Blick auf das Universum vor dem Urknall?
von
Rainer Kayser
22.
November 2010
Finden sich in der kosmischen Hintergrundstrahlung auch noch
Spuren des Universums, aus dem unser Kosmos einst im Urknall hervorgegangen ist?
Zwei Wissenschaftler, einer von ihnen ist der renommierte britische Kosmologe
Roger Penrose, halten das für möglich. Sie entdeckten in den Daten der
Wilkinson Microwave Anisotropy Probe auffällige Muster.
Diese Karte von
WMAP zeigt winzige Temperaturschwankungen der
kosmischen Hintergrundstrahlung.
Bild: NASA / WMAP Science Team |
In der kosmischen Hintergrundstrahlung - dem Strahlungsecho des Urknalls
- gibt es konzentrische Ringe mit signifikant niedrigeren Temperaturschwankungen. Das behaupten der bekannte britische Mathematiker, Physiker und Kosmologe Roger Penrose und sein armenischer Kollege Vahe Gurzadyan. Die beiden Forscher sehen in den Strukturen die Spuren von Zusammenstößen Schwarzer Löcher - in dem Universum, aus dem unser Kosmos im Urknall hervorgegangen ist. Wenn sich dieser Fund bestätigt, wäre dies der erste Blick in die Zeit vor dem Urknall.
Das amerikanische Satelliten-Observatorium Wilkinson Microwave Anisotropy Probe, kurz WMAP, hat die bislang genaueste Karte der kosmischen Hintergrundstrahlung geliefert. Diese Hintergrundstrahlung ist ein Überbleibsel des Urknalls, der extrem dichten und heißen Anfangsphase, aus der das Universum vor 13,7 Milliarden Jahren entstanden ist. Geringfügige Temperaturschwankungen in der Hintergrundstrahlung liefern den Astronomen Informationen über den genauen Verlauf des Urknalls und die Entstehung der ersten Strukturen im Kosmos.
Penrose und Gurzadyan sind nun bei einer umfangreichen Analyse der WMAP-Daten auf eine Vielzahl konzentrischer Ringe gestoßen, in denen die Temperatur deutlich weniger schwankt als im Durchschnitt. Die Wahrscheinlichkeit für ein zufälliges Auftreten solcher Muster in den Daten sei geringer als 1:10 Millionen, so die Forscher. Nochmal erheblich niedriger sei die Wahrscheinlichkeit dafür, dass - wie beobachtet - mehrere Ringe konzentrisch auftreten, sich also um den gleichen Mittelpunkt gruppieren.
Um ihren Fund weiter zu untermauern, haben Penrose und Gurzadyan außerdem Daten der
Boomerang-Mission ausgewertet, einem Ballon-Teleskop, das die Hintergrundstrahlung in Teilbereichen des Himmels mit hoher Genauigkeit untersucht hat.
Tatsächlich zeigten sich in den Boomerang-Daten die Ringe an den gleichen Stellen wie in den WMAP-Daten. Um einen Instrumenten-Effekt der WMPA-Detektoren kann es sich also nicht handeln.
Penrose sieht in der Entdeckung einen Beweis für die von ihm propagierte "konforme zyklische Kosmologie".
Danach entsteht zyklisch aus einem alternden Universum durch einen neuen Urknall
wieder ein neuer Kosmos. Bei den konzentrischen Ringen handelt es sich in diesem
Modell um Überreste der Gravitationswellen, die beim Zusammenstoß
supermassereicher Schwarzer Löcher in Galaxienhaufen im Vorgänger-Kosmos unseres Universums freigesetzt worden sind.
Die konforme zyklische Kosmologie ist allerdings unter Kosmologen umstritten. Und auch die Entdeckung der Ringe dürfte für Kontroversen sorgen - eine unabhängige Bestätigung durch weitere Forscherteams ist nötig, um Zweifel an der Realität des Phänomens zu beseitigen.
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