Sonde bestätigt zwei Vorhersagen Einsteins
von Stefan Deiters astronews.com
6. Mai 2011
Das Team der Sonde Gravity Probe B hat jetzt die
endgültigen Ergebnisse der Mission vorgelegt. Trotz einiger Schwierigkeiten
gelang es den Wissenschaftlern zwei zentrale Vorhersagen von Einsteins
allgemeiner Relativitätstheorie zu bestätigen. Die innovative Sonde hat mit
Hilfe präziser Kreisel die Krümmung des Raums durch die Masse der Erde sowie die
Verdrillung der Raumzeit durch die Erdrotation vermessen.

Gravity Probe B sollte zwei Vorhersagen
Einsteins testen.
Bild: NASA |
Die Sonde Gravity Probe B war am 20. April 2004 gestartet
worden und sollte zwei zentrale Vorhersagen von Einsteins allgemeiner
Relativitätstheorie mit Hilfe von extrem genauen Kreiseln an Bord mit bislang
unerreichter Genauigkeit überprüfen (astronews.com berichtete): die geodätische
Präzession (auch als de-Sitter-Effekt bekannt), die die Krümmung des Raums durch
die Masse der Erde beschreibt, und den Frame-Dragging Effekt (oder auch Lense-Thirring-Effekt),
der durch die Verdrillung der lokalen Raumzeit durch die rotierende Masse der
Erde entsteht.
"Stellen Sie sich die Erde in Honig getaucht vor", erklärt Francis Everitt,
verantwortlicher Wissenschaftler für Gravity Probe B an der
Standford University. "Wenn die Erde sich dreht, würde sich der Honig
verwirbeln und genauso ist es mit Raum und Zeit. Gravity Probe B hat
zwei der tiefgreifendsten Vorhersagen Einsteins bestätigen können, was
weitreichende Folgen für die astrophysikalische Forschung haben wird. Zudem
werden die jahrzehntelangen technologischen Entwicklungen, die diese Mission erst
möglich gemacht haben, ein bleibendes Vermächtnis haben."
Gravity Probe B ist eines der am längsten laufenden Projekte in der
Geschichte der NASA. Die Beteiligung der amerikanischen Weltraumbehörde begann
bereits im Herbst 1963 mit der finanziellen Förderung der Entwicklung eines
Kreiselexperimentes zur Überprüfung der Relativitätstheorie. Später war die NASA
an zahlreichen Entwicklungen beteiligt, die zu ganz neuen Verfahren zur exakten
Steuerung von Raumsonden sowie dem präzisen Ausgleich von atmosphärischer
Reibung, von magnetischen Einflüssen oder Temperatureffekten führten. Der
sogenannte Star Tracker an Bord von Gravity Probe B und die
Gyroskope, also Kreisel, gehören zu den präzisesten Instrumenten ihrer Art, die
je entwickelt und gebaut wurden.
"Diese Mission wird einen langanhaltenden Einfluss auf die Arbeit
theoretischer Physiker haben", meint auch Bill Danchi vom Hauptquartier der NASA
in Washington. "Jeder, der zukünftig Einsteins allgemeine Relativitätstheorie in
Frage stellt, muss noch präzisere Messungen vorweisen können als sie Gravity
Probe B auf bemerkenswerte Weise geliefert hat." Die Technologien, die an
Bord vom Gravity Probe B zum Einsatz kamen, wurden inzwischen auch für
satellitengestützte Navigationssysteme verwendet, das Verfahren zum präzisen
Ausgleich von externen Einflüssen machten sich auch Satelliten wie der
europäische Gravity field and steady-state Ocean Circulation Explorer
(GOCE) zunutze.
Gravity Probe B hat versucht, die geodätische Präzession und den
Frame-Dragging Effekt durch ihren Einfluss auf die Drehachsen der Kreisel an
Bord der Sonde nachzuweisen: Durch den geodätischen Effekt müsste sich die Lage
der Kreiselachsen im Laufe eines Jahres um 6,606 Bogensekunden verändern, durch
die Frame-Dragging Effekt um 0,039 Bogensekunden - letzteres entspricht etwa der
Breite eines menschlichen Haares aus einer Entfernung von rund 400 Metern
betrachtet. Eine Bogensekunde ist der 3600. Teil eines Winkelgrads.
In einem in den Physical Review Letters erscheinenden Fachartikel
präsentiert das Team jetzt die endgültigen Ergebnisse der Mission: Danach konnte
Gravity Probe B die Abweichung durch geodätische Präzession mit einem
Fehler von nur 0,2 Prozent bestätigen. Der gemessene Wert für das Frame-Dragging
lag bei 0,037 Bogensekunden mit einem Fehler von 19 Prozent.
Eigentlich hatte man beim Frame-Dragging auf einen Fehler im Bereich von nur
einem Prozent gehofft, doch hatten einige Probleme im Verlauf der Mission zu
einem sehr hohen Hintergrundrauschen in den Daten geführt, so dass sich der
winzige Frame-Dragging-Effekt nur mit großer Mühe herauslesen ließ. Die
notwendige intensive Datenanalyse führte auch dazu, dass andere Forschergruppen
bereits vor Gravity Probe B den Frame-Dragging-Effekt mit größerer
Genauigkeit nachweisen konnten.
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