Jubiläum der verhinderten Sterne
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Astronomie astronews.com
19. Oktober 2012
50 Jahre ist es her, seit die Existenz Brauner Zwerge
theoretisch vorhergesagt wurde. Entdeckt hat man diese exotischen Objekte
allerdings erst rund drei Jahrzehnte später. Anlässlich des runden Jubiläums
treffen sich nun Beobachter und Theoretiker zu einer internationalen Tagung auf
Schloss Ringberg. Gesprächsstoff dürfte es genug geben, sind doch viele Fragen
rund um die Braunen Zwerge noch ungeklärt.
Künstlerische Darstellung eines von einer
Scheibe umgebenen jungen Braunen Zwergs, der
gebündelte Jets ins All abstößt - ähnlich wie
neugeborene Sterne.
Bild: Axel M. Quetz, MPIA / DSS-2
(Hintergrund) |
Braune Zwerge werden oft als verhinderte Sterne bezeichnet, da sie zu
kühl und zu massearm sind, um mittels Kernfusion wie die Sonne oder andere
Sterne zu leuchten. Auf der anderen Seite haben sie auch Eigenschaften ähnlich
denen von Riesenplaneten, etwa relativ kühle Atmosphären, in denen sich Wolken
bilden können. Deshalb stellt ihre Erforschung einen Schlüssel zum Verständnis
sowohl der Entstehung und Entwicklung von Planeten dar als auch der von
massearmen Sternen.
Die Existenz von Objekten, die im Gegensatz zu Sternen nicht genügend innere
Energiequellen haben, um lange gleichbleibend zu leuchten, wurde bereits 1962
von Shiv Kumar vorhergesagt. Den Begriff "Brauner Zwerg" führte 1975 Jill Tarter
ein, die jetzt am SETI Institute forscht. Dabei sind Braune Zwerge
nicht wirklich braun, sondern eher rot oder magentafarben. Die leuchtschwachen
Objekte strahlen daher auch überwiegend im Infrarotlicht.
Das erklärt auch, warum es erst rund 30 Jahre nach der theoretischen
Vorhersage gelungen ist, tatsächlich einen Braunen Zwerg aufzuspüren: Es
bedurfte zunächst gewaltiger technischer Fortschritte, insbesondere bei der
Entwicklung von Infrarotdetektoren. Einer der ersten Braunen Zwerge, Teide 1,
tauchte 1994 als ungewöhnlich rotes Objekt in der Kamera von Rafael Rebolo vom
Instituto de Astrofísica de Canarias auf und wurde von Gibor Basri als
junger Brauner Zwerg bestätigt.
Ein noch kühleres Objekt fanden im gleichen Jahr Ben Oppenheimer und Tadashi
Nakajima mit dem Hubble-Weltraumteleskop. Bei dem Begleiter des Sterns
Gl229 konnten sie sogar Methan in der Atmosphäre nachweisen. Die Wolken die sich
in den kühlen Atmosphären Brauner Zwerge bilden, können, anders als auf der
Erde, statt aus Wasser beispielsweise auch aus Eisen bestehen, wie aktuelle
Modellrechnungen zeigen. Inzwischen wurden sogar Braune Zwerge mit einer
Temperatur von nur rund 300 Kelvin entdeckt und damit die kühlsten, sich frei
bewegenden bekannten Himmelsobjekte.
Bislang nicht sicher geklärt ist die Entstehung Brauner Zwerge: Zwar ist eine
sternähnliche Entstehung durch einen Schwerkraftkollaps von Gas- und Staubwolken
wegen der geringen Masse nicht einfach zu erklären, wird von manchen Forschern
jedoch trotzdem für möglich gehalten. Eines von vielen anderen Szenarien ist das
Herausschleudern von "stellaren Embryos" aus der Entstehungswolke, bevor sie zu
fertigen Sternen heranwachsen können.
"Einige Beobachtungen weisen aber tatsächlich auf eine sternähnliche
Entstehung hin. So entdeckte man Braune Zwerge, die in Isolation entstanden
sind, sowie Doppel-Braune Zwerge mit weiten Abständen - beides Fälle, die nicht
auf starke dynamische Wechselwirkungen hindeuten. Auch fand man von Scheiben
umgebene junge Braune Zwerge, die Jet-Ströme herausschleudern - ähnlich wie bei
neugeborenen Sternen", so Viki Joergens und Thomas Henning vom
Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg (MPIA). Ihrem Team gelang in
diesem Jahr erstmals die Beobachtung dieser Scheiben bei
Submillimeterwellenlängen mit dem Herschel-Weltraumteleskop sowie der
Nachweis von herausgeschleuderten Gasströmen mit dem Very Large Telescope
der ESO. Auch im Millimeterbereich wurden die Scheiben durch ein Team um
Leonardi Testi mit dem Radioteleskop-Verbund ALMA gesehen.
Die von Joergens und Henning organisierte Tagung unter dem Titel "50 Years of
Brown Dwarfs" soll in der kommenden Woche einen regen Austausch zwischen
Beobachtern und Theoretikern ermöglichen und viele der weltweit renommiertesten
Fachleute auf diesem Gebiet zusammenführen. Auf Schloss Ringberg am Tegernsee
werden neben Shiv Kumar auch die Entdecker der ersten Braunen Zwerge, Ben
Oppenheimer, Rafael Rebolo und Gibor Basri, erwartet.
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