Unzählige Quasare und mysteriöse hot DOGs
von Stefan Deiters astronews.com
30. August 2012
Bei der Auswertung der Daten des Wide-field Infrared
Survey Explorer (WISE) sind Astronomen auf über eine Million bislang
unbekannte supermassereiche Schwarze Löcher gestoßen und zudem auf rund 1.000
ungewöhnliche Galaxien, die sie hot DOGs genannt haben. Dabei handelt
sich um extrem helle Systeme, die jedoch durch Staub fast vollständig verborgen
sind.

Mit dem Wide-field Infrared Survey Explorer
WISE wurden über eine Million bislang unbekannte
supermassereiche Schwarze Löcher in den Zentren
von Galaxien entdeckt.
Bild: NASA / JPL-Caltech / UCLA [Großansicht] |
"WISE hat uns einen ganzen Zoo von versteckten Objekten enthüllt", so Hashima
Hasan, WISE-Programmwissenschaftlerin am NASA-Hauptquartier in Washington. "Wir
haben einen Asteroiden entdeckt, der auf seinem Orbit vor der Erde herumtanzt,
die kältesten bislang bekannten sternenähnlichen Objekte und nun
supermassereiche Schwarze Löcher und Galaxien, die sich hinter einem Schleier
aus Staub verbergen."
Das Infrarot-Weltraumteleskop Wide-field Infrared Survey Explorer
(WISE) hat im Laufe des Jahres 2010 den gesamten Himmel im Infraroten zweimal
erfasst und in dieser Zeit Millionen von Bildern aufgenommen, die allen
Astronomen zur Auswertung zur Verfügung stehen (astronews.com
berichtete).
Die gestern vorgestellten Resultate einer solchen Analyse könnten den
Wissenschaftlern neue Informationen über die Entwicklung von supermassereichen
Schwarzen Löchern in den Zentren von Galaxien liefern und auch darüber, wie sich
diese gemeinsam mit ihren Wirtsgalaxien entwickeln.
Die Aktivität eines supermassereichen Schwarzen Lochs kann nämlich die
Entwicklung in der das Schwarze Loch umgebenden Galaxie entscheidend
beeinflussen und eventuell sogar die Sternentstehungsaktivität in der Galaxie
zum Erliegen bringen. Von einem aktiven Schwarzen Loch spricht man, wenn die
Schwerkraftfalle gerade große Mengen an Material verschlingt. Dieses heizt sich
vor dem Sturz in das Schwarze Loch auf extreme Temperaturen auf und sendet eine
intensive Strahlung aus.
In einer Untersuchung haben Astronomen rund 2,5 Millionen solcher aktiven
supermassereichen Schwarze Löcher in den WISE-Daten aufgespürt. Sie sind teils
so weit von uns entfernt, dass ihr Licht rund 10 Milliarden Jahre gebraucht hat,
um uns zu erreichen. Rund zwei Drittel dieser Objekte waren den Astronomen
bislang unbekannt, da ihre Strahlung im sichtbaren Bereich des Lichts von
dichten Staubwolken verschluckt wird. Ihre Strahlung heizt allerdings diese
Staubwolken auf, so dass sie von WISE im Infraroten detektiert werden können.
"Wir haben die Schwarzen Löcher in die Ecke gedrängt", freut sich Daniel
Stern vom Jet Propulsion Laboratory der NASA, der Hauptautor der Studie
über die Schwarzen Löcher ist. Er ist gleichzeitig Projektwissenschaftler der
neuen NASA-Mission Nuclear Spectroscopic Telescope Array (NuSTAR), die
im Juni gestartet wurde und speziell Schwarze Löcher untersuchen soll (astronews.com
berichtete). "WISE findet sie überall am Himmel und mit NuSTAR können wir
sie dann erstmals im hochenergetischen Röntgenbereich beobachten und
herausfinden, wie sie wachsen."
In zwei anderen, auch gestern vorgestellten Studien berichten Astronomen von
der Entdeckung von bislang etwa 1.000 Objekten, die wohl zu den hellsten
Galaxien überhaupt zählen dürften. Ihre Leuchtkraft ist mehr als 100 Billionen
Mal höher als die unserer Sonne, sie sind allerdings so sehr von Staub
eingehüllt, dass sie sich nur in den längsten Infrarotwellenlängen von WISE
beobachten lassen.
Untersuchungen mit dem Infrarot-Weltraumteleskop Spitzer haben
gezeigt, dass diese weit entfernten Objekte nicht nur über ein aktives
supermassereiches Schwarzes Loch in ihrem Zentrum verfügen, sondern dass in
ihnen auch unzählige neue Sterne entstehen. Die Astronomen bezeichnen diese
Galaxien als hot dust-obscured galaxies, also heiße, von Staub
verdeckte Galaxien - kurz "hot DOGs".
Inzwischen haben die Astronomen weitere Beobachtungen mit mehreren optischen
Teleskopen von der Erde und auch im Submillimeter-Bereich gemacht. Die hot
DOGs scheinen danach tatsächlich mehr als doppelt so heiß wie andere
Galaxien zu sein, die auch sehr hell im Infraroten leuchten. Nach Ansicht der
Wissenschaftler könnte es sich bei diesen Objekten um Galaxien handeln, die sich
in einer bislang unbekannten und nur sehr kurzen Phase der Galaxienentwicklung
befinden.
Die neuen Ergebnisse sind in insgesamt drei Fachartikeln beschrieben, die
alle im Astrophysical Journal erscheinen.
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