices of the Royal Astronomical Society.
|