Auf den Asteroidengürtel kommt es an
von Stefan Deiters astronews.com
2. November 2012
Planetensysteme, in denen es bewohnte Welten gibt, könnten
relativ selten sein - zumindest wenn eine jetzt vorgestellte Studie zutreffend
ist. Darin wird die Masse des Asteroidengürtels als ein entscheidender Faktor
für die Existenz von Planeten mit Leben in einem System beschrieben. In unserem
Sonnensystem ist diese gerade richtig - dank Jupiter.
In unserem
Sonnensystem könnte der Asteroidengürtel gerade
die richtige Masse haben - dank des Gasriesen
Jupiter.
Bild: NASA / ESA / A. Feild, STScI |
Asteroiden gelten in der Regel nicht unbedingt als förderlich für das Leben auf
einem Planeten: Zahlreiche Katastrophenfilme beschreiben das Ende der
menschlichen Zivilisation durch den Einschlag eines Brockens aus dem All und
viele Hinweise sprechen dafür, dass Einschläge von Asteroiden in der
Vergangenheit für das Aussterben zahlreicher Arten verantwortlich waren.
Trotzdem halten Rebecca Martin von der University of Colorado und
Mario Livio vom Space Telescope Science Institute die Größe und die
Position des Asteroidengürtels für einen wichtigen Faktor, der mit dazu
beigetragen haben könnte, dass sich auf der Erde komplexes Leben überhaupt erst
entwickeln konnte. Sie beschreiben die Ergebnisse ihrer Untersuchung jetzt in
der Fachzeitschrift Monthly Notices of the Royal Astronomical Society.
Bei allem Schaden, die Asteroiden schon auf der Erde angerichtet haben, sollte
man nämlich nicht aus den Augen verlieren, dass sie vermutlich auch mit dafür
verantwortlich waren, dass einige entscheidende Zutaten für Leben überhaupt erst
auf unsere Heimatwelt gelangt sind: Wasser und organische Verbindungen. Zudem
könnten gerade die gelegentlichen Einschläge auf dem Planeten die biologische
Entwicklung so gestört haben, dass das Leben gezwungen war, sich neue Strategien
zu überlegen, um weiter existieren zu können. Dies wiederum dürfte zu einer
größeren biologischen Vielfalt geführt haben, die insgesamt größere
Überlebenschancen hat.
Die Schlussfolgerungen von Martin und Livio basieren auf theoretischen Modellen
und der Auswertung von Beobachtungen von extrasolaren jupiterähnlichen Planeten
und Asteroidengürtel-ähnlichen Scheiben um junge Sterne. "Unsere Untersuchung
hat gezeigt, dass nur ein winziger Bruchteil der bislang beobachteten
Planetensysteme Riesenplaneten an der richtigen Stelle hat, um einen
Asteroidengürtel mit einer Größe entstehen zu lassen, der die Existenz von Leben
auf einem potentiell vorhandenen Gesteinsplaneten in der Nähe ermöglichen
würde", so Martin. "Damit deutet unsere Untersuchung darauf hin, dass unser
Sonnensystem etwas ganz Besonderes sein könnte."
Nach Ansicht der beiden Astronomen ist die Lage eines Asteroidengürtels relativ
zu einem Jupiter-ähnlichen Planeten kein Zufall. In unserem Sonnensystem
befindet sich der Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter und zwar genau in
der Nähe einer als "Schneelinie" bezeichneten Grenze. Sie markiert die
Entfernung vom Zentralstern, ab der flüchtige Stoffe, wie beispielsweise
Wassereis, nicht mehr verdampfen. Als unser Sonnensystem entstand, befand sich
jenseits dieser Schneelinie eine dichte Mischung aus Eis, Gestein und anderen
Elementen, aus denen sich Gasriesen wie Jupiter bilden konnten.
Nachdem Jupiter gerade jenseits der Schneelinie entstanden war, sorgte der
Riesenplanet durch seine Gravitationswirkung dafür, dass sich in einem
bestimmten Bereich innerhalb seiner Umlaufbahn kein weiteres Material zu einem
Planeten zusammenfinden konnte. Der Einfluss von Jupiter sorgte stattdessen
dafür, dass die schon entstandenen Brocken kollidierten und ein Asteroidengürtel
aus vielen Millionen Objekten entstand, die in diesem Bereich um die Sonne
kreisen.
"Um so ideale Bedingungen zu haben, benötigt man einen Gasriesen wie Jupiter,
der sich gerade außerhalb des Asteroidengürtels befindet, dessen Position im
System sich nach seiner Entstehung ein wenig geändert hat und der dabei nicht
durch den Gürtel hindurch gewandert ist", so Livio. "Wenn ein großer Planet wie
Jupiter durch den Gürtel wandert, würde er dessen Material zerstreuen. Wenn er
allerdings gar nicht wandert, wäre das auch nicht gut, da der Asteroidengürtel
dann zu massereich werden würde. Dadurch ergäbe sich ein zu starkes
Bombardement, so dass kein Leben entstehen könnte."
Wissenschaftler gehen davon aus, dass bei der Entstehung des Sonnensystem in der
Region des Asteroidengürtels tatsächlich ausreichend Material vorhanden war, um
daraus eine weitere Erde bilden zu können. Da Jupiter aber nach seiner
Entstehung ein wenig Richtung Sonne gewandert ist, wurden zahlreiche Brocken aus
diesem Bereich abgelenkt. Heute hat der Asteroidengürtel weniger als ein Prozent
seiner ursprünglichen Masse.
Ausgehend von unserem Sonnensystem stellten Martin und Livio die Vermutung auf,
dass sich Asteroidengürtel immer ungefähr in der Nähe der Schneelinie befinden.
Sie überprüften diese Hypothese mit Modellrechnungen und Infrarotbeobachtungen
von 90 Sternen, um die man warmen Staub festgestellt hatte, der als Hinweis auf
das Vorhandensein eines Asteroidengürtels gilt. "Der warme Staub befand sich
genau dort, wo wir die Schneelinie berechnet hatten, damit stimmen die
Beobachtungen mit unserer Vermutung überein", so Martin.
Die beiden Astronomen schauten sich dann die Daten von 520 Riesenplaneten an,
die man außerhalb unseres Sonnensystems gefunden hatte. Nur 19 von ihnen lagen
außerhalb der Schneelinie. Die Gasriesen dürften also nach ihrer Entstehung zu
weit nach innen gewandert sein, so dass sich kein Asteroidengürtel bilden
konnte, der die Entstehung von Leben auf einem erdähnlichen Planeten in der Nähe
hätte fördern können.
Weniger als vier Prozent der beobachteten Systeme könnten somit über einen
solche kompakten Asteroidengürtel verfügen, wie wir ihn in unserem Sonnensystem
vorfinden. "Wenn man von unserem Szenario ausgeht", so die Schlussfolgerung von
Livio, "wäre es sinnvoll, die Suche nach komplexerem Leben auf Systeme zu
konzentrieren, in denen es Gasriesen jenseits der Schneelinie gibt."
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