Neuer Hinweis auf Supernova-Auslöser
von Stefan Deiters astronews.com
6. März 2012
Supernova-Explosionen vom Typ Ia spielen in der Kosmologie
eine große Rolle, lassen sich mit ihnen doch Entfernungen auch noch über große
Distanzen abschätzen. Über den genauen Auslöser dieser Explosionen herrscht
allerdings noch immer Unklarheit. Die Auswertung von Datenmaterial des Sloan Digital
Sky Survey lieferte nun einen weiteren wichtigen Hinweis.
Ein Mosaik aus
99 der insgesamt rund 4.000 im SDSS gefundenen
Weißen Zwergsterne.
Bild: Carles Badenes und das SDSS-III
Team [Großansicht] |
Die Bestimmung von Entfernungen im Universum ist alles andere als einfach.
Astronomen nutzen dazu in der Regel Objekte, von denen sie sehr genau zu wissen
glauben, wie leuchtkräftig sie tatsächlich sind. Vergleicht man diesen Wert dann
mit der Strahlung, die auf der Erde von so einem Objekt ankommt, kann man auf
dessen Distanz schließen.
Eine besondere Rolle spielen dabei eine bestimmte Art von
Supernova-Explosionen, die sogenannten Supernovae vom Typ Ia. Nach Ansicht
der Astronomen handelt es sich dabei um explodierende Weiße Zwergsterne, also
ausgebrannte Sternenreste. Die maximale Helligkeit dieser Explosionen glauben die
Forscher zu kennen, so dass sich mit Hilfe dieser Supernovae,
Entfernungen auch über weite Distanzen bestimmen lassen. Für die Entdeckung
der beschleunigten Ausdehnung des Universums, die im letzten Jahr mit dem
Physik-Nobelpreis ausgezeichnet wurde, waren diese Sternexplosionen von großer
Bedeutung.
Auch wenn sich die Astronomen weitgehend einig darüber sind, dass bei einer
Supernova-Explosion vom Typ Ia ein Weißer Zwergstern beteiligt ist, gibt es doch
noch immer Diskussionen darüber, was diese Explosion eigentlich auslöst (astronews.com
berichtete wiederholt). "Wir wussten, dass zwei Sterne an einer solchen
Explosion beteiligt sein müssen und es sich bei einem auf jeden Fall um einen
Weißen Zwerg handelt", erklärt Dan Maoz von der Universität in Tel Aviv in
Israel. "Aber es gibt zwei Möglichkeiten, um was es sich bei dem zweiten Stern
handeln kann."
Eine Möglichkeit ist, dass der Weiße Zwergstern von einem normalen Stern
umrundet wird und von diesem ständig Material abzieht. Dies geht so lange gut,
bis der Weiße Zwerg eine kritische Masse erreicht hat und schließlich
explodiert. Es wäre aber auch möglich, dass es sich um ein System aus zwei
Weißen Zwergsternen handelt, die sich gegenseitig umkreisen und schließlich
irgendwann verschmelzen. Für dieses Szenario hatte es in jüngster Zeit immer
mehr Indizien gegeben.
"Es gab offensichtliche Gründe dafür anzunehmen, dass
Supernovae vom Typ Ia durch die Verschmelzung von Weißen-Zwerg-Doppelsystemen
entstehen", so Maoz. "Die entscheidende Frage aber war damit: Gibt es da draußen
tatsächlich so viele Systeme aus zwei Weißen Zwergsternen, dass sich damit die
beobachtete Supernova-Häufigkeit erklären lässt?"
Das Problem bei der Suche nach einer Antwort auf diese Frage ist, dass Weiße
Zwerge nicht sonderlich hell sind. Es besteht also wenig Hoffnung, sie auch in
entfernten Galaxien nachzuweisen. Maos und sein Kollege Carlos Badenes von der
University of Pittsburgh nahmen sich daher die Region vor, in der Weiße Zwerge
sicher nachzuweisen sind - die Umgebung der Sonne in einem Umkreis von rund
1.000 Lichtjahren. Zur Suche nutzten sie den Sloan Digital Sky Survey (SDSS),
eine umfangreiche Himmelsdurchmusterung, die
über ein Viertel des Himmels abdeckt und neben Bildern auch Spektren von über
einer Million Objekten enthält.
Um aber nachweisen zu können, dass es sich um ein Doppelsternsystem handelt,
hätten Maos und Badenes eigentlich zwei Spektren von einem Objekt benötigt, doch der SDSS
liefert von den meisten Objekten lediglich eins. Es besteht allerdings eine
wenig genutzte Möglichkeit, statt dieses einen Spektrums auch die drei oder mehr Subspektren
aufzurufen, die ursprünglich gemacht worden waren, um daraus das endgültige
Spektrum zu erzeugen. Und genau dies taten die
beiden Astronomen. Nach einem Jahr und einigen aufwendigen Berechnungen hatten
sie so eine Liste von mehr als 4.000
Weißen Zwergsternen, die alle über mindestens zwei qualitativ hochwertige
Subspektren verfügten.
"Wir fanden 15 Systeme aus zwei Weißen Zwergen in der lokalen Umgebung und
führten dann Computersimulationen durch, um die Rate zu ermitteln, mit der
solchen Doppel-Weißen-Zwerge verschmelzen", so Badenes. "Dann verglichen wir die
Anzahl der verschmelzenden Weißen Zwerge hier mit der Nummer von
Supernova-Explosionen vom Typ Ia, die man in entfernten Galaxien beobachtet, die
der Milchstraße ähnlich sind."
Die Astronomen errechneten, dass in der Milchstraße etwa alle 100 Jahre ein
Weißes-Zwerg-Paar verschmelzen muss. "Diese Zahl ist der Supernova-Ia-Rate in
Milchstraßen-ähnlichen Galaxien erstaunlich ähnlich", so Badenes. "Das deutet
darauf hin, dass die Verschmelzung von Weißen Zwergen tatsächlich eine plausible
Erklärung für die Entstehung von Supernovae vom Typ Ia sein kann."
Das Resultat der Studie, die in den Astrophysical Journal Letters erscheinen
wird, freut auch einen Kollegen von Badenes, der an der Erstellung des SDSS
beteiligt war: "Vor 20 Jahren haben wir entschieden, für jedes Spektrum drei
Subspektren zu machen", erinnert sich Robert Lupton von der Princeton
University. "Wir haben das damals aus rein praktischen Gründen getan und hatten
keine Ahnung, dass dies einmal dabei behilflich sein würde, einen wichtigen
Beitrag zur Erforschung von Supernovae vom Typ Ia zu leisten."
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