Neuer Blick auf das erste Leuchten im All
von Stefan Deiters astronews.com
8. Juni 2012
Astronomen glauben, dass sie das Leuchten der allerersten
Objekte im Universum mit der bislang besten Präzision vermessen haben. Sie
nutzten dazu das Infrarot-Weltraumteleskop Spitzer und visierten
jeweils über 400 Stunden lang zwei kleine Bereiche am Himmel an. Bei den
Objekten könnte es sich um massereiche Sterne oder gefräßige Schwarze Löcher
handeln.
Dieses Bild zeigt einen von Spitzer im
Infraroten beobachteten Streifen am Himmel (oben)
im Sternbild Bärenhüter. Im unteren Teil wurden
alle bekannten Sterne und Galaxien daraus
entfernt und das verbliebene Restleuchten
verstärkt, so dass der kosmische
Infrarothintergrund sichtbar wird.
Bild: NASA / JPL-Caltech / GSFC [Gesamtansicht] |
Wie sahen die ersten Objekte aus, die sich im Universum bildeten und so die
dunkle Epoche des Kosmos beendeten? Beantworten lässt sich diese Frage bislang
nicht, doch deuten neue Untersuchungen mit dem Infrarot-Weltraumteleskop
Spitzer der NASA darauf hin, dass sie zumindest sehr zahlreich waren und
ihren nuklearen Brennstoff mit großer Geschwindigkeit verbrannt haben. Auch
Spitzer konnte zwar keine einzelnen Objekte aus der Anfangszeit des
Universums erkennen, registrierte aber ein eindeutiges Infrarotleuchten, das von
diesen Objekten stammen könnte.
"Diese Objekte müssen extrem hell gewesen sein", glaubt Alexander "Sasha"
Kashlinsky vom Goddard Space Flight Center der NASA, der Erstautor
eines Fachartikels über die Spitzer-Studie, der in der Zeitschrift
The Astrophysical Journal erscheint. "Wir können noch nicht direkt
ausschließen, dass das Licht von irgendwelchen mysteriösen Quellen aus dem
näheren Universum stammt, aber es wird immer wahrscheinlicher, dass uns hier ein
Blick in eine sehr frühe Epoche gelungen ist. Spitzer bereitet damit
den Weg für die Beobachtungen mit dem James Webb Space Telescope, das
uns dann verraten wird, wo diese Objekte sich befinden und um was es sich genau
handelt."
Spitzer war erstmals im Jahr 2005 auf ein charakteristisches
Hintergrundleuchten gestoßen, das als kosmischer Infrarothintergrund bezeichnet
wird (astronews.com berichtete). Zwei Jahre später hat das Weltraumteleskop
diese mysteriöse Strahlung dann noch einmal genauer unter die Lupe genommen.
Inzwischen befindet sich Spitzer in der erweiterten Missionsphase, in
der noch gründlichere Studien von kleinen Himmelsregionen möglich sind.
Kashlinsky und sein Team konnten daher mit Spitzer zwei kleine Bereiche
am Himmel für jeweils mehr als 400 Stunden beobachten.
Aus den resultierenden Bildern entfernten die Astronomen dann die Strahlung
aller bekannten Sterne und Galaxien. Das Ergebnis war nicht etwa eine schwarze
Region des Himmels, sondern ein schwaches Lichtmuster, das zahlreiche
Eigenschaften des kosmischen Infrarothintergrundes aufwies. So fanden sich in
dem Muster bestimmte verklumpte Bereiche, die so aussahen, wie man sich die
Ansammlungen von ganz entfernten Objekten vorstellt.
Kashlinsky vergleicht die Beobachtungen mit dem Versuch, ein großes Feuerwerk
in New York von Los Angeles aus zu verfolgen. Als erstes müsste man dazu
sämtliche Lichter entfernen, die sich zwischen beiden Städten befinden und
schließlich die hellen Lichter von New York selbst. Am Ende würde man eine sehr
verschwommene Karte der Verteilung des Feuerwerks erhalten, ohne aber einzelne
Details des Feuerwerks erkennen zu können. "Das Licht des ersten Feuerwerks im
Universums liefert uns Hinweise", erklärt Kashlinsky. "Es verrät uns, dass diese
Quellen ihren nuklearen Brennstoff mit hoher Geschwindigkeit verbrannt haben."
Nach Ansicht der Astronomen entstand unser Universum im sogenannten Urknall
vor rund 13,7 Milliarden Jahren. Etwa 500 Millionen Jahre später bildeten sich
die ersten Sterne, Galaxien und Schwarze Löcher. Das Licht, was Spitzer
nun entdeckt hat, könnte also viele Milliarden Jahre zu uns unterwegs gewesen
sein. Als es seine Reise begann, dürfte es sich zudem um Licht im sichtbaren
Bereich des elektromagnetischen Spektrums gehandelt haben oder sogar um
ultraviolette Strahlung. Durch die Ausdehnung des Universum wurde es dann zu
längeren, infraroten Wellenlängen gestreckt, die Spitzer jetzt
beobachten kann.
Durch die neuen Beobachtungen ist es gelungen, den kosmischen
Infrarothintergrund in einem Bereich am Himmel zu kartieren, der etwa zwei
Vollmonddurchmessern entspricht - das ist eine deutlich größere Region als
zuvor. Dies ermöglichte es den Astronomen, auch umfangreichere Strukturen in dem
Hintergrundleuchten zu erkennen. Zudem konnte das Leuchten so in weiteren Teilen
des Himmels nachgewiesen werden. Die Astronomen planen, auch noch in anderen
Regionen nach dem Infrarothintergrund Ausschau zu halten.
"Dies ist einer der Gründe, warum wir das James Webb Space Telescope
bauen", so Glenn Wahlgren, Spitzer-Programmmanager bei der NASA in
Washington. "Spitzer gibt uns faszinierende Hinweise, James Webb
wird uns aber verraten können, was sich wirklich in der Zeit abspielte, als die
ersten Sterne entstanden."
|