Die Entwicklung der Galaxien auf einen Blick
von Stefan Deiters astronews.com
27. September 2012
Deep-Field-Aufnahmen, also extrem lange Blicke auf
einen winzigen Fleck am Himmel, erfreuen sich seit einigen Jahren großer
Beliebtheit, werden doch dabei in einer scheinbar leeren Region Tausende
lichtschwache und entfernte Galaxien sichtbar. Jetzt haben Astronomen von NASA
und ESA das eXtreme Deep Field veröffentlicht - Hubbles
bislang tiefsten Blick ins All.

Im eXtreme Deep Field sind rund 5.500
Galaxien zu erkennen.
Bild: NASA, ESA, G. Illingworth, D. Magee und P. Oesch (University of California, Santa
Cruz), R. Bouwens (Leiden University) und das
HUDF09 Team [Großansicht] |
Das gestern präsentierte eXtreme Deep Field, kurz XDF, stellt eine weitere Verbesserung des
Hubble Ultra Deep Field dar, das 2004 veröffentlicht wurde (astronews.com
berichtete). Die Astronomen haben dazu Aufnahmen zusammengestellt, die in den vergangenen zehn Jahren mit dem Weltraumteleskop
Hubble im Bereich des Ultra Deep Field (UDF) gemacht wurden. Das XDF zeigt einen Bereich am Himmel, der nur einen
kleinen Bruchteil des Durchmessers des Vollmonds ausmacht.
Das Hubble Ultra Deep Field liegt im Sternbild Chemischer Ofen (Fornax) und wurde aus
Hubble-Beobachtungen dieser Region über mehr als eine Millionen Sekunden in den Jahren 2003 und 2004 erstellt. Auf der Aufnahme waren Tausende nahe und entfernte Galaxien zu sehen und sie stellte
zum Zeitpunkt der Veröffentlichung den bislang tiefsten Blick ins All dar.
Das neue XDF ist nun, dank der zusätzlichen Beobachtungen, noch wesentlich empfindlicher als das ursprüngliche UDF. Obwohl es einen deutlich kleineren Bereich am Himmel abdeckt, sind auch hier rund 5.500 Galaxien zu
erkennen. Die lichtschwächsten Galaxien haben nur etwa ein Zehnmilliardstel der Helligkeit, die noch mit bloßem Auge zu erkennen wäre.
Die Galaxien im XDF sind äußerst vielfältig: So finden sich hier eindrucksvolle Spiralgalaxien ähnlich unserer Milchstraße, aber auch große rötliche Galaxien, in denen kaum noch neue Sterne entstehen.
Überall auf dem Bild sind zudem winzige und lichtschwache Galaxien auszumachen, die noch deutlich weiter entfernt sind. Dabei dürfte es sich um die Grundbausteine der Galaxien handeln, die wir heute in unserer näheren Umgebung beobachten können. So lässt sich auf der Aufnahme die Entwicklungsgeschichte von Galaxien seit der Anfangsphase des Universums verfolgen.
Für das neue Bild wurden mehr als 2.000 Aufnahmen kombiniert, die das Weltraumteleskop
Hubble in den vergangenen zehn Jahren von dieser Region gemacht hat. Die gesamte Beobachtungszeit für die Aufnahme betrug rund zwei Millionen Sekunden, also etwa 23 Tage. Da
Hubble nur jeweils rund 45 Minuten während einer 97-minütigen Umrundung der Erde beobachten kann, machen die Beobachtungen für das XDF insgesamt rund 50 Tage Beobachtungszeit mit dem Teleskop aus.
"Das XDF ist das tiefste Bild des Himmels, das je gemacht wurde", so Garth Illingworth von der
University of California in Santa Cruz, der leitende Wissenschaftler für das
"Hubble Ultra Deep Field 2009"-Programm (HUDF09). "Es zeigt einige der
lichtschwächsten und entferntesten Galaxie, die bislang beobachtet wurden. Mit
XDF können wir weiter zurück in die Zeit schauen, als jemals zuvor."
Das Universum hat ein Alter von 13,7 Milliarden Jahren. Auf der XDF-Aufnahme sind noch Galaxien zu erkennen, die soweit von uns entfernt sind, dass ihr Licht
rund 13,2 Milliarden Jahre benötigte,
um uns zu erreichen. Die entfernteste Galaxie im XDF muss bereits existiert haben,
als das All nur 450 Millionen Jahre alt war.
Vor dem Start von Hubble waren Astronomen auf das Studium von Galaxien
beschränkt, deren Licht etwa sieben Milliarden Jahre benötigt hat, um zur Erde
zu gelangen. Sie hatten damit nur etwa die Hälfte der Geschichte des Universums
im Blick. Dank Hubble und auch dank weiterer Weltraumteleskope, die in anderen
Wellenlängenbereichen ähnliche "Deep Field"-Beobachtungen machen, können die
Wissenschaftler inzwischen die Entwicklung von Galaxien nahezu von Beginn an
studieren und beispielsweise untersuchen, wie aus vielen kleinen Systeme durch
wiederholte Kollisionen und Verschmelzungen immer größere Galaxien wurden.
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