Dunkles Loch im Sternenlicht
von Stefan Deiters astronews.com
10. Juli 2012
Mit Hilfe extrem präziser Instrumente wollen Astronomen versuchen,
Planeten um nahegelegene Sterne direkt zu beobachten. Jetzt haben sie ihr
Verfahren erstmals unter realen Bedingungen getestet: Sie visierten dazu den
Stern HD 157728 an und konnten dessen Licht in Teilbereichen so ausblenden, dass
auch sehr leuchtschwache Objekte um den Stern zu beobachten gewesen wären.
Aufnahme des Sterns HD 157728. Oben eine
Ansicht, in der lediglich das Sternenlicht mit
dem Koronografen ausgeblendet wurde. Unten ist
mit Hilfe des Wellenfrontsensors ein dunklerer
Bereich entstanden, in dem sich Objekte
nachweisen lassen würden, die bis zu zehn
Millionen Mal lichtschwächer sind als der Stern
selbst.
Bild: Project 1640 |
Extrasolare Planeten werden - von wenigen Ausnahmen abgesehen - bislang nur
mit Hilfe indirekter Verfahren beobachtet. So sucht man beispielsweise nach dem
Wackeln eines Sterns, das durch einen umlaufenden Planeten verursacht wird oder
nach leichten Helligkeitsschwankungen einer fernen Sonne, die durch den Transit
eines Planeten zu erklären ist. Eine direkte Beobachtung der fernen, äußerst
leuchtschwachen Planeten ist bislang in der Regel nicht möglich, weil das helle
Licht des Zentralsterns die Planeten einfach überstrahlt.
"Wir werden von diesem Sternenlicht geblendet", erläutert Ben R. Oppenheimer
vom American Museum of Natural History. Oppenheimer ist Leiter einer
Gruppe von Wissenschaftlern des Museums, des California Institute of
Technology und des Jet Propulsion Laboratory der NASA, die im
Rahmen des Project 1640 ein neues Verfahren entwickeln, mit dem die
direkte Beobachtung von extrasolaren Planeten möglich werden soll.
"Wenn wir die Exoplaneten erst einmal wirklich sehen können, lässt sich auch
ihre Farbe bestimmen, die chemische Zusammensetzung ihrer Atmosphäre und sogar
die physikalischen Eigenschaften ihrer Oberflächen. Letztlich könnte man durch
direkte Messungen, wenn sie aus dem Weltraum durchgeführt werden, auch mehr über
den Ursprung der Erde lernen und nach Lebensspuren auf anderen Welten suchen",
beschreibt Oppenheimer die Vorzüge von direkten Beobachtungen.
Doch solche Beobachtungen stellen eine besondere Herausforderung dar: "Man
kann sich das so vorstellen, als würde man versuchen ein Glühwürmchen zu
erkennen, das in einer Entfernung von über 1.000 Kilometern um einen Leuchtturm
herumschwirrt", vergleicht Charles Beichman vom NASA ExoPlanet Science
Institute am California Institute of Technology.
Das Project 1640 versucht nun diese Schwierigkeiten durch die
Kombination von vier leistungsfähigen Instrumenten zu überwinden, die zusammen
die Infrarotstrahlung von Sternen und ihrer Planeten analysieren sollen. Sie
ermöglichen äußerst kontrastreiche Bilder, auf denen sich noch Objekte erkennen
lassen sollten, die eine bis zehn Millionen Mal lichtschwächer sind, als der
Stern im Zentrum der jeweiligen Aufnahme.
Kernstück ist das weltweit fortschrittlichste Adaptive-Optik-System. Eine
adaptive Optik dient dazu, mit Hilfe eines verformbaren Spiegels die Bildunruhe
auszugleichen, die durch Luftbewegungen in der Erdatmosphäre entsteht. Der
Korrekturspiegel des für das Project 1640 verwendeten Systems lässt
sich pro Sekunde mehr als sieben Millionen Mal anpassen und dies mit einer
Genauigkeit von einem Nanometer und besser.
Hinzu kommt ein Koronograf, mit dem sich das Licht des Zentralsterns
ausblenden lässt, ein Spektrograf, mit dem man ein Spektrum des fernen
Sonnensystems aufnehmen kann, sowie ein spezieller Wellenfrontsensor, der in den
Koronografen integriert ist und der Unregelmäßigkeiten im Strahlengang des
Lichts mit einer Genauigkeit von einem Nanometer bestimmt.
Mit dem Koronografen können die Astronomen eine Art künstliche Finsternis der
fernen Sonne erzeugen und so einen großen Teil des hellen Sternenlichts
ausblenden. Es verbleiben allerdings noch immer rund ein halbes Prozent des
Lichts und dieses sorgt für ein fleckiges Hintergrundmuster rund um den Stern,
das das potentielle Planetensystem überstrahlt. Jeder der Flecken kann nämlich
viele Hundert Mal heller sein als ein hier umlaufender Planet.
Mit Hilfe der extrem präzisen Instrumente ist es dem Project 1640
nun aber gelungen, in bestimmten Bereichen diese Flecken verschwinden und eine
praktisch dunkle Region entstehen zu lassen, in der man nun leuchtschwächere
Objekte nachweisen könnte. Möglich wurde dies durch die exakte Vermessung der
Ablenkungen des Sternenlichts auf dem Weg durch die Erdatmosphäre und die Optik
der Instrumente. Bislang war dem Team dies nur unter kontrollierten
Laborbedingungen gelungen. Jetzt konnten sie das auch bei Beobachtungen des
Sterns HD 157728 mit dem Hale-Teleskop des Palomar Observatory zeigen.
Die Astronomen, die ihre Resultate in der vergangenen Woche auf einer
Konferenz in Amsterdam vorstellten, haben nun mit einer auf drei Jahre angelegten
Durchmusterung begonnen, in deren Rahmen sie mehrere Hundert junge Sterne
beobachten wollen. "Je mehr wir über extrasolare Planeten lernen, desto
deutlicher wird, wie sehr sie sich von unserem Sonnensystem unterscheiden
können", so Gautam Vasisht. "Alles deutet auf eine ungeheure Vielfalt von
Planetensystemen hin, wie man sie vor nur zehn Jahren noch gar nicht für möglich
gehalten hätte."
Die Entdeckung der zweiten Erde sollte man aber zunächst noch nicht erwarten:
Bei den Planeten, die das Project 1640 zunächst um die hellen Sterne zu
finden hofft, dürfte es sich vermutlich um sehr große massereiche Welten
handeln, die mehr unserem Jupiter ähneln und die ihrer Sonne zudem zu nahe sind,
um sie als lebensfreundlich klassifizieren zu können.
|