Missionsende durch Aufprall auf Berg
von Stefan Deiters astronews.com
14. Dezember 2012
Die Mission der beiden GRAIL-Mondsonden der NASA geht zu
Ende: Am späten Montagabend sollen die beiden Sonden auf einen Berg in der Nähe
des Mondnordpols prallen. Mit GRAIL war seit Jahresbeginn das Schwerefeld des
Erdtrabanten mit bislang unerreichter Genauigkeit vermessen worden. Für eine
weitere Verlängerung der Mission ist nicht mehr ausreichend Treibstoff an Bord.
Ebb und Flow
sollen in einen Berg in der Nähe des Nordpols des
Mondes prallen.
Bild: NASA/JPL-Caltech/GSFC/ASU
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Ebb und Flow, die beiden Sonden der NASA-Mondmission Gravity Recovery and Interior Laboratory (GRAIL),
werden in den kommenden drei Tagen ihre letzten Runden um den Mond drehen. Am
Montagabend gegen 23.28 Uhr MEZ sollen die Sonden auf ihrem immer niedriger
werdenden Orbit mit einer Geschwindigkeit von 1,7 Kilometer pro Sekunde auf
einen Berg in der Nähe des Mondnordpols prallen.
Die Sonden hatten in den vergangenen Monaten erfolgreich das Schwerefeld des
Mondes mit bislang unerreichter Genauigkeit vermessen (astronews.com
berichtete). Nach einer erfolgreichen Hauptmission wurden noch mehrere
Monate lang ergänzende Messungen vorgenommen, jetzt reicht allerdings der
Treibstoff nicht mehr aus. "Es wird uns schwerfallen, auf Wiedersehen zu sagen",
meint Maria Zuber vom Massachusetts Institute of Technology, die
verantwortliche Wissenschaftlerin für GRAIL. "Unsere beiden robotischen
Zwillinge waren beispielhafte Mitglieder der GRAIL-Familie und die Wissenschaft
hat von ihren Beiträgen enorm profitiert."
Der Berg, auf den die beiden Sonden prallen sollen, befindet sich in der Nähe
des Goldschmidt-Kraters. Die Sonden kreisen in Formation um den Erdtrabanten und
haben mithilfe von Radiosignalen ständig ihren Abstand
voneinander bestimmt. Aus diesen Daten konnten die Wissenschaftler auf das
Schwerefeld des Mondes schließen, da überflogene Massenkonzentrationen auf dem
Mond eine Sonde etwas stärker anziehen als die andere und sich der Abstand
zwischen den beiden Sonden dadurch verändert. Als erstes wird Ebb auf
dem Mond aufschlagen, etwa 20 Sekunden später folgt dann Flow.
Vor dem Ende der Mission haben die Wissenschaftler noch ein letztes Experiment
geplant: Beide Sonden sollen ihren Treibstoff komplett verbrauchen. Mithilfe
dieser Daten hoffen die Ingenieure ihre Vorhersagemodelle über den
Treibstoffverbrauch verbessern zu können. "Sogar in der letzten Hälfte des
letzten Orbits werden wir mit den Sonden ein technisches Experiment durchführen,
das uns helfen kann, künftige Missionen effizienter zu betreiben", so
GRAIL-Projektmanager David Lehman vom Jet Propulsion Laboratory der
NASA.
Da das Kontrollteam die exakte Menge des noch zur Verfügung stehenden
Treibstoffs nicht kennt, haben sie einen Kurs für die Sonden gewählt, auf dem
sie sich dem Mond immer weiter annähern und nahe über der Oberfläche fliegen,
bis sie schließlich auf den ausgewählten Berg prallen. Heute wurden die
Triebwerke der Sonden noch einmal gezündet, um den Kurs für einen Aufprall am
Montagabend entsprechend anzupassen.
"Das ist schon ein einmaliges Ende für eine Mission, das jede Menge an Planung
und Navigation erfordert", so Lehman. "Während der Mission gab es einige
Herausforderungen, die wir zu meistern hatten und wir haben es immer mit
fliegenden Fahnen geschafft. Aber keiner, den ich hier kenne, hat jemals zuvor
eine Sonde in einen Berg auf dem Mond gesteuert. Für uns ist das auf jeden Fall
das erste Mal."
Der Absturzort ist vom Kontrollteam so gewählt worden, dass während des letzten
Orbits keine "historischen" Orte auf dem Mond überflogen werden, um auf jeden
Fall einen Absturz in der Nähe dieser Stellen auszuschließen. Dazu zählen die
Landeplätze der bemannten Apollo-Missionen 11, 12, 14, 16 und 17 sowie
die Landestellen der unbemannten NASA-Surveyor-Missionen sowie der
sowjetischen Luna-Missionen.
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