Die Bindungsenergie von Calcium-Isotopen
Redaktion
/ Pressemitteilung der Technischen Universität Darmstadt astronews.com
17. August 2012
Ein internationales Team von Physikern, darunter
Wissenschaftler aus Darmstadt, hat mit hochpräzisen Messungen anhand besonders
neutronenreicher Calcium-Isotope die Theorie der Kernkräfte erfolgreich
getestet. Die Erkenntnisse könnten helfen, die Entstehung von Elementen im
Universum und die Physik von Neutronensternen besser zu verstehen.
Im Krebsnebel
verbirgt sich ein Pulsar, also ein rotierender
Neutronenstern.
Bild: ESO |
Laut Einsteins berühmter Formel E=mc2 ist die Masse eines
Teilchens mit seiner Energie verknüpft. Daher bestimmen Physiker mit der Masse
gleichzeitig die Energie, mit denen Neutronen und Protonen im Atomkern
zusammengehalten werden, also die Kern-Bindungsenergie. Die Gruppe um Professor
Achim Schwenk und Dr. Javier Menendez von der Technischen Universität Darmstadt
hatte theoretische Vorhersagen erarbeitet, nach denen Calcium-51 und Calcium-52
eine höhere Bindungsenergie aufweisen müssten, als es aufgrund aktueller
Massentabellen zu erwarten wäre. Sie berücksichtigten dabei zum ersten Mal
Dreiteilchenkräfte, die zwischen jeweils drei Neutronen oder Protonen wirken.
Neutronen-Trios treten in den neutronenreichen Calcium-Isotopen häufiger auf als
etwa im sehr stabilen Isotop Calcium-40 und erklären so die relativ hohe
Bindungsenergie.
Hochpräzise Massenmessungen der neutronenreichen Isotope Calcium-51 und
Calcium-52 am Forschungszentrum TRIUMF im kanadischen Vancouver, bestätigten nun
die Vermutungen der Darmstädter Physiker. Die Messgenauigkeit, die bei solchen
Präzisionsmessungen erreicht werden kann, entspricht der Masse einer Büroklammer
verglichen mit der eines Jumbojets. Diese Genauigkeit gelang mit Hilfe der so
genannten TITAN-Ionenfalle, die geladene Teilchen aufgrund ihrer Bewegung in
magnetischen und elektrischen Feldern wiegt.
Das Ergebnis: Für beide Calcium-Isotope ergab sich – wie von den Physikern
vorhergesagt - eine erheblich größere Bindungsenergie, als man aufgrund der
Massentabellen erwarten konnte. Statt 20 Neutronen – wie das sehr stabile und
häufigste Isotop Calcium-40 - hat Calcium-52 32 Neutronen. "Unsere theoretischen
Vorhersagen stimmen hervorragend mit den präzisen Massenmessungen überein",
freut sich Schwenk, der die Ergebnisse gemeinsam mit seinen internationalen
Forscherkollegen im Juli im Fachmagazin Physical Review Letters
publizierte.
Die neuen Erkenntnisse machen neutronenreiche Atomkerne, wie sie auch am GSI
Helmholtzzentrum und bei FAIR in Darmstadt entdeckt und untersucht werden
können, besonders spannend im Hinblick auf das fundamentale Verständnis und auf
neue Aspekte der Kernkräfte. Neutronenreiche Atomkerne, solche mit wesentlich
mehr Neutronen als Protonen, sind in der Kernphysik noch relativ wenig
erforscht. Sie zu verstehen sehen Forscher als sehr wichtig an, denn die
neutronenreichen Kerne spielen für die Entstehung schwerer Elemente eine
zentrale Rolle.
Die neuen Ergebnisse helfen daher, die Elemententwicklung im Universum besser
nachvollziehen zu können. Auch ebnen sie den Weg für verbesserte Vorhersagen von
Massentabellen und zum Verständnis von Neutronensternen, in denen Neutronen
ähnlich dicht wie in neutronenreichen Atomkernen aneinander gepackt sind.
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