Neue Indizien für Wassereis an den Polen
von Stefan Deiters astronews.com
30. November 2012
Die NASA-Sonde MESSENGER, die seit März des vergangenen
Jahres um den Merkur kreist, hat neue Indizien dafür geliefert, dass es in
permanent schattigen Kratern in der Polarregion des Planeten eine beträchtliche
Menge an gefrorenem Wassereis und von anderen flüchtigen Stoffen gibt.

Die
Nordpolarregion des Merkur in einem Mosaik aus
Aufnahmen der Sonde MESSENGER. Darin in gelb
eingetragen sind die Bereiche, die bei
Radarbeobachtungen besonders hell erschienen.
Bild: NASA / Johns Hopkins University
Applied Physics Laboratory / Carnegie Institution
of Washington / National Astronomy and Ionosphere
Center, Arecibo Observatory [Großansicht] |
"Das Letzte, was man auf einem Planeten in dieser Nähe zur Sonne erwarten würde,
ist vermutlich Wassereis", meint Matthew Siegler vom Jet Propulsion Laboratory
im kalifornischen Pasadena, ein Autor eines der insgesamt drei Fachartikel über
die Resultate,
die gestern in Science Express erschienen sind. "Doch wegen der äußerst geringen
Neigung der Drehachse des Planeten kann es an den Polen Krater geben, die das
ganze Jahr über im Schatten bleiben und in denen es irrwitzig kalt ist."
Darüber, dass es rund um die Pole von Merkur gefrorene flüchtige Stoffe wie
Wassereis geben könnte, wird von Wissenschaftlern bereits seit mehreren
Jahrzehnten spekuliert. 1991 wurden dann mit dem Arecibo-Radioteleskop
Bereiche entdeckt, die auf Radarbildern sehr hell erscheinen und die sich oft genau
an den Stellen befinden, wo bei der Kartierung des Planeten mit der Sonde Mariner 10 in den 1970er Jahren große Einschlagkrater festgestellt worden waren.
Mariner 10 konnte allerdings nur weniger als die Hälfte des Planeten erfassen,
so dass den Wissenschaftlern bislang eine komplette Ansicht der
Planetenoberfläche gefehlt hat, die sie mit den Radarbeobachtungen abgleichen
konnten. Durch neue Bilder der Sonde MErcury Surface, Space ENvironment,
GEochemistry, and Ranging (MESSENGER), die seit März des vergangenen Jahres
um den Planeten kreist, konnten die Forscher aber jetzt bestätigen, dass sich
tatsächlich alle hellen Regionen auf den Radarbildern in schattigen Bereichen
der Planetenoberfläche befinden. Dies stimmt mit der These überein, dass es sich
dabei um Wassereis handelt.
"Diese neuen Daten deuten darauf hin, dass das Wasser in den Polarregionen des
Merkur mehr als drei Kilometer dick wäre, wenn man es auf eine Fläche wie
Washington D. C. verteilen würde", so David Lawrence vom Applied Physics
Laboratory der Johns Hopkins University. MESSENGER verfügt über ein
Neutronenspektrometer, mit dem auch die Konzentration von Wasserstoff in den auf
Radarbildern hellen Bereichen gemessen werden konnte.
Nach Ansicht der Wissenschaftler könnte Eis ein wesentlicher Bestandteil der
Ablagerungen rund um den Nordpol des Planeten sein. Dabei befindet es sich an
den kältesten Stellen direkt an der Oberfläche, in anderen Bereichen, wo es für
die Existenz von Wassereis eigentlich etwas zu warm wäre, liegt es verborgen
unter ungewöhnlich dunklem Material.
"Überall auf Merkur, wo wir glauben, dass es kalt genug für die Existenz von
Wassereis ist, hat MESSENGER helle Ablagerungen entdeckt", so Siegler. "Wo es
etwas zu warm ist und wo Eis nur im Untergrund stabil vorkommen kann, sehen wir
ein dunkles Material, das dunkler ist als alles andere, was wir auf Merkur
gefunden haben."
Bei diesem dunklen Material handelt es sich vermutlich um komplexe organische
Verbindungen, die durch Einschläge von Kometen und Asteroiden auf den Merkur
gelangt sind. Auf diese Weise dürfte auch das Wasser auf den Planeten gekommen
sein, so dass die jetzt vorgestellten Ergebnisse auch Rückschlüsse darüber
zulassen, wie Wasser und andere lebenswichtige Stoffe einst auf die Erde gelangt
sind.
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