Neues Instrument nimmt ferne Galaxien ins Visier
von Stefan Deiters astronews.com
12. Dezember 2012
Am Very Large Telescope der ESO auf dem Gipfel des
Paranal in Chile ist jetzt ein neues leistungsfähiges Instrument installiert und
erfolgreich getestet worden. KMOS erlaubt die simultane Beobachtung von 24
Objekten im Infraroten und gleichzeitig die Untersuchung ihrer Struktur. Die
Astronomen hoffen auf neue Daten über das Wachstum und die Entwicklung von
Galaxien im jungen Universum.
Das neue Instrument KMOS (Mitte) zum
Zeitpunkt der ersten Beobachtung, dem sogenannten
"First Light". Bild:
ESO / G. Lombardi [Großansicht] |
Das Very Large Telescope (VLT) der europäischen Südsternwarte ESO
auf dem Gipfel des Paranal in Chile ist um ein leistungsfähiges Instrument
reicher: Der K-band Multi-Object Spectrograph (KMOS) wurde erfolgreich
an einer Teleskopeinheit des VLT installiert und getestet. Das von einem
Konsortium aus britischen und deutschen Instituten in Zusammenarbeit mit der ESO
entwickelte 2,5 Tonnen schwere Instrument wurde in den vergangenen Monaten von
Europa nach Chile gebracht und dort zusammengesetzt und getestet. KMOS gehört
zur zweiten Instrumentengeneration am VLT.
"KMOS erweitert die Instrumente am VLT der ESO um faszinierende neue
Möglichkeiten", so Richard Sharples von der University of Durham, einer
der verantwortlichen Wissenschaftler für KMOS. "Der erfolgreiche Test ist ein
Tribut an die Arbeit eines großen Teams aus Ingenieuren und Wissenschaftlern.
Das Team freut sich nun auf viele neue wissenschaftliche Entdeckung mit KMOS,
sobald die Inbetriebnahme des Instruments vollständig abgeschlossen ist."
Zur Erforschung des Wachstums und der Entwicklung von Galaxien beobachten
Astronomen Systeme in großer Entfernung, die wir dadurch zu einer Zeit sehen, in
der das Universum nur einen Bruchteil seines heutigen Alters hatte. Durch die
Expansion des Weltalls wird aber auch das Licht dieser Galaxien gestreckt und
somit in Richtung des infraroten Wellenlängenbereichs verschoben. Deswegen sind
Infrarotbeobachtungen für Untersuchungen dieser Art von großer Bedeutung.
Außerdem ist es wünschenswert, eine möglichst große Zahl von Objekten
gleichzeitig zu untersuchen und von jedem untersuchten Objekt zudem noch zu
ermitteln, wie sich dessen Eigenschaften in verschiedenen Bereichen
unterscheiden. So lassen sich beispielsweise Informationen über das
Rotationsverhalten oder die Masse eines Objekts gewinnen.
Mit KMOS wird all dies möglich sein - und zwar gleichzeitig. Bislang konnte
man entweder nur viele Objekte beobachten oder aber die Eigenschaften eines
Objektes im Detail untersuchen. Umfangreiche Durchmusterungen nahmen daher oft
mehrere Jahre in Anspruch. Mit KMOS kann diese Arbeit nun in wenigen Monaten
gelingen.
KMOS verfügt über 24 Roboterarme, die so positioniert werden können, dass das
Licht von 24 entfernten Galaxien oder anderen Objekten aufgefangen wird. An
jedem Arm wird zudem ein Raster aus 14 mal 14 Pixeln über das Objekt gelegt. An
jedem der 196 einzelnen Punkte kann nun ein Spektrum dieses Bereichs des
Objektes aufgenommen und von empfindlichen Infrarotdetektoren aufgezeichnet
werden. Für die Infrarotbeobachtungen müssen weite Teile des komplexen
Instruments auf minus 140 Grad Celsius hinuntergekühlt werden.
"Ich erinnere mich noch, dass ich wegen der Komplexität von KMOS vor acht
Jahren, als wir mit dem Projekt begonnen haben, recht skeptisch war", gesteht
Jeff Picard, der bei der ESO verantwortliche Wissenschaftler für KMOS. "Aber
jetzt machen wir damit Beobachtungen und das Instrument funktioniert
hervorragend. Zudem war es ein Vergnügen mit dem KMOS-Team zusammenzuarbeiten.
Sie sind sehr professionell."
KMOS wurde von einem Konsortium aus Instituten in Zusammenarbeit mit der ESO
entwickelt. Beteiligt waren das Centre for Advanced Instrumentation des
Department of Physics der Durham University, die
Universitäts-Sternwarte München, das UK Astronomy Technology Centre der
Science and Technology Facilities Council am Royal Observatory
in Edinburgh, das Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching
und das Sub-Department of Astrophysics der University of Oxford.
"Ich bin begeistert über die fantastischen Möglichkeiten, die uns KMOS für
das Studium entfernter Galaxien bietet", so Ralf Bender von der
Universitäts-Sternwarte München und dem Max-Planck-Institut für
extraterrestrische Physik, der zweite verantwortliche Wissenschaftler für KMOS.
"24 Galaxien gleichzeitig zu beobachten wird Stichproben von Galaxien mit
bislang unerreichter Größe und Qualität erlauben. Die Zusammenarbeit zwischen
den Partnern und der ESO hätte nicht besser funktionieren können und ich bin
allen sehr dankbar, die am Bau von KMOS beteiligt waren."
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