Neue Versuchsreihe mit Flüssigkeiten beginnt
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Bremen astronews.com
21. September 2011
Wie verhalten sich Flüssigkeiten in Schwerelosigkeit? Diese vielleicht
zunächst akademisch anmutende Frage ist für die Raumfahrt von großer
Bedeutung, müssen doch Raumfahrzeuge mit flüssigem Treibstoff versorgt
und Lebenserhaltungssysteme betrieben werden. Wissenschaftler der
Universität Bremen führen seit heute auf der ISS wieder entsprechende
Experimente durch.
Die Internationale Raumstation ISS im Juli 2011.
Foto: NASA [Großansicht] |
Obwohl es sich bereits um die zweite Versuchsreihe handelt, ist die
Aufregung deutlich zu spüren: Das Bremer Team vom Zentrum für angewandte
Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM) betreibt seit heute
sein zweites Experiment auf der Internationalen Raumstation ISS. Von der
Bodenstation im ZARM überwachen die Wissenschaftler den Einbau des
Versuchsmodells durch die Astronauten und dirigieren den
Experimentverlauf über ferngesteuerte Schaltelemente.
Das internationale Team besteht aus: Michael Dreyer, Peter Canfield,
Przemyslaw Max Bronowicki, Lars Kiewidt - alle vom Zentrum für
angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM) an der
Universität Bremen sowie einem Team von der Portland State University
(PSU). Das Projekt wird durch das Deutsche Zentrum für Luft- und
Raumfahrt (DLR) gefördert und von der NASA unterstützt.
In der ersten Experimentphase im Januar 2011 ging es um die Frage, wie
es im All möglich ist, Flüssigkeiten durch spezielle Kanäle strömen zu
lassen, ohne dass der Flüssigkeitsstrom abbricht und dadurch Gasbläschen
aus der Umgebung in die Flüssigkeit eindringen. Konkret wurde
untersucht, welche Strömungsgeschwindigkeiten bei verschieden geformten
Kanälen möglich sind, ohne dass der Flüssigkeitsstrom instabil wird und
der sogenannte "Choking-Effekt" auftritt.
Mit dem seit heute auf der ISS installierten Versuchsmodell wird unter
anderem erforscht, wie bereits eingedrungene Gasbläschen zur Oberfläche
zurück transportiert und dadurch wieder von der Flüssigkeit getrennt
werden können. Gesucht wird also eine Trennungsstrategie für ein
Gas-Flüssigkeits-Gemisch unter Schwerelosigkeit. Die vom ZARM-Team
gewonnenen Erkenntnisse können für die Konstruktion von Treibstoff- und
Lebenserhaltungssystemen, wie sie im Weltraum zum Einsatz kommen,
genutzt werden.
Der blasenfreie Transport von Flüssigkeiten ist unter Schwerelosigkeit
deutlich schwieriger als auf der Erde. Im Treibstofftank eines
Raumfahrzeugs bleibt der Treibstoff nämlich nicht am Boden, sondern
verteilt sich an den Tankinnenwänden und anderen Bauteilen. Daher ist
ein System aus offenen Kapillarkanälen notwendig, das den Treibstoff
dorthin befördert, wo er gebraucht wird. In diesen offenen Kanälen wird
die Flüssigkeit durch Kapillarkräfte gebunden, die auf dem Prinzip der
Anziehungskraft zwischen den Molekülen beruhen.
Die Versuchsmodelle auf der ISS sind bewusst mit Kanalgeometrien
ausgestattet, wie sie normalerweise in bei der Flüssigkeitshandhabung im
All zur Anwendung kommen. Die Kanäle müssen mindestens eine freie
Oberfläche haben, damit sie in der Lage sind, Flüssigkeiten aufzunehmen
und durch Kapillarkraft zu binden. Für den jetzigen Versuchsaufbau wurde
ein Dreieckskanal gewählt, weil hier beim Durchströmen der Flüssigkeit
besondere Strömungsprofile entstehen - und die könnten wiederum dabei
helfen, Gasblasen zurück zur Oberfläche zu transportieren und diese aus
der Flüssigkeit zu eliminieren.
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