Astronomen simulierten Kollisionen
Redaktion
/ Pressemitteilung der Universität Bern astronews.com
14. Februar 2013
Das Aussehen des Asteroiden Vesta ist geprägt von zwei
gewaltigen, sich teils überlappenden Kratern an seinem Südpol. Wissenschaftlern
ist es jetzt gelungen, mit einem Computermodell die zwei Kollisionen zu
rekonstruieren, die den Asteroiden vor mehr als einer Milliarde Jahren
erschüttert haben. Die Ergebnisse verraten auch einiges über die Geschichte
unseres Planetensystems.
Eine Momentaufnahme aus der Simulation: Die
Kollision des Asteroiden Vesta mit einem rund
zehnmal kleineren Asteroiden.
Bild: Martin Jutzi, CSH, Universität Bern /
Pascal Coderay, EPFL |
In einer riesigen staubigen Gaswolke ballten sich vor viereinhalb Milliarden
Jahren Staubteilchen zu immer größeren Klumpen zusammen. Diese kollidierten,
klebten aneinander und wuchsen so zu Planeten heran. Zwischen den Bahnen von
Mars und Jupiter blieben jedoch hunderttausende kleinere Brocken zurück. Sie
bilden seither den sogenannten Asteroidengürtel und haben ihre Zusammensetzung
kaum verändert. Die Erforschung von Asteroiden kann daher wichtige Informationen
über die Entstehung unseres Sonnensystems liefern.
Einer dieser Asteroiden ist Vesta. Mit einem Durchmesser von rund 500
Kilometern gehört er zu den drei größten Asteroiden und wird sogar als
Protoplanet, also als Planetenvorläufer, betrachtet. Vesta ist zudem der einzige
bekannte Asteroid, der eine erdähnliche Struktur aufweist: Er verfügt nämlich
über einen Kern, einen Mantel und eine Kruste.
Martin Jutzi vom Center for Space and Habitability (CSH) der
Universität Bern hat nun mit einer Computersimulation präzise rekonstruiert, wie
Vesta vor über einer Milliarde Jahren zweimal mit anderen Asteroiden
zusammengestoßen ist. So zeigen die Modellierungen, dass der Protoplanet diesen
Kollisionen seine elliptische Gestalt verdankt und dass sie auch seine
Oberflächenstruktur gezeichnet haben. Die Simulationen erlauben zudem erstmals
detaillierte Rückschlüsse auf die Zusammensetzung und Eigenschaften des
Innenlebens von Vesta.
Die Simulationen könnten, so die Forscher in einer Pressemitteilung, auch
entscheidend dazu beitragen, die Entwicklungsgeschichte des Sonnensystems besser
zu verstehen, da die Planetenbildung maßgeblich auf Kollisionen zwischen
Himmelskörpern beruht. "Unsere Methode ermöglicht besonders aufschlussreiche
Auswertungen von Bild- und Messdaten aus Weltraummissionen", so Jutzi. Die
Studie, die in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern der École polytechnique
fédérale de Lausanne (EPFL) sowie aus Instituten in Frankreich und den USA
entstand, ist in dieser Woche die Titelgeschichte des Wissenschaftsmagazins
Nature.
Beobachtungen mit dem Weltraumteleskop Hubble hatten schon vor
einigen Jahren erste Hinweise auf einen riesigen Krater am Südpol des Asteroiden
Vesta geliefert. Ab Sommer 2011 kreiste dann die NASA-Sonde Dawn ein Jahr lang
auf einer nahen Umlaufbahn um Vesta (astronews.com
berichtete wiederholt). Bilder im visuellen Bereich sowie weitere Messdaten
lieferten Informationen über die Topografie des Asteroiden sowie über die
Zusammensetzung der Mineralien, die an seiner Oberfläche sichtbar sind.
Dabei zeigte sich unter anderem, dass die von Hubble beobachtete
Vertiefung am Südpol aus zwei teilweise überlappenden Kratern besteht. Von
diesen Informationen ausgehend, reproduzieren nun die Computersimulationen von
Jutzis Team, wie zwei nacheinander erfolgte Einschläge von Himmelskörpern genau
zur Bildung der beobachteten überlappenden Kratern führten. Diese überspannen
beinahe die ganze südliche Hemisphäre von Vesta.
Die Modellierungen zeigen Grösse (66 und 64 Kilometer Durchmesser),
Geschwindigkeit (5,4 Kilometer pro Sekunde) und Einschlagwinkel der Körper, die
mit Vesta kollidierten. Dies verrät viel über die Art der Objekte, die sich vor
einer Milliarde Jahren in der Nähe des Protoplaneten befanden. Form und
Topographie von Vestas südlicher Hemisphäre stimmen zwischen den Schlussbildern
der Simulationen und den Bild- und Messdaten von Dawn sehr gut überein.
Die Modelle reproduzieren sogar genauestens die spiralförmigen Strukturen im
Inneren des jüngsten Kraters, die auf Bildern der Dawn-Mission sichtbar
sind. "Dies zeigt wie zuverlässig unsere Methode ist", freut sich Jutzi.
Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Modelle auch Informationen über
bisher verborgene Eigenschaften von Vesta liefern. So verraten die Simulationen
zum Beispiel, dass das von den Einschlägen ausgeworfene Material aus Tiefen von
bis zu 100 Kilometern stammt. "Wir können anhand der Verteilung und Art dieses
Materials die verschiedenen inneren Schichten, aus denen Vesta zusammengesetzt
ist, präzise rekonstruieren", erläutert Philippe Gillet, Direktor des Earth
and Planetary Science Laboratory der EPFL. "Dass wir nun auch in das Innere
solcher Planetenvorläufer blicken können, ermöglicht ganz neue Perspektiven bei
der Erforschung der Geschichte unseres Sonnensystems", so Jutzi.
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