Neue Überraschung am Rand des Sonnensystems
von
Rainer Kayser
1.
Oktober 2010
Vor einem Jahr entdeckten Wissenschaftler mithilfe des
Interstellar Boundary Explorer (IBEX) der NASA ein Band aus neutralen
Atomen am Rand des Sonnensystems, das sie dort nicht erwartet hatten. Zu ihrer
Verblüffung stellten sie nun fest, dass sich eine darin aufgespürte Verdichtung
innerhalb eines halben Jahres nahezu vollständig aufgelöst hat. Die Forscher
stehen vor einem Rätsel.
Die Sonde IBEX
entdeckte eine Art Knoten in einem Band aus
neutralen Atomen (hier eine Illustration), der
sich offenbar innerhalb weniger Monate auflöste.
Bild: IBEX Science Team/Goddard
Scientific Visualization Studio/ESA |
Die Bedingungen am äußeren Rand unseres Sonnensystems sind weit weniger stabil als bislang angenommen. Messungen des Satelliten
IBEX zeigen, dass sich eine erst unlängst entdeckte Verdichtung von Atomen innerhalb eines halben Jahres nahezu aufgelöst hat. Die Ansammlung ist Teil eines Bandes aus Atomen, welche das ganze Sonnensystem in der hundertfachen Entfernung Erde-Sonne umspannt. Die Forscher haben bislang keine Erklärung für die rasche Veränderung und müssen nun ihre Modelle für die Wechselwirkung des Sonnenwindes mit dem umgebenden interstellaren Gas überdenken.
"Es war schon ein Schock für uns, dieses dünne Band zu entdecken", gesteht David McComas vom
Southwest Research Institute in San Antonio im US-Bundesstaat Texas, "noch schockierender ist aber, dass sich dort etwas auf derart kurzen Zeitskalen verändern kann." Das Band aus neutralen Atomen befindet sich in einer Zone, in der der Sonnenwind, ein von unserem Zentralgestirn ausgehender Partikelstrom, auf das Gas des interstellaren Raumes stößt. McComas und seine Kollegen berichten im Fachblatt
Journal of Geophysical Research - Space Physics über die beobachteten Veränderungen am Rand des Sonnensystems.
Erste Erklärungsversuche deuteten das Band und die Verdichtung als Atome, die die Heliosphäre - eine vom Magnetfeld der Sonne dominierte, das Sonnensystem schützend umhüllende Blase im interstellaren Gas - verlassen und vom interstellaren Magnetfeld zurückgeworfen worden sind.
Doch die jetzt beobachteten schnellen Änderungen sind mit diesem Erklärungsansatz nicht in Einklang zu bringen, so die Forscher.
Möglicherweise könnten komplexe Vorgänge, bei denen sich die Magnetfelder in dieser Zone umstrukturieren, eine Rolle spielen. Ein Verständnis der Vorgänge am Rand des Sonnensystems ist unter anderem wichtig, weil die Heliosphäre das innere Sonnensystem vor hochenergetischer kosmischer Strahlung schützt. Etwaige Instabilitäten könnten beispielsweise zu einer gesundheitlichen Gefährdung von Astronauten auf langen Weltraumflügen zum Mond oder zum Mars führen.
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