Vieles spricht für verschmelzende Weiße Zwerge
von Stefan Deiters astronews.com
21. März 2012
Seit Jahren bemühen sich Astronomen, den Auslöser einer
bestimmten Art von Sternexplosionen zu finden, die vor allem in der Kosmologie
eine große Rolle spielen: Supernovae vom Typ Ia. Neue Untersuchungen liefern nun
weitere Indizien dafür, dass diese gewaltigen Explosionen durch die
Verschmelzung von zwei Weißen Zwergen verursacht werden.
Die Supernova SN
2011fe (Kreis) in der Galaxie M101 .
Bild: NASA / Swift / Peter Brown
(University of Utah) |
Supernovae vom Typ Ia sind in der Astronomie von großer Bedeutung: Diese
Sternexplosionen sollten nämlich, so die Theorie der Wissenschaftler, eine
vorherberechenbare Helligkeit aufweisen, so dass sie sich als
Entfernungsindikatoren verwenden lassen. So haben Supernovae vom Typ Ia
beispielsweise bei der Entdeckung der Dunklen Energie, die im vergangenen Jahr
mit dem Physik-Nobelpreis ausgezeichnet wurde, eine wichtige Rolle gespielt.
"Da sie so wichtig sind, ist es für Astronomen schon etwas peinlich, dass
einige fundamentale Fakten über diese Supernovae noch nicht bekannt sind", meint
Stefan Immler vom Goddard Space Flight Center der NASA. "Dank der
einmaligen Röntgen- und Ultraviolettdaten von Swift, haben wir nun aber
eine bessere Vorstellung davon, was nötig ist, um diese Sterne zur Explosion zu
bringen."
Bei Supernovae vom Typ Ia, darüber herrscht bei Astronomen schon lange kein
Zweifel mehr, handelt es sich um explodierende Weiße Zwerge. Weiße Zwerge sind
die ausgebrannten Überreste von sonnenähnlichen Sternen. Diese explodieren
allerdings nicht einfach so, sondern müssen dazu irgendwie eine ganz bestimmte
Grenzmasse erreichen. Lange Zeit nahm man an, dass dies in einem
Doppelsternsystem passiert, in dem der Weiße Zwerg von einem Riesenstern oder
einem normalen Stern umrundet wird und von diesem ständig Material abzieht - bis
irgendwann die Grenzmasse erreicht ist und der Weiße Zwerg explodiert.
Als Alternative wurde in den letzten Jahren immer wieder vorgeschlagen, dass
Supernovae vom Typ Ia auch durch die Verschmelzung von zwei Weißen Zwergsternen
ausgelöst werden können, die sich zuvor in einem engen Doppelsternsystem
umkreist haben (astronews.com berichtete). Beobachtungen deuten darauf hin, dass
beide Szenarien in der Natur vorkommen, allerdings ist bislang unklar welches
davon den Normalfall darstellt. Neue Beobachtungen mit dem NASA-Satelliten Swift
lieferten nun neue Hinweise.
Swift wurde ursprünglich gestartet, um die mysteriösen Gamma-ray-Bursts
zu untersuchen, die in unregelmäßigen Abständen am gesamten Himmel aufleuchten.
Zwischen den einzelnen Bursts steht der Satellit aber auch für andere
Beobachtungen zur Verfügung und hat so in den vergangenen Jahren über 200
Supernovae untersucht, von denen etwa 30 Prozent Supernovae vom Typ Ia waren.
Bei der Analyse der Röntgendaten der 53 nächstgelegenen Supernovae fiel den
Astronomen auf, dass sich bei ihnen keine punktförmige Röntgenquelle erkennen
lässt. Sterne blasen im Verlauf ihres nuklearen Lebens immer wieder Gas ins All.
Wenn die Stoßwelle einer Supernova auf dieses Gas trifft, sollte es sich so
aufheizen, dass es deutlich sichtbare Röntgenstrahlen aussendet. Das Fehlen von
Röntgenstrahlen deutet nach Ansicht der Forscher darauf hin, dass sich in den
Vorläufersystemen der Supernovae zumindest kein Riesenstern befunden haben kann,
der typischerweise besonders große Mengen an Material ins All abstößt.
Der Befund wird von den Untersuchungen einer zweiten Forschergruppe gestützt,
die mit Swift zwölf Supernova-Ia-Explosionen innerhalb der ersten zehn
Tage nach der Explosion beobachtet haben. In den Daten entdeckten sie jedoch
keine Signale, die zu erwarten gewesen wären, wenn die Stoßwelle der Supernova
auf einen großen Begleiter getroffen wäre. Zusammengenommen sprechen die
Swift-Beobachtungen also dafür, dass Riesensterne als Auslöser der
Explosion eines Weißen Zwergs in der Regel kaum in Frage kommen. Es bliebe damit
als Möglichkeit ein normaler, sonnenähnlicher Stern oder aber ein zweiter Weißer Zwerg
übrig. Die
beiden Studien erscheinen in Kürze in den Zeitschriften The Astrophysical
Journal Letter und The Astrophysical Journal.
Ein weiterer Hinweis, dass die Astronomen mit ihrer Einschätzung so falsch
nicht liegen können, lieferte die Beobachtung der Supernova 2011fe im
vergangenen Jahr. SN 2011fe ist die uns am nächsten gelegenen Supernova vom Typ
Ia seit etwa 20 Jahren. Zwei weitere Fachartikel widmen sich dieser Supernova,
deren Überreste in verschiedenen Wellenlängenbereichen gründlich untersucht
wurden. Das Ergebnis ist eindeutig: Der Partner des explodierten Weißen Zwergs
muss auf jeden Fall kleiner gewesen sein als unsere Sonne. Vermutlich dürfte es
sich also um einen Weißen Zwerg gehandelt haben.
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