Neuer Entfernungsrekord für Supernova
von Stefan Deiters astronews.com
5. April 2013
Astronomen ist es mithilfe des Weltraumteleskops Hubble
gelungen, eine Supernova vom Typ Ia in neuer Rekordentfernung zu beobachten. Die
Explosion ereignete sich vor über zehn Milliarden Jahren und damit zu einer
Zeit, in der im noch jungen Universum gerade mit hoher Rate neue Sterne
entstanden sind. Typ-Ia-Supernovae gelten als bedeutende Entfernungsindikatoren
in der Astronomie.
Die Supernova SN UDS10Wil. Die drei Bilder
unten verdeutlichen, wie die Supernova gefunden
wurde: Das Bild links zeigt die Galaxie ein Jahr
vor der Supernova, in der Mitte ist die Galaxie
mit der Supernova zu sehen. Sie ist allerdings
erst zu erkennen, wenn man das linke Bild von dem
in der Mitte subtrahiert. Das Ergebnis ist das
rechte Bild. Bild:
NASA, ESA, A. Riess (STScI und JHU), und D. Jones
und S. Rodney (JHU) [Großansicht] |
Die jetzt aufgespürte Supernova mit der Bezeichnung SN UDS10Wil gehört zu
einer besonderen Klasse von Sternexplosionen, die Astronomen als Supernovae vom Typ Ia
bezeichnen und die als kosmische Entfernungsmesser von großer Bedeutung sind.
Beobachtungen solcher Supernova-Explosionen ist beispielsweise die Entdeckung
der mysteriösen Dunklen Energie zu verdanken, die für die beschleunigte
Ausdehnung des Universums verantwortlich gemacht wird.
"Dieser neue Entfernungsrekordhalter öffnet uns ein Fenster ins frühe
Universum und liefert damit wichtige Hinweise darauf, wie diese Supernovae
entstehen", meint David O. Jones von der Johns Hopkins University im
US-Bundesstaat Baltimore, der auch Erstautor eines Fachartikels über die
Entdeckung ist, der im Mai im Astrophysical Journal erscheinen wird. "In dieser
Epoche können wir Theorien testen, die uns verraten, wie zuverlässig diese
Explosionen für unser Verständnis von der Entwicklung des Universums und seine
Ausdehnung sind."
Seit längerem gibt es in Fachkreisen eine Diskussion darüber, was genau der
Auslöser für eine Supernova vom Typ Ia ist (astronews.com
berichtete wiederholt). Es gibt derzeit zwei rivalisierende Modelle:
Bei einer Variante zieht ein Weißer Zwergstern, also ein ausgebrannter
Sternenrest, so lange Material von einem nahen Begleiter ab, bis eine kritische
Masse erreicht ist und der Zwergstern explodiert. Die zweite Variante macht die
Kollision von zwei Weißen Zwergsternen für die Explosionen verantwortlich - ein
Szenario, das auch von den neuen Beobachtungen unterstützt wird.
Die Entdeckung gelang im Rahmen des dreijährigen Hubble-Beobachtungsprogramms
CANDELS+CLASH Supernova Project, das im Jahr 2010 begonnen
wurde. Ziel war es, möglichst weit entfernte Supernovae vom Typ Ia aufzuspüren, um
herausfinden zu können, ob sich ihr Verhalten im Laufe der Entwicklung des
Universums irgendwie verändert hat.
Bislang wurden durch das Programm mehr als 100 Supernovae entdeckt, die vor 2,4 bis vor über
zehn Milliarden Jahren explodiert sind. Bei acht dieser Entdeckungen handelte
es sich um Supernovae vom Typ Ia, die vor mehr als neun Milliarden Jahren
explodiert waren - darunter der neue Rekordhalter. Durch ihn wird der aktuelle Rekord um
rund vier Prozent, entsprechend etwa 350 Millionen Jahren, weiter in die Vergangenheit
gerückt.
Für ihre Suche hat das Team über drei Jahre etwa alle 50 Tage Aufnahmen einer
bestimmten Himmelsregion im nahen Infrarot gemacht und darauf nach dem schwachen
Leuchten einer Supernova gefahndet. Nachdem SN UDS10Wil im Dezember 2010 entdeckt
worden war, nutzten die Astronomen das Spektrometer der Wide Field Camera 3 an
Bord von Hubble sowie das Very Large Telescope der europäischen Südsternwarte
ESO, um die Entfernung der Explosion zu messen und den Typ der Supernova zu
bestimmen.
"Dieses neue Ergebnis ist ein bedeutender Schritt vorwärts bei unserer
Untersuchung von Supernovae und des entfernten Universums", so Jens Hjorth vom
Dark Cosmology Center des Niels Bohr Institute an der Universität im dänischen
Kopenhagen. "Wir können nun mit der Erforschung der Sterne beginnen, die für die
gewaltigen Explosionen verantwortlich sind."
Die bisherigen Untersuchungen ergaben einen deutlichen Abfall der
Supernova-Typ-Ia-Rate in der Zeit vor 7,5 bis mehr als zehn Milliarden Jahren.
Dies - zusammen mit der Entdeckung einer so weit entfernten Supernova vom Typ Ia
- würde, so die an der Studie beteiligten Forscher, für das Kollisionsmodell von zwei Weißen Zwergen
sprechen. Das andere Szenario
sagt nämlich eine relativ hohe Rate von solchen Explosionen im frühen Universum
voraus.
Zu wissen, was genau Supernovae vom Typ Ia auslöst, ist auch wichtig, um die
Geschichte der Anreicherung des Universums mit schweren Elementen besser zu
verstehen. Die explodierenden Sterne dürften nämlich beispielsweise für etwa die Hälfte des
Eisens im Universum verantwortlich sein - ein Stoff, der bei der Entstehung von
Planeten und damit auch des Lebens eine wichtige Rolle spielt.
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