Studentenexperimente über Nordschweden
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
26. September 2012
Zu Beginn der Woche starteten vom schwedischen
Raumfahrtzentrum Esrange aus gleich zwei BEXUS-Ballons des Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt
und der Schwedischen Raumfahrtbehörde SNSB. Sie brachten mehrere
Studentenexperimente in die Stratosphäre, mit denen unter anderem die kosmische
Strahlung untersucht werden sollte.
Start von BEXUS
14 am Montag.
Foto: DLR |
Der Forschungsballon BEXUS 15 hob am 25. September 2012
um 12.18 Uhr MESZ vom schwedischen Raumfahrtzentrum Esrange zu seinem
mehrstündigen Flug in die Stratosphäre ab. Bereits am Tag zuvor war der
Schwesterballon BEXUS 14 erfolgreich gestartet. An Bord der beiden
gemeinsamen Missionen des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) und
der Schwedischen Raumfahrtbehörde SNSB befanden sich sechs wissenschaftliche
Experimente, die Studentengruppen aus Deutschland, Ungarn und Italien, sowie ein
französisch-japanisches Team entworfen und gebaut haben.
Wie viel Licht an der Oberfläche von Materie reflektiert wird oder durch sie
hindurchläuft, hängt sowohl von ihrer Beschaffenheit als auch von der
Wellenlänge des Lichts ab. Diese Eigenschaft wird zum Beispiel genutzt, um mit
Hilfe einer Sonnenbrille das schädliche UV-Licht aus den Sonnenstrahlen zu
filtern. Ein Team von Studenten der Universität Oldenburg und der Technischen
Fachhochschule Bochum untersucht in seinem SolSpecTre-Experiment (Measurement
of Solar Spectrum), wie sich das Spektrum des Sonnenlichts verändert, wenn
mit zunehmender Höhe des Ballons die Luft dünner wird. Sie erwarten, dass die
UV- und nahe Infrarotstrahlung im Verhältnis zum sichtbaren Licht ansteigt, wenn
der Gehalt an Sauerstoff, Stickstoff und anderen Gasen sowie der Wassergehalt
und damit auch die gasspezifische Absorption abnehmen.
Zur Messung verwenden sie ein Spektrometer. Damit genügend Sonnenstrahlung in
dessen kleine Messöffnung fallen kann, hat das Team darüber einen nach außen
gewölbten Spiegel angebracht, der dem Spektrometer einen "Rundum-Panoramablick"
ermöglicht. "Es ist faszinierend, wie innerhalb eines Jahres aus einer einfachen
Idee ein vollwertiges Experiment entstanden ist", freut sich Thomas Albin, der
Leiter des Studententeams.
Mit der Wirkung von Weltraumstrahlung beschäftigt sich das Experiment
BioDos von Studenten der Budapest University of Technology and
Economics. Mit biologischen UV-Dosimetern möchte das Team in Abhängigkeit
von der Ballonhöhe die biologisch effektive UV-Strahlungsdosis bestimmen, bei
der eine Schädigung des in den Dosimetern enthaltenen biologischen Materials
eintritt.
Das Experiment AMES (Atmospheric Magnetical and Electrical field Sensors)
wird von französischen Studenten des Gustave Eiffel College und der
Universität Paris zusammen mit japanischen Studenten der Partneruniversität in
Gakugei durchgeführt. Sie wollen während der gesamten Flugzeit die Stärke des
elektrischen sowie des magnetischen Feldes vom Erdboden bis in die Stratosphäre
messen. Beide Datenreihen sollen anschließend in Relation zueinander gesetzt
werden.
MISSUS (Meteorological Integrated Sensor Suite for Stratospheric analysis),
das Experiment der italienischen Studenten der Universität Padua, umfasst ein
ganzes Paket von Sensoren. Mit ihnen misst das Team die wichtigsten
meteorologischen Daten Temperatur, Druck und Feuchte und bestimmt außerdem die
Lage der Ballongondel sowie deren genauen Flugweg. Mit den Daten soll das
theoretische Atmosphärenmodell der Wissenschaft in der Realität überprüft
werden.
Bereits einen Tag vorher, am 24. September 2012, war der Forschungsballon
BEXUS 14 mit zwei studentischen Experimenten an Bord gestartet. Mit ihnen
wollen die Studenten verschiedene Anteile der Weltraumstrahlung erforschen.
Studenten der Universität Kiel messen mit ihrem Experiment MONSTA (Measurement
Of Neutrons with Scintillators in The Atmosphere) die Veränderungen der
Neutronen- und Gammastrahlenflüsse, die beim Zusammenstoß hochenergetischer
kosmischer Teilchen mit den Molekülen und Atomen der Atmosphäre entstehen. Die
Höhenabhängigkeit dieser Teilchenflüsse sowie die daraus resultierende Dosis
sollen bestimmt werden. "Auf BEXUS können wir diese Messungen in internationaler
Kooperation durchführen. Das ist eine tolle Gelegenheit für uns", sagt Enno
Scharrenberg, der Leiter des Teams.
In derselben Ballongondel hat ein Studententeam mehrerer ungarischer
Universitäten gleich ein ganzes Sortiment an unterschiedlichen
Strahlenmessgeräten (Dosimetern) zur modernen Experimentplattform TECHDOSE (Technology
Platform for Advanced Cosmic Radiation and Dosimetric Measurements)
integriert. Sie wollen damit ein möglichst vollständiges Spektrum von Strahlen
in Abhängigkeit von der Sonnenaktivität untersuchen. Vergleichsdaten für die
Ergebnisse liefert das Experiment eines anderen Teams, CoCoRAD, das auf
BEXUS 12 mitgeflogen war.
Nach BEXUS 14 und 15 startet heute, am 26. September 2012,
ein Wetterballon mit einem weiteren Experiment der aktuellen Kampagne. Er trägt
den Flugkörper des VEXREDUS (Vehicle Extended Reentry Duration - University
Stuttgart) Studententeams der Universität Stuttgart und der schwedischen
Universität Luleå in eine Höhe von etwa zehn Kilometern. Dort wird der Gleiter,
der mit seiner übergangslosen Flügel-Rumpfverbindung unkonventionell geformt
ist, ausgeklinkt und kehrt selbständig via Autopilot zu einem vorher
festgelegten Landeplatz zurück. Die Studenten testen dabei das Flugverhalten des
Geräts in dünner Atmosphäre. Eine hochauflösende Videokamera an Bord
dokumentiert den Flug.
Das deutsch-schwedische Programm REXUS/BEXUS
(Raketen-/Ballon-Experimente für Universitäts-Studenten) ermöglicht Studenten,
eigene praktische Erfahrungen bei der Vorbereitung und Durchführung von
Raumfahrtprojekten zu gewinnen. Die diesjährigen Ausschreibungen des DLR
Raumfahrtmanagements sowie der schwedischen Raumfahrtbehörde SNSB (Swedish
National Space Board) zu neuen Experimentvorschlägen für BEXUS 16
und 17 im Herbst 2013 sowie REXUS 15 und 16 im
Frühjahr 2014 laufen bereits. Die Bewerbungen können bis 22. Oktober 2012
eingereicht werden (astronews.com berichtete).
Jeweils die Hälfte der Raketen- und Ballon-Nutzlasten steht für Experimente
von Studenten deutscher Universitäten und Hochschulen zur Verfügung. Die
schwedische Raumfahrtagentur SNSB hat ihren Anteil auch für Studenten der
übrigen ESA-Mitgliedsstaaten geöffnet. Die Flugkampagnen werden von
EuroLaunch, einem Joint Venture der Mobilen Raketenbasis des DLR (MoRaBa)
und dem Esrange Space Center des schwedischen Raumfahrtunternehmens
SSC, durchgeführt. Die deutschen Studententeams erhalten technische und
logistische Unterstützung durch das DLR.
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