Planeten-Embryo statt Planet?
von
Rainer Kayser
6.
Juni 2011
Nach
einer Untersuchung zweier amerikanischer Wissenschaftler könnte es sich beim
Roten Planeten Mars um einen übrig gebliebenen Planeten-Embryo handeln, der weiteren
Zusammenstößen mit anderen Himmelskörpern entkommen und deshalb vergleichsweise
klein geblieben ist. Sie folgern dies aus einer Untersuchung von radioaktiven
Zerfallsprodukten in Meteoriten.

Ist der Rote Planet Mars ein Planeten-Embryo
geblieben? Bild: NASA
und das Hubble Heritage Team (STScI/AURA) |
Der Planet Mars hatte bereits nach zwei bis vier Millionen Jahren seine endgültige Größe erreicht. Das zeigt eine genaue Untersuchung radioaktiver Zerfallsprodukte in Meteoriten, die vom roten Planeten zur Erde gekommen sind, durch zwei amerikanische Forscher. Die Wissenschaftler folgern daraus, dass der Mars gar kein richtiger Planet, sondern ein übrig gebliebener Planeten-Embryo ist: Er sei weiteren Zusammenstößen mit anderen Himmelskörpern entkommen und deshalb so klein geblieben. Die Planetenforscher berichteten
kürzlich im Fachblatt Nature über ihre Analyse.
"Computersimulationen des Wachstums der erdähnlichen Planeten reproduzieren zwar die Masse und die dynamischen Parameter von Erde und Venus", erläutern Nicolas Dauphas und Ali Pourmand von der
University of Chicago, "doch sie können die geringe Größe des Planeten Mars nicht erklären." In der letzten Phase der Planetenentstehung, 50 bis 150 Millionen Jahre nach der Geburt des Sonnensystems, sind Erde und Venus aus Zusammenstößen so genannter Planeten-Embryos mit Durchmessern von
1000 bis 5000 Kilometern hervorgegangen. "Eine Möglichkeit wäre, dass Mars ein Planeten-Embryo ist, der weiteren Kollisionen und Verschmelzungen mit anderen Embryos entgangen ist", schreiben Dauphas und Pourmand.
Um diese Idee zu überprüfen haben die beiden Wissenschaftler den radioaktiven Zerfall mehrerer Stoffe - Hafnium, Wolfram und Thorium - in Meteoriten untersucht, die vom roten Planeten stammen. Dabei handelt es sich um Gesteinsbrocken, die durch Einschläge von Asteroiden aus der Marskruste heraus geschleudert und nach langer Reise durch das Weltall schließlich auf der Erde niedergegangen sind. Der Vergleich der Häufigkeiten der unterschiedlichen Stoffe erlaubt es den Wissenschaftlern, das Tempo der Planetenentstehung zu bestimmen.
Die Analyse von Dauphas und Pourmand zeigt, dass die Entstehung des Planeten Mars bereits nach zwei bis vier Millionen Jahren abgeschlossen war - ungewöhnlich kurz im Vergleich zu Erde und Venus. In dieser frühen Phase des Sonnensystems haben sich zunächst die Planeten-Embryos aus so genannten Planetesimalen, zehn bis hundert Kilometer großen Körpern, gebildet. Das frühe Ende des Wachstums erklärt somit, warum der Mars so klein ist: Er besitzt nur elf Prozent der Masse der Erde und sein Durchmesser von 6.800 Kilometern liegt noch im Bereich von Planeten-Embryos. Die Entwicklung des
Roten Planeten ist also, so schließen die Forscher, im Embryonalstadium stecken geblieben.
Ein anderes Forscherteam hat inzwischen mit Hilfe von Computersimulationen auch
einen Grund für diesen Wachstumsstopp gefunden: Die große Masse des Gasriesen
Jupiter, der in der Anfangsphase des Sonnensystems für einige Zeit in deutlich
geringerem Abstand um die Sonne kreiste, könnte die Region rund um die Marsbahn
von den benötigten Bausteinen gesäubert haben.
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Mission Mars, die astronews.com-Berichterstattung über die Erforschung des roten Planeten |
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