Gravitationswellenjagd mit gequetschtem Laser
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik astronews.com
12. September 2011
Mit immer neuen physikalischen Tricks versuchen Forscher den
bislang unentdeckt gebliebenen Gravitationswellen auf die Spur zu kommen.
Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik und der
Universität Hannover gelang es nun mit Hilfe der Quantenphysik die
Messgenauigkeit des Gravitationswellendetektors GEO600 bei Hannover um 50 Prozent
zu steigern.
Gravitationswellen
sind winzige Verzerrungen in der Raumzeit und
wurden bislang noch nicht direkt beobachtet.
Bild: NASA / JPL |
Rund 50 Jahre nach der Entwicklung des ersten Lasers lässt sich mit der
Technologie des gequetschten Lichts ("squeezed light") eine ganz neue Qualität von Laserlicht erzeugen. Das Licht
aus einem Quetschlichtlaser strahlt sehr viel ruhiger als solches aus einer herkömmlichen
Laserquelle. "Dank des Quetschlichtlasers konnten wir die Messempfindlichkeit von GEO600
auf
das 1,5-fache steigern", freut sich Hartmut Grote, der den Detektorbetrieb leitet.
"Die neuartige
Lichtquelle erfüllt alle Anforderungen wie erwartet." In Zukunft ließe sich die Messgenauigkeit mit
dieser Technologie sogar verdoppeln. Bei der Suche nach den nur schwer detektierbaren
Gravitationswellen ist diese Steigerung der Empfindlichkeit ein wichtiger Schritt zu deren direktem
Nachweis.
Mit dem Experiment GEO600 am Exzellenzcluster QUEST (Center for Quantum Engineering and
Space-Time Research) sind die Forscher vom Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Teilinstitut
Hannover, Albert-Einstein-Institut/AEI) und vom Institut für Gravitationsphysik der Leibniz Universität
Hannover innerhalb der internationalen LIGO Virgo Collaboration (LVC) Gravitationswellen auf der
Spur (astronews.com berichtete). Diese Schwingungen der Raum-Zeit sagte Einstein vor rund einem Jahrhundert in seiner
Allgemeinen Relativitätstheorie voraus. Sie entstehen etwa bei turbulenten kosmischen Ereignissen
wie Supernova-Explosionen.
Gravitationswellen machen sich auf der Erde jedoch kaum bemerkbar. Zum einen ist die
Wechselwirkung zwischen Materie und Raum sehr schwach. Änderungen im Raum-Zeit-Gefüge, die
in unserer nächsten astronomischen Umgebung durch Bewegungen verhältnismäßig massearmer
Objekte wie Mond oder Planeten entstehen, liegen weit unterhalb des Messbaren. Turbulente
Supernova-Explosionen, die die Raum-Zeit gewaltig durchschütteln, ereignen sich dagegen in
großer Entfernung. Die dabei erzeugten Gravitationswellen erreichen die Erde deutlich
abgeschwächt. Nur um rund ein Tausendstel eines Protondurchmessers würde sich die relative
Messstrecke in einem Gravitationswellen-Detektor ändern, wenn sich eine Supernova innerhalb
unserer Milchstraße ereignet. Mit GEO600 sind die Wissenschaftler inzwischen in der Lage, solche
Längendifferenzen zu messen
Um so akkurat messen zu können, sind die Physiker auf möglichst störungsfreie Messtechnologien
angewiesen. Einer der bisher störenden Effekte ist das sogenannte Schrotrauschen. Aufgrund ihrer
Quantennatur prasseln die Photonen in zeitlich ungleichmäßigen Abständen auf die
Fotodiode im
Detektor ein. Im Signal zeigt sich dies als fluktuierende Hintergrundhelligkeit. Eine Schwingung der
Raum-Zeit, die eine ähnlich schwache Helligkeitsänderung hervorruft wie das Schrotrauschen, ist
daher nur schwer auszumachen.
Roman Schnabel hat nun mit seiner Arbeitsgruppe in Hannover eine spezielle Lichtquelle entwickelt,
mit der sich das störende Schrotrauschen eindämmen lässt. Eingebaut in GEO600 verhilft der
Quetschlichtlaser dem Gravitationswellendetektor zu neuer Messempfindlichkeit. Damit ist GEO600
der erste Detektor, dessen Signalstrahl mit dem neuartigen Laserlicht geglättet wird.
Nach der Heisenbergschen Unschärferelation sind Intensität und Farbe eines Laserstrahls nicht
gleichzeitig beliebig genau definierbar. Je exakter etwa die Intensität (genauer: Amplitude) festgelegt
ist, umso unschärfer wird die Farbe (genauer: Phase). Diesen Effekt machen sich die
Quantenphysiker zu nutze, um das Schrotrauschen in dem GEO600-Experiment zu minimieren.
Denn tatsächlich ist das Schrotrauschen nichts weiter als eine Ungenauigkeit der Laserintensität.
Sie bereiten das Laserlicht derart auf, dass seine Intensität sehr genau definiert ist, also möglichst
keine Schwankungen zeigt. Diesen Vorgang nennen die Fachleute auch "quetschen". Dass die
Lichtfarbe dabei ungenauer, also ein klein wenig "bunter" wird, ist bei diesem Experiment nicht von
Bedeutung, da diese Größe nicht in die Messdaten eingeht. "Wir speisen das gequetschte Licht jetzt zusätzlich zu unserem normalen Laserlicht in das
Interferometer ein", erklärt Schnabel. "Wenn sich dann beide Lichtfelder überlagern, weist der
resultierende Laserstrahl eine deutlich gleichmäßigere Intensität, verglichen mit dem ursprünglichen
Signalstrahl, auf. Auf diese Weise nivellieren wir die quantenphysikalisch bedingten
Unregelmäßigkeiten im Detektorsignal", so Schnabel weiter.
Nach einer längeren Testphase seit April vergangenen Jahres bei GEO600 kommt der
Quetschlichtlaser jetzt bei der Suche nach Gravitationswellen zum Einsatz. Damit hat die
Technologie des gequetschten Lichts die Feuerprobe in der Anwendung bestanden. Demnächst
planen auch die amerikanischen Kollegen innerhalb der LVC, einen Quetschlichtlaser an den LIGO-Detektoren
zu testen. Über ihre Resultate berichteten die Wissenschaftler vorab online im
Fachjournal Nature Physics.
Korrekturhinweis: In der ersten
Version dieses Artikels wurde Hartmut Grote mit den Worten "Dank des
Quetschlichtlasers konnten wir die Messempfindlichkeit von GEO600 um das
1,5-fache steigern" wiedergegeben. Es muss selbstverständlich "auf das
1,5-fache" heißen.
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