Zuckermoleküle um junges Sternsystem
von Stefan Deiters astronews.com
29. August 2012
Mit Hilfe des Atacama Large Millimeter/submillimeter
Array (ALMA) haben Astronomen Zuckermoleküle im Gas um ein junges
Doppelsternsystem aufgespürt. Der Fund würde zeigen, so die Forscher, dass sich
wichtige Bausteine für Leben auch an anderen Stellen im All genau an jenen Orten
finden lassen, wo gerade Planeten entstehen.

Die Sternentstehungsregion Rho Ophiuchi in
einer Aufnahme des Infrarotteleskops WISE. IRAS
16293-2422 ist als roter Punkt in der Mitte des
Kastens links zu sehen.
Bild: ALMA (ESO / NAOJ / NRAO) /L.
Calçada (ESO) & NASA/JPL-Caltech / WISE Team [Großansicht] |
Der Fund gelang den Wissenschaftlern im Gas um den jungen Doppelstern IRAS
16293-2422, der etwa 400 Lichtjahre von der Erde entfernt ist. Mit Hilfe des
Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) entdeckten sie hier die
typische Signatur von Glycolaldehyd-Molekülen, einer einfachen Form von Zucker.
Es ist nicht das erste Mal, dass Moleküle dieser Art im All entdeckt wurden (astronews.com
berichtete), allerdings waren diese für uns bekanntes Leben wichtigen
Grundbausteine noch nie in dieser Nähe zu einem jungen, sonnenähnlichen Stern
nachgewiesen worden.
"In der Scheibe aus Gas und Staub um diesen gerade neu entstandenen Stern
haben wir Glycolaldehyd entdeckt, also eine einfache Form von Zucker, die sich
nicht sehr von dem Zucker unterscheidet, den wir in unseren Kaffee tun",
erläutert Jes Jørgensen vom Niels Bohr Institute der Universität in
Kopenhagen, der auch Erstautor eines Fachartikels über die Entdeckung in den
Astrophysical Journal Letters ist. "Dieses Molekül ist einer der Zutaten,
die man für die RNA benötigt, bei der es sich - wie bei der verwandten DNA - um
einen der Grundbausteine des Lebens handelt."
Der Fund gelang den Astronomen nur dank der hohen Empfindlichkeit von ALMA,
einer gerade im Aufbau befindlichen Anordnung von Radioantennen in der
chilenischen Atacama-Wüste. Die Beobachtungen wurden während der
wissenschaftlichen Verifikationsphase von ALMA mit nur einem Teil der Antennen
gemacht. Bis zum kommenden Jahr soll ALMA insgesamt 66 Antennen umfassen.
"Das wirklich Faszinierende an dieser Entdeckung mit ALMA ist, dass die
Beobachtungen zeigen, dass die Zuckermoleküle sich in Richtung eines der Sterne
des Systems bewegen", so Cécile Favre von der Universität im dänischen Aarhus.
"Die Moleküle sind also nicht nur am richtigen Ort, um den Weg zu einem Planeten
zu finden, sondern sie bewegen sich sogar in die richtige Richtung."
In den Gas- und Staubwolken aus denen sich neue Sterne bilden, ist es in der
Regel so kalt, dass die meisten Gase hier nur in Form von Eis vorkommen, sich an
Staubpartikeln absetzen und sich zu komplexeren Molekülen verbinden. Ist aber
ein Stern im Zentrum der Gaswolke entstanden, heizt er seine Umgebung auf und
die komplexen Moleküle verdampfen zu Gas, das dann eine charakteristische
Strahlung im Radiobereich ausstrahlt, die von ALMA aufgefangen werden kann.
"Die entscheidende Frage ist, wie groß Moleküle werden können, bevor sie in
neue Planeten eingebaut werden", fasst Jørgensen die Bedeutung der
Entdeckung zusammen. "Dies könnte uns nämlich etwas über die Möglichkeit der
Entstehung von Leben an anderen Orten verraten und die Beobachtungen mit ALMA
werden für die Beantwortung dieser Frage eine entscheidende Rolle spielen."
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