Zwölf Fermionen sind genug
Redaktion
/ Pressemitteilung des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) astronews.com
19. Dezember 2012
Wie viele Fermionen gibt es in der Natur? Mit dieser Frage
beschäftigen sich Teilchenphysiker schon seit langer Zeit. Existieren vielleicht
mehr als die zwölf bereits bekannten Materieteilchen des Standardmodells? Eine
kürzlich veröffentlichte Analyse aller bisher verfügbaren Daten kommt nun zu
einem recht eindeutigen Ergebnis: Zwölf Fermionen sind der Natur genug.
Die Daten der großen Detektoren wie dem CMS am
CERN in Genf ermöglichten die jetzt vorgestellte
Analyse.
Bild: KIT/ Markus Breig |
Fermionen, manchmal auch als "Materieteilchen" bezeichnet, bilden die
elementaren Bausteine der Materie. Alles, was wir auf der Erde oder durch
Teleskope sehen, ist aus ihnen aufgebaut. "Aber lange Zeit war nicht klar, ob
wir alle Bausteine kennen", erklärt Ulrich Nierste, Professor am Karlsruher
Institut für Technologie (KIT). Das Standardmodell der Teilchenphysiker kennt
bislang zwölf Fermionen. Aufgrund ihrer ähnlichen Eigenschaften teilt man sie in
drei sogenannte Generationen aus jeweils vier Teilchen ein.
Nur die erste Generation kommt in nennenswerter Menge außerhalb von
Teilchenbeschleunigern vor. Zu ihr gehören das Elektron, das Elektronneutrino
sowie das up-Quark und das down-Quark. Aus up- und down-Quarks sind schwerere
Teilchen wie Protonen und Neutronen und damit alle Elemente des Periodensystems
aufgebaut. In der zweiten und dritten Generation finden sich weitere Quark- und
Neutrino-Varianten sowie das Myon und das Tau-Lepton.
Doch warum gibt es in der Natur überhaupt diese zweite und dritte Generation
von Elementarteilchen und gibt es vielleicht sogar noch eine vierte, bislang
unentdeckte Generation? Mit dieser Frage hat sich nun eine Gruppe von
Teilchenphysikern vom KIT, der Humboldt-Universität in Berlin und des CERN in
Genf beschäftigt und glaubt zumindest eine Frage nun endgültig beantworten zu
können: Im Standardmodell der Teilchenphysik, so die Wissenschaftler, gibt es
genau drei Fermionen-Generationen.
Für ihre Analyse kombinierten die Forscher die neusten Daten, die mit den
Teilchenbeschleunigern Large Hadron Collider (LHC) am Genfer CERN und
Tevatron des Fermilab im US-Bundesstaat Illinois gesammelt wurden,
sowie viele bekannte Messergebnisse zu Teilchen wie dem Z-Boson oder dem
top-Quark. Eine statistische Analyse ergab dann, dass mit einer
Wahrscheinlichkeit von 99,99999 Prozent die Existenz von weiteren Fermionen
ausgeschlossen werden kann.
Die wichtigste Rolle spielten dabei die Daten über das vor kurzem mit hoher
Wahrscheinlichkeit entdeckte Higgs-Teilchen. Das Higgs-Teilchen gibt allen anderen Teilchen
ihre Masse. Da zusätzliche Fermionen in Beschleunigerexperimenten nicht direkt
nachgewiesen wurden, müssen sie schwerer sein als die bisher bekannten
Fermionen. Das würde bedeuten, dass sie auch stärker mit dem Higgs-Teilchen
wechselwirken müssten. Diese Wechselwirkung würde die Eigenschaften des Higgs-Teilchens
derart verändern, dass man es noch nicht hätten nachweisen können.
Mit dem Ausschluss der vierten Fermionen-Generation ist die erste der
bekannteren offenen Frage der Teilchenphysik durch Messungen des neuen
Beschleunigerringes LHC am CERN gelöst worden. "Das Standardmodell der
Teilchenphysik kann nun bei den Fermionen als abgeschlossen betrachtet werden",
so Nierste, der auch an der Studie beteiligt war. Dennoch würden weitere
spannende Fragen bleiben: So interessieren sich die Forscher etwa für die
genauen Eigenschaften des gerade entdeckten Higgs-Teilchens oder den Grund
dafür, warum es im Universum mehr Materie als Antimaterie gibt.
Die Teilchenphysiker veröffentlichten ihre Ergebnisse jetzt in der Fachzeitschrift Physical Review Letters.
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