Drehung zur optimalen Sonnenbeobachtung
Redaktion
/ Pressemitteilungen des Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik astronews.com
11. Dezember 2012
In den letzten zehn Tagen kreiste die Internationale
Raumstation ISS in einer leicht veränderten Lage um die Erde. So wurde den
Instrumenten des europäischen Experiments SOLAR ein besserer Blick auf die Sonne
ermöglicht. Es war das erste Mal, dass die Ausrichtung der Raumstation allein
aus wissenschaftlichen Gründen verändert wurde.
Blick auf die Internationale Raumstation ISS.
Das Bild entstand im März 2009.
Foto: NASA |
Um den auf der europäischen Experimentierplattform SOLAR untergebrachten
Instrumenten zur Sonnenforschung einen ununterbrochenen Blick auf unseren
Zentralstern zu ermöglichen, wurde die Internationale Raumstation ISS am 1.
Dezember um sieben Grad gedreht und blieb für zehn Tage in dieser veränderten
Lage. Es war das erste Mal, dass die Ausrichtung der ISS im Raum ausschließlich
aus wissenschaftlichen Gründen geändert wurde.
Die beteiligten Wissenschaftler des Experimentes SOLAR hatten jedoch gute
Gründe, die Kontrollteams um dieses aufwendige Manöver in rund 400 Kilometern
Höhe über der Erde zu bitten: Da die Sonne etwa 25 Tage benötigt, um sich einmal
um die eigene Achse zu drehen, die SOLAR-Experimentiereinheit an Bord der
Internationale Raumstation ISS normalerweise aber nie länger als zwei Wochen am
Stück der Sonne zugewandt sein kann, lässt sich eine vollständige Drehung der
Sonne nur dann von der ISS aus beobachten, wenn man die ganze Raumstation dreht.
Die Messung einer vollständigen Sonnenrotation begann am 19. November 2012.
Am 1. Dezember wurde die gesamte ISS dann innerhalb von rund zwei Stunden um
sieben Grad gedreht. Dies mag auf den ersten Blick wenig erscheinen, ist aber
für die fünf beteiligten Weltraum-Organisationen aus den USA, Russland, Europa,
Japan und Kanada mit einigem Aufwand verbunden. So musste beispielsweise
sichergestellt werden, dass die Kommunikationsantennen und Solarsegel weiterhin
korrekt ausgerichtet sind, damit der Kontakt zur Erde und die Stromversorgung
erhalten bleibt. Rund um die Uhr koordiniert das Kontrollzentrum in Brüssel den
Vorgang. Bis gestern blieb die ISS dann in der veränderten Position.
SOLAR verfügt mit dem Solar Variable and Irradiance Monitor (SOVIM),
dem Instrument SOLar SPECtral Irradiance Measurements (SolSPEC) und dem
SOLar Auto-Calibrating Extreme UV/UV Spectrometers (SolACES) über
insgesamt drei unabhängige Instrumente, die auf der äußeren
Experimentierplattform des europäischen Weltraumlabors Columbus
montiert sind. Sie sollen Daten über die Strahlung der Sonne in bislang
unerreichter Genauigkeit liefern. Die Instrumente wurde im Februar 2008 im All
installiert und waren eigentlich nur für eine 18-monatige Betriebsdauer
ausgelegt. Nun kann SOLAR im kommenden Jahr das fünfjährige Jubiläum feiern.
Das SolACES-System, das vom Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik
(IPM) entwickelt und gebaut wurde, misst die extrem ultraviolette
(EUV)-Strahlung der Sonne, die von der Atmosphäre absorbiert wird und daher
nicht auf der Erde gemessen werden kann. EUV-Strahlung beeinflusst sowohl die
klimatischen Bedingungen auf der Erde als auch Satellitensignale von
Navigationssystemen. Mit dem aufwendigen Experiment werden einzigartige Daten
über die Sonnenstrahlung erfasst, die Aufschluss über den Einfluss der
schwankenden Strahlungsintensität auf der Erde geben sollen. Optik, Mechanik und
Elektronik des kompletten SolACES-Systems wurden von Wissenschaftlern am
Fraunhofer IPM über einen Zeitraum von zehn Jahren aufgebaut.
Die Daten der Experimente werden in der Nähe von München empfangen und an das
in Brüssel angesiedelte Kontrollzentrum B.USOC weitergeleitet. Von hier aus kann
SOLAR gesteuert werden. Am Fraunhofer IPM widmen sich die Wissenschaftler der
Analyse der Daten und hoffen dadurch mehr Licht ins Dunkel der schwankenden
Sonnenenergie bringen zu können.
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