Kleine Planeten könnten weitverbreitet sein
von Stefan Deiters astronews.com
14. Juni 2012
Große Gasplaneten scheinen sich vor allem um Sterne zu
bilden, die einen hohen Anteil an schwereren Elementen aufweisen. Bislang haben
Astronomen mit guten Gründen vermutet, dass dies auch für kleinere, erdähnliche
Welten gilt. Eine neue Studie zeigt nun aber, dass dem offenbar nicht so ist.
Kleinere Planeten könnten also in unserer Galaxie verbreiteter sein als
angenommen.
Planeten
entstehen in einer Scheibe aus Gas und Staub um
einen jungen Stern.
Bild: Københavns Universitet / Lars
Buchhave |
Planeten bilden sich - so haben es Beobachtungen gezeigt und sagen es die
Theorien der Astronomen voraus - in einer Scheibe aus Gas und Staub um einen
gerade entstandenen Stern. Die Scheibe besteht aus Material, das für die
Entstehung der neuen Sonne nicht gebraucht wurde und sollte daher über eine sehr
ähnliche Zusammensetzung wie der Stern verfügen.
Schwerere Elemente, so die Vermutung der Wissenschaftler, können in dieser
Scheibe die Entstehung von Planeten erleichtern. Diese Annahme wurde von
Beobachtungen gestützt, die darauf hindeuten, dass sich Riesenplaneten mit einem
relativ engen Orbit um ihre Sonne hauptsächlich um "metallreiche" Sterne finden
lassen. In der Astronomie werden alle Elemente, die schwerer als Helium sind,
als "Metalle" bezeichnet.
Da kleinere Planeten wie die Erde hauptsächlich aus schwereren Elementen wie
Eisen oder Silizium bestehen, liegt es nahe, dass auch diese kleinen Welten vor
allem um Sterne entstehen, die über einen vergleichsweise hohen Anteil dieser
Stoffe verfügen, also metallreich sind. Genau diese Annahme hat nun ein
Astronomenteam um Lars A. Buchhave vom Niels Bohr Institutet der
Universität im dänischen Kopenhagen und dem Centre for Star and Planet
Formation zu verifizieren versucht - mit einem unerwarteten Ergebnis.
"Ich wollte untersuchen, ob kleine Planeten für ihre Entstehung besondere
Bedingungen brauchen", erklärt Buchhave. "Von großen Gasplaneten wissen wir ja,
dass sie sich bevorzugt in einer Umgebung mit einem hohen Anteil schwererer
Elemente bilden. Unsere Untersuchung hat nun gezeigt, dass kleinere Planeten
nicht so wählerisch sind und um Sterne mit ganz unterschiedlicher
Metallhäufigkeit entstehen - sogar um Sterne, die nur ein Viertel des
Metallgehalts unserer Sonne haben."
Für die Studie, die jetzt in der Fachzeitschrift Nature
veröffentlicht wurde, haben die Astronomen rund 150 Sterne mit insgesamt 226
Planetenkandidaten unter die Lupe genommen, die kleiner waren als Neptun. Die
Planetendaten stammten vom NASA-Weltraumteleskop Kepler. Die spektrale
Untersuchung der Zentralsterne, die Aufschluss über die chemische
Zusammensetzung der jeweiligen Sonnen gibt, wurde mit Teleskopen auf La Palma,
Hawaii und in den USA gemacht.
Das Resultat der Untersuchung könnte darauf hindeuten, dass kleinere - und
damit eventuell auch erdähnliche - Planeten deutlich häufiger in unserer Galaxie
anzutreffen sind als bislang vermutet. Ein geringerer Metallgehalt eines Sterns
muss also kein Grund mehr sein, das Vorhandensein von kleineren Welten
auszuschließen.
"Kepler hat bereits tausende von Planetenkandidaten aufgespürt, so
dass es möglich ist, globale Fragestellungen zu untersuchen, wie es Lars getan
hat: Verlangt die Natur spezielle Umweltbedingungen, damit Planeten von Erdgröße
entstehen können?", fasst Natalie Batalha, Kepler-Missionswissenschaftlerin
am Ames Research Center der NASA, zusammen. "Die Daten deuten darauf
hin, dass kleine Planeten um Sterne mit einer großen Spanne von Metallizitäten
entstehen - die Natur ist opportunistisch und überaus produktiv und findet immer
wieder Wege, die wir eigentlich für schwer möglich gehalten hätten."
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