Der Klang der Saturnringe
Redaktion
/ Pressemitteilung der Ruhr-Universität Bochum astronews.com
22. Oktober 2012
In staubigen Plasmen spielen sich mitunter erstaunliche
Dinge ab: Dank ihrer sehr speziellen Eigenschaften können sich in ihnen spontan
Schallwellen ausbreiten. Zwei Physiker der Ruhr-Universität Bochum haben nun ein
Modell entwickelt, das die Entstehung bestimmter Schallwellen erklärt. Staubige
Plasmen kommen beispielsweise auch in den Saturnringen vor.
Staubige Plasmen findet man im Weltall an ganz verschiedenen Orten: Sie
kommen unter anderem in den Saturnringen vor. Aufgrund ihrer speziellen
Eigenschaften können sich in ihnen spontan Schallwellen ausbreiten, so wie in
der Luft. Prof. Dr. Dr. h.c. Padma Kant Shukla und Dr. Bengt Eliasson von der
Ruhr-Universität Bochum (RUB) haben nun ein Modell entwickelt, das erklären
kann, wie nichtlineare Schallwellen in staubigen Plasmen entstehen. Die
Wissenschaftler berichteten darüber in einem Fachartikel in der Zeitschrift
Physical Review E.
Staubige Plasmen bestehen üblicherweise aus Elektronen, positiv geladenen
Ionen, neutralen Atomen und Staubkörnchen, die negativ oder positiv geladen
sind. Nur in Plasmen mit solchen Staubkörnern können Schallwellen entstehen -
die sogenannten Staub-Schallwellen. Die Trägheit der massereichen Staubkörner
ist für ihre Entstehung entscheidend. Der Druck der heißen Elektronen und Ionen
des Plasmas liefert die Rückstellkraft, die die Plasmateilchen in Schwingungen
versetzt und dafür sorgt, dass sich die Schallwelle ausbreitet.
In mehreren Experimenten wurden in letzter Zeit das Vorkommen von
nichtlinearen akustischen Wellen mit extrem großen Amplituden in staubigen
Plasmen nachgewiesen. Es handelte sich dabei um einzelne akustische Pulse und
Stoßwellen. Die neue Theorie von Shukla und Eliasson beschreibt, unter welchen
Umständen nichtlineare Stoßwellen und Pulse in staubigen Plasmen auftreten.
Entscheidend ist, dass Staub-Schallwellen mit großen Amplituden miteinander
interagieren. Dabei entstehen neue Wellen mit neuen Frequenzen. Durch die
Entstehung von Harmonischen, also Wellen mit Frequenzen, die ein ganzzahliges
Vielfaches der Ausgangsfrequenz sind, und durch konstruktive Interferenz können
sich die Wellen zu einzelnen Pulsen ("Spikes") entwickeln oder aber zu
Stoßwellen.
Die Einzelpulse treten auf, wenn Nichtlinearitäten bei der Entstehung der
Harmonischen mit der Zerstreuung der Welle im Lauf der Zeit zusammenspielen.
Stoßwellen bilden sich hingegen, wenn die Zähflüssigkeit des Staubs stärker ist
als die Zerstreuung der Welle. Das passiert bei hohen Staubdichten, wenn die
Staubpartikel so nah zusammenkommen, dass sie interagieren und mit
Nachbarpartikeln kollidieren.
Die neue Shukla-Eliasson-Theorie erklärt die Beobachtungen aus Experimenten
von drei verschiedenen Arbeitsgruppen in den USA, in Taiwan und in Indien. Die
Forscher hatten die Existenz von Einzelpulsen und Stoßwellen mit großen
Amplituden bei Entladungen von Tieftemperaturplasmen beschrieben. Mit dem neuen
Modell lässt sich nun aus der Weite der Stoßwellen die Zähflüssigkeit des
Staubes bestimmen. "Unsere Ergebnisse sind auch wichtig, um den möglichen
Mechanismus zu verstehen, der der Clusterbildung von Staubkörnern in Planeten
und Regionen sich bildender Sterne zugrunde liegt", so Shukla.
Die Existenz von Schallwellen in staubigen Plasmen wurde von Shukla bereits
vor über zwei Jahrzehnten theoretisch vorhergesagt. Viele Laborexperimente haben
dies seitdem bestätigt. Die Entdeckung der Schallwellen hat die Plasmaphysik
verändert und ein neues interdisziplinäres Forschungsfeld eröffnet, das
Astrophysik und die Physik der kondensierten Materie verbindet.
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