461 neue Planetenkandidaten vorgestellt
von Stefan Deiters astronews.com
8. Januar 2013
Das Team der NASA-Mission Kepler hat gestern die
Entdeckung von 461 neuen potentiellen extrasolaren Planeten bekannt gegeben.
Vier der neuen Planetenkandidaten sind nur wenig größer als die Erde und
umrunden ihren Zentralstern in der habitablen Zone. Es könnte also sein, dass es
auf ihrer Oberfläche Wasser auch in flüssiger Form gibt.

Das
Weltraumteleskop Kepler der NASA.
Bild: NASA / Kepler Mission / Wendy
Stenzel |
"Es gibt wohl kaum einen besseren Weg, die erweiterte Missionsphase von
Kepler zu beginnen, als durch die Entdeckung von weiteren Orten, die sich
an der Grenze zu möglicherweise bewohnten Welten befinden", meinte Christopher
Burke, Kepler-Wissenschaftler am SETI Institute im
kalifornischen Mountain View. Unter den gestern vorgestellten 461 neuen
Planetenkandidaten sind auch vier Planeten, deren Durchmesser kleiner als der
doppelte Erddurchmesser ist und die in der habitablen Zone um ihre Sonne kreisen. Damit wäre auf ihrer
Oberfläche die Existenz von Wasser in flüssiger Form theoretisch möglich.
Seit der letzten Veröffentlichung von Kepler-Planetenkandidaten im
Februar 2012 ist die Zahl der potentiell von dem Weltraumteleskop entdeckten
Planeten um 20 Prozent angewachsen. Es sind nun 2.740 potentielle Planeten um
2.036 Sterne. Den größten Zuwachs gab es dabei bei der Anzahl der Planeten, die
in etwa so groß wie die Erde sind oder als "Super-Erde" klassifiziert werden. Er
betrug 43 und 21 Prozent. Als "Super-Erde" werden vom Kepler-Team
Planeten mit einem Radius zwischen dem 1,25- und dem doppelten Radius der Erde
bezeichnet. Gleichzeitig hat auch die Anzahl der Sterne deutlich zugenommen, um
die vermutlich mehr als ein Planet kreist: Sie stieg von 365 auf 467.
"Die große Anzahl von Systemen mit mehreren Planetenkandidaten, die von
Kepler entdeckt wurde, deutet darauf hin, dass sich eine beträchtliche Zahl
von Exoplaneten in flachen Mehrfach-Planetensystemen befindet", so Jack Lissauer,
Planetenwissenschaftler am Ames Research Center der NASA. "Das stimmt
mit dem überein, was wir aus unserer eigenen planetaren Nachbarschaft kennen."
Das 2009 gestartete Weltraumteleskop Kepler sucht mithilfe der
Transitmethode nach Planeten und visiert dazu ständig über 150.000 Sterne an,
deren Helligkeit die Detektoren des Teleskops vermessen. Wandert - aus
Keplers Perspektive - ein Planet direkt vor seiner Sonne entlang,
verdunkelt er seinen Zentralstern ein wenig - ein Helligkeitsabfall, den
Kepler registrieren kann. Die Stärke des Helligkeitsabfalls erlaubt zudem
Rückschlüsse auf die Größe des Planeten relativ zu seiner Sonne.
Doch der Helligkeitsabfall eines Sterns muss nicht unbedingt auch bedeuten,
dass ein Planet um die ferne Sonne kreist. Das Kepler-Team hat über
13.000 Transit-ähnliche Signale analysiert und all die vermeintlichen Funde
entfernt, die beispielsweise durch bestimmte astrophysikalische Eigenschaften
des Sterns zu erklären sind und nicht auf Planeten. Bevor ein Planetenkandidat
dann zu einem tatsächlichen Fund wird, sind weitere Beobachtungen mit anderen
Teleskopen nötig. Anfang 2012 hatte man 33 potentielle Planetenkandidaten aus
den Kepler-Daten bestätigt, inzwischen sind es 105.
"Durch die Analyse von Kepler-Daten, die immer längere Zeiträume
überdecken, kommen auch kleinere Planeten mit längeren Orbitperioden zum
Vorschein - Orbitperioden, die der der Erde gleichen", so Steve Howell,
Kepler-Projektwissenschaftler am Ames Research Center. "Es ist
daher überhaupt keine Frage mehr, ob wir wirklich erdähnlichen Planeten finden
werden, die Frage ist nur noch wann."
In einer anderen Studie, die auch gestern auf einer Pressekonferenz
anlässlich einer Tagung der American Astronomical Society im
kalifornischen Long Beach vorgestellt wurde, versuchten Francois Fressin vom
Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics und seine Kollegen aus den
vorhandenen Kepler-Daten Rückschlüsse auf den Gesamtbestand der
Planeten in der Milchstraße zu ziehen. Danach verfügen 17 Prozent aller Sterne
über einen Planeten von Erdgröße in einem Orbit, der in unserem Sonnensystem
innerhalb der Merkurbahn liegen würde.
Insgesamt vermuten die Wissenschaftler, dass 50 Prozent aller Sterne über
einen Planeten verfügen, der in relativ geringem Abstand um seinen Zentralstern
kreist. Betrachtet man auch Systeme mit Planeten mit bis zu Erdabstand, sollten
es sogar 70 Prozent sein. Nimmt man weitere Daten anderer Programme hinzu,
ergibt sich, dass praktisch um jeden sonnenähnlichen Stern auch ein Planet
kreisen sollte. Dabei scheinen sich Planeten von Erdgröße und Super-Erden um
praktisch jeden Sternentyp zu bilden.
Die Astronomen veröffentlichten die Resultate ihrer Analyse in einem
Fachartikel in der Zeitschrift The Astrophysical Journal.
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