Magnetfeld durch Sonnenwind erstickt?
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der TU Braunschweig astronews.com
23. Dezember 2011
Der sonnennächste Planet Merkur verfügt neben der Erde als einziger
Gesteinsplanet über ein globales Magnetfeld. Dieses ist allerdings
deutlich schwächer als man nach den Standardtheorien über dessen
Entstehung erwarten würde. Mit Hilfe eines Computermodells haben
Wissenschaftler nun einen möglichen Schuldigen ausgemacht: den
intensiven Sonnenwind.
Merkur, der sonnennächste und mit einem Durchmesser von 4.900 Kilometern
der kleinste aller acht Planeten, gleicht vom Aussehen her eher dem Mond
als der Erde. Allerdings besitzt er wie diese als einziger
Gesteinsplanet ein globales Magnetfeld. Dieses ist allerdings deutlich
schwächer als das unseres Heimatplaneten. Wissenschaftler der
Technischen Universität Braunschweig sowie des Max-Planck-Instituts für
Sonnensystemforschung glauben dafür jetzt eine neue Erklärung gefunden
zu haben: Der Sonnenwind wirkt dem inneren Dynamoprozess Merkurs
entgegen und schwächt auf diese Weise das Magnetfeld ab.
Planetare Magnetfelder werden durch Strömungen in den heißen, flüssigen
Eisenkernen der Planeten erzeugt. Bereits Messungen von Mariner 10
in den 1970er Jahren hatten gezeigt, dass auch Merkur ein Magnetfeld
besitzt, das allerdings etwa 150-mal schwächer ist als das der Erde und
damit schwächer als es nach den Standardtheorien der Wissenschaftler
eigentlich sein sollte. Die NASA-Raumsonde Messenger hat diesen Fund
inzwischen bestätigt.
Wie lässt sich also die große Diskrepanz in der Feldstärke erklären?
Diese Frage glaubt nun eine Gruppe um Karl-Heinz Glaßmeier von der
Technischen Universität Braunschweig beantwortet zu haben. Eine große
Rolle spielt dabei der Sonnenwind - ein ständig wehender Strom aus
geladenen Teilchen. Mit einem mittleren Sonnenabstand von nur rund einem
Drittel des Erdabstandes ist Merkur diesen Partikeln besonders stark
ausgesetzt.
"Wir müssen uns klarmachen, dass Merkur mit dem ihn umgebenden
Sonnenwind eine enge Wechselwirkung eingeht", erklärt Daniel Heyner,
Erstautor eines im Wissenschaftsmagazin Science erschienenen
Artikels über die Untersuchung und Doktorand an der International
Max Planck Research School in Katlenburg-Lindau. Das führe zu
starken elektrischen Strömen in der Magnetosphäre des Planeten, deren
Magnetfelder dem inneren Dynamoprozess entgegenwirken.
Die neuen Computermodelle der Forscher würden nun zeigen, dass ein auf
diese Weise rückgekoppelter Dynamo tatsächlich möglich ist. "Derartige
Simulationen des Dynamoprozesses sind die einzige Möglichkeit,
gewissermaßen in den Eisenkern hineinzuschauen und Vorhersagen zur
Stärke und Struktur des Magnetfeldes zu machen", so Johannes Wicht vom
Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung, der mit seinem Modell
wesentlich zu den Ergebnissen der Studie beigetragen hat. Die Ergebnisse
zeigen eindeutig, dass die Rückkopplung letztlich zu dem schwachen
Magnetfeld führt. "Der Dynamoprozess im Merkurinnern wird durch die
Wechselwirkung fast im Keim erstickt", ergänzt Glaßmeier.
Gespannt warten die Forscher der TU Braunschweig und des
Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung auf die weiteren
Magnetfeldmessungen der Raumsonde MESSENGER sowie auf die zukünftigen
Beobachtungen der beiden Satelliten der europäisch-japanischen Mission
BepiColombo. Vom Jahr 2020 an soll dann mit einem von der TU
Braunschweig entwickelten Instrument Merkurs Magnetfeld mit großer
Präzision vermessen werden. Diese Daten sollten dann helfen, die neue
Theorie eines durch den Sonnenwind geschwächten Dynamos zu überprüfen.
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