Einheitliches Höhenmodell der Erde in 3D
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
16. Januar 2012
Nach einem Jahr hat der deutsche Erdbeobachtungssatellit TanDEM-X
zusammen mit seinem Zwillingssatelliten TerraSAR-X die
Landmassen der Erde zum ersten Mal komplett abgebildet. Aus der
Datenbasis entsteht gegenwärtig das erste einheitliche, hochpräzise und
digitale Höhenmodell der Erde in 3D. Verantwortlich für die Steuerung
der Satelliten und die Berechnung des Höhenmodells ist das DLR.
Ein Jahr nach Beginn der operationellen Phase
hat TanDEM-X sämtliche Landoberflächen der Erde
mit Ausnahme der Antarktis vollständig
abgebildet.
Bild: DLR [Großansicht] |
Seit einem Jahr kreisen die beiden deutschen Radarsatelliten
TanDEM-X und TerraSAR-X in einem Abstand von nur wenigen
hundert Metern um die Erde. Stück für Stück nehmen sie dabei unseren
Heimatplaneten aus unterschiedlichen Blickwinkeln auf und senden
hochaufgelöste Radardaten aus ihrer Umlaufbahn in 514 Kilometern Höhe zu
den drei Bodenstationen in Kiruna (Schweden), Inuvik (Kanada) und
O’Higgins am Südpolarkreis. "Die Mission läuft besser als erwartet, es
gab keine Aussetzer im Formationsflug der beiden Satelliten, die
Sicherheitsmechanismen funktionieren robust und stabil", freut sich
Manfred Zink, Projektleiter für das TanDEM-X-Bodensegment beim
DLR. Im Lauf des Jahres 2011 wurde der Abstand immer weiter bis auf die
minimal zulässigen 150 Meter verkleinert.
Die Satelliten-Mission ist bislang weltweit einzigartig und auch für
erfahrene Ingenieure hochkomplex. "Nach dem Start von TanDEM-X
am 21. Juni 2010 folgte eine sechsmonatige Testphase, in der wir den
Satelliten und sein Verhalten in der erdnahen Umlaufbahn umfassend
überprüft und kalibriert haben", erzählt Zink. In dieser Zeit begann
auch der Formationsflug mit dem 2007 gestarteten baugleichen
Partnersatelliten TerraSAR-X. Am 14. Dezember 2010 konnte dann
der operationelle Betrieb, also das eigentliche Sammeln der Daten für
das hochgenaue Höhenmodell, starten.
Dabei wird ein Gebiet - ähnlich dem räumlichen Sehen - von zwei
unterschiedlichen Punkten aus per Radar abgebildet. "Die Erzeugung
genauer Höhendaten erfordert eine präzise Abstimmung der beiden
Satelliten aufeinander", erklärt Gerhard Krieger, leitender
Systemingenieur der TanDEM-X-Mission. Unterschiede, zum
Beispiel in den Kabellängen der beiden Radarinstrumente, aber auch der
Abstand zwischen den beiden Satelliten, müssen präzise kalibriert
werden. "Eine gewaltige Herausforderung, wenn man bedenkt, dass ein
Millimeter Abweichung einen Höhenfehler von einem Meter verursacht",
verdeutlicht Krieger.
Die Aufnahme-Streifen der beiden Radarsatelliten werden zu 50 mal 30
Kilometer großen Höhenmodellen verarbeitet. Aufgrund der hochgenauen
Kalibrierung des Satellitenpärchens haben diese "Basisdaten", die am
Schluss zu einer globalen dreidimensionalen Karte zusammengesetzt
werden, schon jetzt eine sehr gute Qualität. TanDEM-X und
TerraSAR-X sollen bis Mitte 2013 die komplette Landoberfläche der
Erde, also rund 150 Millionen Quadratkilometer, mehrfach vollständig
erfassen. Entstehen soll ein globales, homogenes, dreidimensionales und
hochgenaues Höhenmodell, das für kommerzielle und wissenschaftliche
Zwecke gleichermaßen interessant ist.
Ursprünglich waren mindestens zwei vollständige Abdeckungen vorgesehen.
Für einzelne Teile der Erdoberfläche, beispielsweise den Großteil
Australiens, hat das Satelliten-Duo aber schon jetzt, nach dem ersten
Überflug, Daten mit ausreichender Qualität aufgenommen. "Die Genauigkeit
hängt davon ab, wie gut der Boden die Radarpulse reflektiert, die von
den Satelliten ausgesendet und wieder empfangen werden", erklärt Zink.
Die Sahara beispielsweise sei schwieriger zu erfassen, da dort das
Signal im wahrsten Sinne des Wortes "versandet". Auch Gebiete mit
dichter Vegetation, zum Beispiel Regenwälder, erfordern zusätzliche
Aufnahmen mit speziell angepasstem Satellitenabstand. "Es werden ein
paar weiße Flecken bleiben, doch wir wollen die Lücken natürlich
minimieren", wirft Zink einen Blick auf die kommenden Monate.
"Wir wollen das System Erde besser verstehen und verwenden die Daten zum
Beispiel für die Klimaforschung oder die Verkehrsforschung", berichtet
Irena Hajnsek, die wissenschaftliche TanDEM-X-Koordinatorin.
2011 hat die Wissenschaftlerin 166 beim DLR eingereichten
Forschungsanträgen "grünes Licht" gegeben: "Die meisten stammen aus den
USA und aus Deutschland. Die TanDEM-X-Fähigkeiten sollen für
Fragen der Landschaftsnutzung und Vegetation, der Hydrologie, Geologie
oder auch Glaziologie genutzt werden", erläuert Hajnsek. Die
Erdbeobachtungssatelliten können nämlich auch Informationen zur
Schneehöhe oder zur Veränderung der Eismassen an den Polen oder
geologische Karten aus Vulkanregionen und Erdbebengebieten generieren.
Die Geschwindigkeit von Schiffen oder Fahrzeugen im Straßenverkehr kann
ebenso dokumentiert werden wie Veränderungen in der Natur. Auch für die
Landwirtschaft ist die Arbeit der beiden Radarsatelliten wertvoll:
"Anhand der Höhe und der Struktur einer Pflanze, beispielsweise Raps,
können zum Beispiel Rückschlüsse auf die Qualität und die Biomasse
dieser Pflanze gezogen werden", so Hajnsek.
TanDEM-X wird im Auftrag des DLR mit Mitteln des
Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie in Form einer "Public
Private Partnership" mit der Astrium GmbH durchgeführt. Das DLR ist
verantwortlich für die wissenschaftliche Nutzung der TanDEM-X-Daten,
die Planung und Durchführung der Mission sowie die Steuerung der beiden
Satelliten und die Erzeugung des digitalen Höhenmodells. Astrium hat den
Satelliten gebaut und ist an den Kosten für die Entwicklung und Nutzung
beteiligt. Wie bei TerraSAR-X ist die Astrium Geoinformation
Services (ehemals Infoterra GmbH), ein Tochterunternehmen von Astrium,
für die kommerzielle Vermarktung der TanDEM-X-Daten zuständig.
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