Quasare verhinderten Sternentstehung
von Stefan Deiters astronews.com
8. Oktober 2010
Dank neuer Beobachtungen mit dem Cosmic Origins
Spectrograph (COS) an Bord des Weltraumteleskops Hubble haben
Astronomen feststellen können, dass vor rund elf Milliarden Jahren intensive
Strahlung von Quasaren für eine Art Wachstumsstopp bei Zwerggalaxien sorgte.
Wäre dies nicht passiert, hätten sich vermutlich deutlich mehr dieser Galaxien
bilden können.
Abriss der Geschichte des Universums.
Bild: NASA, ESA und A. Feild (STScI) [Großansicht] |
Die Resultate sind Ergebnis von Beobachtungen mit dem neuen
Cosmic Origins Spectrograph (COS) an Bord des Weltraumteleskops Hubble,
mit dem das entfernte Universum äußerst detailliert untersucht werden kann. Die
Forscher stellten auf diese Weise fest, dass in der Zeit von vor 11,7 Milliarden
Jahren bis vor 11,3 Milliarden Jahren das von den Kernen aktiver Galaxien
ausgesandte ultraviolette Licht dafür sorgte, dass Helium-Atome ihre Elektronen
verloren, sie also ionisiert wurden. Die Temperatur des intergalaktischen
Heliums stieg dadurch von rund 10.000 Grad Celsius auf etwa 22.000 Grad Celsius
an. Dies verhinderte in einigen kleineren Galaxien das Kollabieren von Gaswolken
und damit die Entstehung neuer Sterne. Ein Fachartikel, in dem die Resultate
beschrieben werden, erscheint noch in diesem Monat in der Fachzeitschrift
The Astrophysical Journal.
Entscheidend für ihre Untersuchung war die höhere Empfindlichkeit von COS und
das damit verbundene niedrigere Hintergrundrauschen im Vergleich zu früheren
Beobachtungen. Dies ermöglichte detailliertere Messungen des intergalaktischen
Heliums als zuvor. "Diese COS-Ergebnisse lassen uns einen ganz neuen Blick auf
eine wichtige Phase in der Geschichte des Universums werfen", so Hubble-Programmwissenschaftler
Eric Smith vom NASA-Hauptquartier in Washington.
Michael Shull von der University of Colorado in Boulder hatte mit
seinem Team das ultraviolette Spektrum eines Quasars untersucht und darin Spuren
von ionisiertem Helium entdeckt. Aus der Geschichte des Universums ist bereits
eine frühere Phase mit einem kräftigen Temperaturanstieg bekannt, die vor etwa
13 Milliarden Jahren begann. Damals ionisierte die Strahlung der ersten
massereichen Sterne das kalte Wasserstoffgas, das im Urknall entstanden war.
Aus ihrer Beobachtung folgern die Astronomen nun, dass es etwa zwei
Milliarden Jahre gedauert haben muss, bis es im Universum Quellen von
ultravioletter Strahlung gab, die energiereich genug war, um auch das
anfängliche Helium zu ionisieren. Diese Strahlung entstand aber nicht durch
Sterne, sondern in der Umgebung supermassereicher Schwarzer Löcher, die sich im
Zentrum aktiver Galaxien befinden.
Bei dieser Phase handelte es sich um eine Übergangszeit in der Geschichte des
Universums, in der durch Galaxienkollisionen aktive Galaxien, also Quasare,
entstanden sind. Als das Helium ionisiert war, begann sich das intergalaktische
Gas wieder abzukühlen und die Zwerggalaxien konnten weiter wachsen. "Ich
vermute, dass sich deutlich mehr Zwerggalaxien gebildet hätten, wenn es nicht zu
dieser Helium-Reionisiation gekommen wäre", so Shull.
Bislang haben Shull und seine Kollegen entsprechende Messungen nur in einem
Bereich des Universums gemacht. Das COS-Team plant aber, mit Hubble
auch in andere Richtungen zu schauen, um so herauszufinden, ob es diese
Reionisationsphase tatsächlich überall im Universum gegeben hat.
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